Plauderfaden: Die EOS M Mark I

  • Ein erster Zwischenbericht


    Das 22er ist schließlich auch aus England eingetroffen und ist ein niedliches kleines Teil, süß leise surrend. Die Kamera ist damit wirklich kompakt und sehr schick. Der Umgang mit der Kamera ist problemlos. Hier ein einfaches Beispielbild nach dem Auspacken des 22ers:
    ISO 500, f/5.6 aus RAW und hier zum Vergleich das JPEG ooc,
    welches wie gehabt sehr viel detailloser (Sitzlehne!) daherkommt und typisch vom Hersteller gebügelt und geschärft wird. Aus RAW isses okay (ich kann sogar das "Auto" an meinem EIZO lesen ...). Mit irgendwelchen JPEG-Templates spiele ich nicht weiter rum, es sei denn, sie beeinflussen auch die Videoaufarbeitung. Wer in JPEG seine Werke knipst ist mMn. selbst schuld. ;)


    Kurz war ich auch im Wald, um mal an ein paar Borken zu sehen, wie sich das 22er schlägt. Sagen wir es so: das Objektiv sieht besser aus, als es abbildet. ^^ Es ist klein, leise und hat ein weiches Bokeh, aber auch nicht mehr. Offen ist es nur mittig scharf, der Rand läßt schnell nach. Insbesondere an der Naheinstellgrenze erreicht der Randbereich offen nie einen scharfen Bildeindruck. Hier mal eine Moosstumpfszene offen:

    Selbst f/4 reicht meist nicht für Randschärfe. Mit etwas Motivdistanz wird es dann schon besser. Ein Detailmonster ist die Kombi wahrlich nicht ... da muß man sich nur ansehen, wie es aussehen sollte: Erstes Bild die EOS M, zweites Bild die Referenz ...:

    Ohne Vergleich neigt man häufig schnell zur Überbewertung. Die Merrill zeigt dann eben doch, daß ihre 4 Megapixel weniger an der Zahl eher 4 Megapixel mehr an Bildinformationen bedeuten. Die Sigma verdirbt einem zugegebenermaßen alle Kameras am Markt. Aber dafür kann die EOS-M ja auch filmen, bei wenig Licht noch was reißen und ist schneller, flexibler, einfacher und auch etwas kleiner. War mir auch vorher klar: Die EOS M ist eine Ergänzung ...


    Das 22er wird zum Rand hin nicht nur weich, es zeigt damit einhergehend auch Chromatische Aberration (Querfehler) ... hier mal zwei kleine Waldesblümlein bei Offenblende:

    Das Bokeh ist nett, aber die beiden Blüten zeigen so ziemlich den Übergang: jene Blüte, die näher an der Mitte ist, ist halbwegs scharf und zeigt nur geringe Farbsäume, die andere ist nur etwas weiter außen und ist unschärfer bei größerem Farbsaum. Canon korrigiert das in den JPEGs intern zwar recht gut, aber unschön isses dennoch. Man achte zudem auf das Bildrauschen bei ISO 100 ... nichts, was man nicht beseitigen könnte, aber ebenso unschön.


    Eines noch bei f/5.6 mit dem Fokus auf den nahen Ästen/Blättern unten:


    Okay, etwas weg von den (Stand-)Bildchen. Das alles war schnell herausgefunden. Ich hab bisher vornehmlich mit der Videofunktion gespielt (die ja für mich Neuland ist) ... und mit neuer Firmware gibt es dann doch einige Optionen, für welche ich in den letzten Tagen wenig Zeit hatte. Deshalb ließ der erste Eindruck auf sich warten.


    Canon läßt ja wahlweise in 1080p@30B/s oder 720p@60B/s filmen und kodiert den Videostrom in H.264. Das funktioniert eigentlich auch ganz gut, allein ist die Qualität nicht die, die ich gern sehen würde. Wie so oft werden die 1080p erreicht indem Pixelzeilen übersprungen werden. Statt jedes Einzelbild aus den gesamten Sensordaten auf 1080p zu skalieren und im Idealfall ein nahezu bildfehlerfreies und pixelscharfes 1080p@4:4:4 genießen zu können, wird nicht nur beim Verarbeiten und Kodieren, sondern bereits beim Auslesen des Sensors die Datenmenge reduziert und versaubeutelt. Das bringt neben dem fehlenden Detailplus auch noch Moiré-Effekte mit sich. Die Videos sind also okay, aber verbesserungsfähig.


    Dann also Tragic Lantern ...


    Der von Magic Lantern mittlerweile ungeliebte Abzweig Tagic Lantern erweitert den Canon'schen Funktionsumfang insbesondere hinsichtlich der EOS M. Besonders drei Funktionen von ML/TL haben es mir angetan: 1. RAW Video, 2. Crop Video, 3. Dual ISO. Leider ist all dies zwar ein großer Zugewinn, jedoch mit Schwächen ...


    1. RAW-Video: Mehr Dynamik, keine miese interne Kompression, ihr kennt ja den Unterschied von JPEG zu RAW aus dem Photobereich. Die EOS M schreibt jedoch maximal 40 MB/s auf die SD-Karte. Entsprechend sind 14Bit-1080p-RAW-Videos leider nicht drin (eine 5D III mit schneller CF-Karte schafft das). Heißt: statt 1920 px verbleiben aus RAW nur noch 14xx px, die sie so eben noch schafft ... Und selbst hier gibt es ein paar Mühen, in etwa rosa Punkte (eine Art Hotpixel) im Bilde. Ergo: Die Nachbearbeitung gestaltet sich etwas komplizierter und mit den Einstellungen muß man spielen, um innerhalb der technischen Grenzen einer EOS M zu bleiben. Übrigens: Beim Aufnehmen in H.264 läßt sich mit ML/TL zumindest auch die Bitrate des Videostroms anheben!


    2. Crop-Video: Liest nicht mit Zeilensprung, sondern das mittlere Neuntel des Bildes normal / komplett aus - wie bei einem 100%-Ausschnitt im Gesamtbild. Vorteil: Kein Moiré, kleiner mittlerer Bildkreis (Sahnestück), neue Brennweiten. Mein 400er Tele wird zum 1900er Supertele, ein 1:1 Makro wird zum Mikro ... Ja, alles nur in Videoauflösung, klar. Trotzdem toll, den Geier auf dem Wipfel weit weg nun nah sehen und filmen zu können! Ich hab mangels Zeit keinen Geier, sondern nur Blümlein ... aber das Video soll auch nur zeigen, wie aus zwei Standpunkten mit dem Crop-Modus vier verschiedene Bildwinkel aufgenommen werden:


    3. Dual ISO: ML bietet zwei Modi für erweiterte Dynamik: Dual-ISO und HDR-Video. HDR-Video alterniert von Einzelbild zu Einzelbild die Sensorempfindlichkeit (Stroboskop). Dual-ISO finde ich interessanter und alterniert die Empfindlichkeit innerhalb eines Einzelbildes zwischen den Zeilen (Streifen). Bei alternierenden Einzelbildern muß man natürlich sehen, wie man die kombiniert. Aber mittels Dual-ISO läßt sich ein erweiterter Dynamik-Umfang in einem Bild erfassen - und damit auch bewegte Motive mit der Dynamik zum Bleistift aus ISO 100 und 1600 ... ziemlich geile Idee. Das Bild hat entsprechend zunächst noch Streifen:


    Mit den von der ML-Gemeinde entwickelten Skripten/Programmen vermag man die Streifen-RAWs dann in streifenlose RAWs zu wandeln, welche den gesamten Dynamikumfang bergen. Das Problem wie immer bei HDR ist hiernach die Entwicklung und eine anschauliche Tonwertkompression für LDR-anzeigende Monitore. Beim Spielen mit dem Belichtungsregler ist man erstmal beeindruckt ob der neuen Reserven! Typisch HDR ist auch der Einsatzzweck: Bei Motiven mit normalem Kontrast wird eher eine Übersättigung und Ausgrauung der Kontraste erreicht. Bei ner dunklen Katze am hellen Fenster lohnt es sich dann aber. Oder aus ne dunklen Kabine mit Fenster ... ich habs bislang nur grob probiert und habe noch kein Glanzbeispiel, aber hier wenigstens das eine, bei dem ich nur die Gradationskurve angepaßt habe, um die Schatten stark aufzuhellen und die Lichter einzudämmen. Man sieht zumindest, wie die Schatten vergleichsweise weniger rauschen:


    Je nach Motiv hat man in der Nachbearbeitung dann große Vorteile. Ein paar Fehlpixel / farbige Artefakte sind beim Verrechnen der Zeilen allerdings noch hie und da zu sehen. Und die Auflösung variiert natürlich auch mit der Teilung; sie wird im ungünstigsten Falle halbiert (wenn eine Empfindlichkeitsstufe keine Informationen erfaßt). Dual-ISO läßt sich nur mit RAW anwenden, bzw. ist nur da sinnvoll für spätere Nachbearbeitung. Videos werden damit also automatisch aufwendig ... Für Photos werde ich wohl häufiger darauf zurückkommen.


    Fazit


    Niedliche und für viele Verwendungszwecke taugliche Kamera mit vielen neuen Möglichkeiten, aber immer noch vielen Einschränkungen und Qualitätsabstrichen. Mein Traum wäre ein Weg, die 18 MP schnell und effizient kameraintern kleinzurechnen, für perfekte Videoeinzelbilder. Dann wäre selbst der normale H.264-Modus interessant, da das Bild zwar komprimiert aber wenigstens sauber und detailliert in 1080p aus der Kamera fließen würde. Perfekt wäre zuvor noch eine kamerainterne Umrechnung der genialen Dual-ISO-Streifenbildern. Eine Kamera die dann selbst Sonnenuntergänge in sauberen 1080p filmt, ohne davor alles in Silhouetten zu verwandeln ... woran arbeiten eigentlich die Canon-Techniker zur Zeit? :P


    Bessere Bilder (z. B. mit hohen ISOs) und Beispiele folgen hoffentlich! =)

    • Offizieller Beitrag

    :danke: für den interessanten Bericht! :thumbup:


    Zitat

    Entsprechend sind 14Bit-1080p-RAW-Videos leider nicht drin (eine 5D III mit schneller CF-Karte schafft das).


    Interessant wäre es ja mal, ein aus einem Raw-Video sehr behutsam komprimiertes HD-Video am 4K-Monitor mit echtem 4K-Material zu vergleichen. Vermutlich lässt sich da bei normalem Betrachtungsabstand kaum noch ein Unterschied ausmachen, denn ein Großteil des teilweise eher mäßigen Bildeindrucks von vielen HD-Videos ist ja hauptsächlich der zu starken Kompression geschuldet...

  • Zitat von "PhilippV3"


    Interessant wäre es ja mal, ein aus einem Raw-Video sehr behutsam komprimiertes HD-Video am 4K-Monitor mit echtem 4K-Material zu vergleichen. Vermutlich lässt sich da bei normalem Betrachtungsabstand kaum noch ein Unterschied ausmachen, denn ein Großteil des teilweise eher mäßigen Bildeindrucks von vielen HD-Videos ist ja hauptsächlich der zu starken Kompression geschuldet...


    Denke auch, da würde kaum ein Unterschied sein. Da reichen mir die 4K-Demos in den Elektronikmärkten. Sogar Einzelbilder ... es wandern JPEGs über den Bildschirm, die zwar okay sind und motivisch meist hübsch, aber man sieht einfach die Defizite (Ausgangsbildqualität, Komprimierung und Chroma-Subsampling). Pixelscharf ist da meist leider nichts, hinzu kommen geräteabhängige Einstellungen, etc. Ich bin vor den Geräten immer recht unglücklich, weil ich gern sehen würde, was möglich ist. Bei Video isses noch schlimmer; da ist es aber auch schwieriger und ressourcenfressender, die Einzelbilder exakt wiedergeben zu lassen. Ich denke jedenfalls auch: ein wirklich sauberes 1080p hinkt dem, was bald aus GH4 & Co als "4K" fleucht, nicht hinterher. Wenn das 1080p nicht nur behutsam aus RAW entwickelt und kodiert wurde, sondern auch durch Auslesen aller Sensordaten stammt, würde ich sogar vermuten: im Gegenteil!


    Zu viel bin ich mit der EOS M immer noch nicht gekommen. Aber ich habe mir die Picture Styles doch noch einmal angesehen. Denn wie bereits angedeutet, wollte ich ja noch nachsehen, inwiefern die auch für das Video maßgeblich sind. Und tatsächlich soll es so sein, daß die Templates sowohl für die JPEG-Photos als auch für die Abstimmung der Videoeinzelbilder verwendet werden. Damit ist ja schonmal was gewonnen. Man kann diese ursthäßliche unscharfe Maskierung des Bildstandards also vermeiden. Zudem läßt sich der Kontrast entsprechend der Vorlieben und Motive anpassen. Es gibt auch speziell Picture Styles, welche für EOS-Videos gedacht sind, meist einen flachen Kontrast erzeugen und versuchen, möglichst viel Dynamik zu retten und für die Nachbearbeitung Spielraum zu bewahren.


    Zum Testen hab ich mal dieses sprießende Frühlingsbild genommen:
    ,


    um einzelne 100%-Ausschnitte mit den Presets zu vergleichen, also Canon Standard / Marvel Cine / Flaat 10 / Flaat 11 und letztlich wie ich es nach eigenem Ermessen im Bilde gern für dieses Motiv gehabt hätte und aus dem Rohdatenkonverter gefischt habe:


    Vorläufiges Fazit:
    1. Etwas Dynamik (wenn auch nicht so viel wie aus RAW) läßt sich mit den Bildstilen durchaus gewinnen, die unnatürliche Schärfung zum Glück allemal verhindern.
    2. Der Kontrast muß entsprechend des Motivs berücksichtigt werden ... Ich werde meistens Flaat 10 für Videos verwenden, bei sehr schattenreichen und besonders kontrastreichen Szenen auf Flaat 11 umstellen und bei besonders kontrastarmen Szenen den Kontrast erhöhen und nur die Schärfe zurückfahren.