Ricoh R4 oder R5 - die Klassiker kurz beleuchtet

  • Ihr Lieben,


    mittlerweile sind sie fast so was wie moderne Klassiker - die Ricoh Caplio's R4 und R5.


    Für die beiden "alten" Caplios spricht auch heute noch einiges:
    der AF ist – dank zusätzlichem, externem Phasenvergleichssensor sehr schnell und zuverlässig, die Jpeg-Engine geht konservativer vor als bei aktuellen CMOS-Kameras und "matscht" weniger, das überaus ordentliche, randscharfe Objektiv lässt in Telestellung eine Fokussierung bis zu 14 Zentimetern zu. Die Kameras sind etwas dicker als viele Konkurrenten der Taschenknipsenklasse, sehen aber cool aus mit der charakteristischen, nach hinten abgeknickten Form und dem geradlinigen Bauhaus-Design.


    Rauschen gibt's auf die Ohren - das 7,1 fache Zoomobjektiv lärmt heftig bei der Brennweitenverstellung. Caplio-Neulinge mag das erschrecken, kaputt ist deswegen aber nichts. Man nehme diese Geräuschkulisse einfach als gegeben.


    Die Ricohs sind Makrokameras par excellence. Dadurch, wegen des großen und erstklassigen Brennweitenbereichs von 28 mm. WW bis 200 mm. Tele in Verbindung mit einem CCD-Shift-Stabilisator und durch ihre Schnelligkeit sind die R-Modelle an Universalität kaum zu übertreffen. Heute kommt noch das CCD-typische "timbre" hinzu, der stets präsente Rauschteppich sorgt speziell im SW-Modus für fast schon analoge Anmutung.


    Eingekleidet in dünne Aluminiumgehäuse, gerade mal Zigarettenschachtel "groß" und mit dem filigranen, teleskopartig ausfahrenden Objektiv wirken beide Caplios erst mal alles andere als hard core. Es sind Kameras, die man behutsam anpackt und vorsichtig verstaut – keine Werkzeuge zum Nägel in die Wand schlagen. Für die gesamte Baureihe gilt, alle Teile des Objektivtubus schön sauber zu halten (mit einem Mikrofasertuch). Störungen in der Objektivmechanik sind leider nicht selten und ziehen einen Austausch der gesamten Einheit bei Ricoh nach sich. Ricoh gab sich diesbezüglich immer sehr kulant, mittlerweile dürfte sich das angesichts des Alters der Kameras leider geändert haben.


    Die R4 mit 6 und die R5 mit 7Mpx auf 1/2,5" Sensorfläche gleichen sich in punkto Formfaktor, Ausstattung und Handhabung zwar weitgehend, unterschiede sind dennoch vorhanden: Der Monitor der R4 verfügt nur über 153.000 Pixel (R5: 230.000), ist dafür aber Antireflex-beschichtet. Die R4 bietet optionale Tonmitschnitte zu einzelnen Fotos, der Bildstabilisator hat eine separate Taste auf der Kameraoberseite (R5: im Menü). Dafür kontert die R5 mit der besseren Movie-Tauglichkeit (640x480 anstatt 320x240), recht sinnbefreiten ISO 1600 und stellt die beiden User-Speichersets direkt über den Modusschieber zur Verfügung. Bei der R4 verstecken sich die MyModes im Menü, was deren schnellen Wechsel unnötig erschwert. Oft kritisiert wird der sehr kleine, vertikale Zoom-Schieber der R5. Obgleich die breite Wippe der R4 wirklich angenehmer zu greifen ist, kommt man aber auch mit der R5 problemlos zurecht.


    Die Bedienung der Caplios ist schön eingängig. Häufig benutzte Funktionen wie etwa der Blitzmodus finden sich auf der Vierwegewippe, gerade auch die Fokusoptionen mit Schnappschuß-Einstellung (auf ca. 2,5 Meter) sowie Unendlich-Vorwahl machen dank des schnellen Zugriffs Spaß. Das Menü ist schlicht, übersichtlich, hält aber auch Überraschungen bereit: So lassen sich die maximale Belichtungszeit bei normaler Fotografie begrenzen, Langzeitbelichtungen manuell festlegen oder gar Weißabgleichs-Reihen erstellen. Dazu kommen unter den wenigen Motivprogrammen ein Anti-Skew-Modus zur automatischen Korrektur stürzender Linien sowie ein Text-Modus mit wählbarem Kontrast und Speicherung im .tiff-Format.


    Normalerweise ist "Programm" angesagt, manuelle oder halbautomatische Belichtungsfunktionen sind nicht vorgesehen. Kreative Fotografen nutzen die Spot-Belichtungsmessung, das Life-Histogramm, das zentrale Autofokusmessfeld (das sich bei Makro sogar verschieben lässt!) sowie die Belichtungskorrektur.
    Letztere findet sich, neben ISO und Weißabgleich, unter der separaten Adjust-Taste, deren Angebot individuell um eine weitere Funktion ausgeweitet werden kann.
    An Bildparametern stehen drei Stufen an interner Schärfung sowie angehobene Farben (Vivid) und Schwarz-Weiß zur Verfügung, der Weißabgleich kann ebenso wie die Fokussierung manuell vorgenommen werden. Auto-ISO geht bis auf ISO 400 hoch, schön ist, dass beide Kameras schon bei ISO 64 beginnen.
    Um es nochmals zu benennen - ein großer Vorteil der Ricohs ist die wirklich rasante Geschwindigkeit. Nicht nur das Objektiv schießt beim einschalten förmlich aus dem Gehäuse, auch der AF (unter guten Lichtverhältnissen) sowie die Auslöseverzögerung gehören zum besten, was der Taschenknipsenmarkt selbst heute noch zu bieten hat.


    Was die Ergebnisse betrifft, so greift die R5 auf eine neuere "Smooth-Engine" zurück, eine Jpeg-Engine, die eine stärkere Rauschunterdrückung beinhaltet als jene der R4. Dennoch ist auch die R5 durchaus konservativ zu nennen, gerade im Konsens zu den aktuellen high-ISO-Monstern. Wem diese Matscherei auf den Keks geht, der findet in beiden Ricohs eine echte Alternative! Die Optik ist wie schon erwähnt recht randscharf, CA's halten sich in Grenzen, die Auflösung ist über den gesamten Brennweitenbereich gut. Schwächlich nur der interne Blitz, der es dennoch schafft, gelegentlich überblitzte, kalkweiße Gesichter zu produzieren...
    Schön wiederum: die Akkulaufzeit ist bei beiden R's außerordentlich lang. Ersatzakkus gibt's nach wie vor in der Bucht fast nachgeschmissen.


    Welche ist nun vorzuziehen?
    Das kann man so gar nicht sagen. Handschmeichlerischer ist die R5, und sie hat bei niedrigen ISO eine sehr saubere Bildqualität mit weniger sichtbarem Rauschen. Die R4 ist dafür die "ehrlichere" Kamera, Spuren von Rauschunterdrückung sind ihr weitgehend fremd, eine ganz "neue" Erfahrung im Jahr 2010! :D
    Die R4 krankt gelegentlich an Banding, die R5 an ihrem verzögert einsetzenden Stabi, ein Bug, den Ricoh nicht abstellen konnte.


    Beide machen gute Bilder. ;)


    Weitere Infos auf englisch: http://homepages.tig.com.au/~parsog/ricoh/01-intro.html


    Danke für's lesen!
    manolo