"Fotografieren lernen heißt Sehen lernen"

    • Offizieller Beitrag

    f8.0, 1/125 (nochmal das Bild von oben)



    f4.0, 1/640 (Hintergrund etwas weniger scharf)



    @Wuschler: ja, da magst du Recht haben. Beim zweiten Bild jedenfalls macht sich mehr Unschärfe besser.


    Nachtrag: Jetzt muss ich aber doch nachfragen:

    Zitat

    Bei dem Bildbeispiel vorher ...


    Meinst du das erste von den beiden Renaissance-Bildern oder beziehst du dich auf ein Bild weiter oben?

    • Offizieller Beitrag

    Perspektive beachten


    Es gibt Motive, wo perspektivisch verlaufende Linien und Flächen ein wesentliches Stilmittel der Bildgestaltung darstellen, insbesondere natürlich bei Architekturaufnahmen. Immer wieder wird man darauf hingewiesen, man solle stürzende Linien senkrecht stellen oder Kanten an den Bildrändern ausrichten. Wenn ich das dann mache, bin ich nicht immer sicher, ob es "richtig" war. Worauf kommt es denn an?


    Master01 hat in diesem Thread folgende Aufnahme zur Diskussion gestellt (Danke Kai!):



    Die vielen Linien, die in die Tiefe des Raums führen, dominieren das Bild. In der Realität sind diese Linien alle zueinander parallel und waagrecht. Deswegen treffen sie sich alle in einem Fluchtpunkt auf der Horizontlinie. Was offensichtlich stört: Die Fliesenfugen, die links vorne quer dazu verlaufen, bilden mit dem unteren Bildrand einen spitzen Winkel, der Boden scheint dort nach links zu kippen. Ähnlich ist es mit den senkrechten Fensterkanten links und rechts. Sie bilden stürzende Linien nach unten/innen, weil die Bildmitte unterhalb des Horizonts liegt. Man hätte das bei der Aufnahme berücksichtigen können, indem man die Bildmitte auf Höhe des Horizont legt. Die Fensterkanten würden senkrecht stehen. Hätte man die Bildmitte in den Fluchtpunkt gelegt, würden auch die Fliesenfugen parallel zum unteren Rand verlaufen und auch die Stahlverbinder oben wären parallel zum Bildrand. Aber es würden dann rechts wichtige Bildteile fehlen. Und vielleicht wäre das Bild "langweiliger", weil eben der Fluchtpunkt genau in der Bildmitte liegt und links nutzlose Wand hinzukäme.



    Welche Möglichkeiten hat man damit umzugehen? Man kann sagen:
    a) Mir kommt es auf genau diesen Bildausschnitt und den Blickwinkel an. Die Realität (meine Blickrichtung) war eben so. Dass die Bildränder sich etwas mit einigen Linien reiben, nehme ich in Kauf.


    b) Am meisten stören mich die leicht stürzenden senkrechten Linien. Diese richte ich senkrecht aus. (Ich habe bei der Aufnahme nur vergessen, die Kamera waagrecht zu halten.) Dass die Fliesen leicht nach links zu kippen scheinen, ist eine optische Täuschung, die mich nicht stört. Es soll der Bildeindruck, dass ich schräg nach rechts in den Raum geblickt habe, erhalten bleiben.


    Ergebnis b)



    c) Mich stören nicht nur die nach unten/innen stürzenden Linien, sondern auch die nach rechts/innen stürzenden. Ich richte sowohl die senkrechten Fensterkanten, als auch die waagrechten Fliesenfugen und die waagrechten Stahlverbindungen parallel zu den Bildrändern aus. Mein Ergebnis ist dann so, als hätte ich mit einem etwas stärkeren Weitwinkel genau auf den Fluchtpunkt gezielt. Allerdings mit der Einschränkung, dass mir links ein großer Teil des Bilds fehlt. Ich denke mir einfach, ich hätte die Weitwinkelaufnahme links stark beschnitten. Und ich lasse mich nicht verwirren: Der Bildausschnitt sagt mir, dass die Blickrichtung schräg nach rechts in den Raum verlief, die ausgerichteten Linien sagen mir, dass ich genau auf den Fluchtpunkt gezielt habe.


    Ergebnis c)



    Ich stelle mal ein paar Thesen auf, die ich mir zurecht gelegt habe:
    1. Das Bild, das mir die Kamera liefert, ist korrekt. Es ist nicht verzerrt oder falsch. Ich muss Linien nicht ausrichten, damit es richtiger (realitätsnäher) wird.
    2. Allenfalls gibt es das Problem, dass mir das Ergebnis nicht gefällt,
    - weil schräge Linien in Konkurrenz zu den senkrechten und waagrechten Bildrändern treten,
    - weil ich eine Gebäudefront gerne als Rechteck abgebildet haben möchte, obwohl ich die Sensorebene nicht parallel zur Gebäudefront ausgerichtet hatte.
    3. Durch perspektivisches Entzerren gefällt mir manchmal das Ergebnis besser. Die Realität wird dadurch aber nicht richtiger (sondern eher falscher) abgebildet.
    4. Maßstabs- und winkeltreu abgebildet wird eine Figur (z.B. das Rechteck einer Gebäudefront) nur dann, wenn die Sensorebene parallel zu ihr ausgerichtet war. Nicht alle Bildbearbeitungsprogramme schaffen es, beim rechtwinkligen Ausrichten der Kanten Maßstabstreue herzustellen.

  • Im Eingangspost steht das Stichwort: Beziehung zwischen den Bildobjekten


    Ich glaube Norbert hatte mal ein Bild von einem Obdachlosen, liegend vor einer (wenn ich mich recht erinnere) Skyline mit Hochhäusern und Bankgebäuden.




    So ein gutes Beispiel habe ich leider nicht, ist natürlich immer Interpretationssache - aber es könnte auch so aussehen, evtl. zum Thema "Licht"...

    • Offizieller Beitrag

    Und bei mir läuft der Kopffilm, auf welche Mauer man klettern müsste, um das Licht in die Lampe zu bugsieren ;)

  • Zitat von "knipserlehrling"

    Beziehung zwischen den Bildobjekten


    In diesem Zusammenhang würde ich auch mein aktuelles Adventsthreadbild sehen:




    Ich habe den Engel im Vordergrund durch Positionierung und weit geöffnete Blende so in Beziehung zum Weihnachtsbaum im Hintergrund gesetzt, dass es jetzt aussieht, als kämen die hellen "Blasen" aus der Posaune. Quasi eine akustische Visualisierung ;)