Hallo werte Pixelpeeperinnen und Pixelpeeper,
in den letzten Wochen wurde in den Neuheitenthreads zu diversen Kameras immer mal wieder über die Qualität von Jpegs aus der Kamera und über schlechte Raw-Entwicklungen diskutiert und darüber, welchen Detailgrad und welche Dynamik welche Kamera mit wieviel zig Megapixeln denn darstellen kann. Persönlich habe ich dabei die Meinung vertreten, dass Jpegs aus der Kamera im Prinzip nicht sehr viel weiter taugen, als zu beurteilen, wie gute Jpegs die Kamera ausspucken kann und dass der erfreute Pixelpeeper (leider) Rawentwicklung und einen guten Raw-Converter braucht, wenn er wirklich alles herausquetschen mag, was eine Kamera so leisten kann.
Getreu dem www-Motto 'Pics or it didn't happen' möchte ich das mal mit ein paar Beispielbildern belegen, die Unterschiede herausarbeiten und zeigen, wo ich die Schwächen der OOC-Jpegs sehe. Die Vergleichsbilder sind 100%-Ausschnitte aus Bildern einer Nikon D600, also einer Kamera, die jetzt eigentlich keine auffällig schlechte jpeg-Engine hat, dpreview bezeugt ihr z.B. 'High quality JPEG images at default settings '.
Bei anderen Kameras mag sich die jpeg-Engine vielleicht etwas anders verhalten - teils durchaus auch schlechter. Die gezeigten Unterschiede habe ich so genauso bei BIldern aus Kameras anderer Hersteller sehen können.
Feine Details und Strukturen
Feine Details oder Texturen werden von Standard-Jpeg-Engines gerne per Entrauschen vernichtet oder schlecht geschärft.
Beispiel 1: Dünne Grashalme & feine Details, AF-S Nikkor 85/1.8g
Raw aus Nikon Capture NX-D mit Standardeinstellungen, identisch zu Jpeg aus der Kamera, nur etwas heller für bessere Vergleichbarkeit
Raw aus Raw-Therapee mit meinen Standardeinstellungen (Amaze-Demosaicing, Schärfen per RL-Dekonvolution, zusätzliches Entrauschen aus)
Im Original-Jpeg gibt es letztlich garkeine dünnen, sondern nur noch dicke Grashalme, einige feine Details verschwinden durch das unnötig starke Entrauschen, trotzdem gibt es mehr Schärfungssäume an harten Details.
Beispiel 2: Palmwedel & Strukturen, Ai Nikkor 135/3.5
Jpeg aus der Kamera, leicht aufgehellt für bessere Vergleichbarkeit
Raw aus Raw-Therapee mit meinen Standardeinstellungen (Amaze-Demosaicing, Schärfen per RL-Dekonvolution, zusätzliches Entrauschen aus)
Von den Palmwedeln kann man in der RT-Datei deutlich mehr Details erkennen, auch etwa der Rost an der großen Satellitenschüssel ob ist klarer gezeichnet.
Beispiel 2:
Bäume und Wiese, AF-S Nikkor 18-35G
Raw aus Nikon Capture NX-D mit Standardeinstellungen, identisch zu Jpeg aus der Kamera
Raw aus Raw-Therapee mit meinen Standardeinstellungen (Amaze-Demosaicing, Schärfen per RL-Dekonvolution, zusätzliches Entrauschen aus)
Hier leiden beide Bilder noch ein bisschen an jpeg-Komprimierung für Web auf die 250kb, viel machts aber nicht aus und die Unterschiede sind noch genauso da.
Eigentlich das deutlichste Bild, wenn man sich etwa das Gras unter dem Picknicktisch, die Hecke, den Baum,... ansieht - im Vergleich verschmierte Details und Schärfungssäume, wo das andere Bild deutlich detaillierter ist.
Dynamikumfang
Eigentlich garkein richtiges Pixelpeeper-Thema, da man die Unterschiede bis in Webauflösung sieht - deshalb hier auch keine 100%-Crops.
v.l.n.r.: Jpeg aus der Kamera, Raw-Entwicklung aus Nikon Capture NX-D, Raw-Entwicklung in RawTherapee
Im Raw stecken auf jeden Fall deutlich Reserven gegenüber dem jpeg (deutlich weinger Anteil der Wolken frisst aus. RawTherapee kann sogar die letzten kleinen Flecken rekonstruieren, bei denen in der CN-X-Versio noch Zeichnung fehlt.
Meine Schlüsse daraus:
- USM-Schärfung ist nicht der Weiheit letzter Schluss
- Entrauscht wird standardmäßig eher zuviel
- Der Unterschied zwischen gut entwickeltem Raw und ooc-Jepg mag teils mehr Unterschied machen als ein gutes oder ein sehr gutes Objektiv
- Bilder, die ich mir groß an die Wand hängen mag, die ich mir gern genau ansehe,... werden mit RawTherapee aus Raw entwickelt
- Ausgefressene Lichter --> Unbedingt Raw, RawTherapee
- Für kleinere Drucke, Bilder für Web,... tun es natürlich auch die jpegs aus der Kamera, das oben sind Crops aus 24 Megapixeln, bei einer Auflösung meines Monitors von 90dpi entspricht die Betrachungsgröße etwa einem Druck mit 170cm Breite - sehen kann man die Unterschiede (wie sehr fein aufgelöste Grashalme) aber meiner Erfahrung nach auch bei einem 30x45-Druck, wenn man etwas näher hinsieht (kann bei anderem Betrachtungsabstand, anderer Kamera, anderen Augen natürlich anders sein)
- Schlecht sind die ooc-jpegs absolut gesehen auch nicht
- RawTherapee kann ich für einzelne, bewusste entwicklungen nur empfehlen - ist sogar gratis.
Diskussion herzlich willkommen, irgendwelche Markendiskussionen möchte ich aber nicht angezettelt sehen.
Interessant wären natürlich auch aussagekräftige Beispiele aus anderen Kameras und mit anderen Raw-Entwicklern (z.B. Lightroom, das ich nicht besitze oder AdobeCameraRaw, das bei mir zu alt ist, um meine Kamera zu unterstützen, dxo, aperture).