Das Dienstfahrrad ./. Folge

  • Aus Familienbeständen verwalte ich eine größere Sammlung von Fotografien ab ca. 1860. Dabei bin ich gestern über dieses Fahrrad gestolpert. Die Aufnahme zeigt meinen Urgroßvater als Assistenzarzt 1. Klasse mit einem Fahrrad bei einem Aufenthalt auf dem Truppenübungsplatz Eschelborn im Jahre 1905.



    Man beachte dabei die Petroleumlampe!! Wahrscheinlich gab es eine Dienstvorschrift, die genau vorgab, ab welchem Dunkelheitsgrad das Licht anzumachen ist ... :ugly:


    lg, Achim

    (Von mir eingestellte Bilder dürfen grundsätzlich bearbeitet und bei DFT gezeigt werden.)

  • Cool. An der Fahrradtechnik hat sich seitdem eigentlich kaum was geändert, und das Design wird heute als der letzte "Retro" Schrei für ab 2.000 aufwärts verkauft. Allerdings fahren heute die meisten Räder mit Kette oder Zahnriemen - das Exemplar Deines Ur-Opas scheint einen Kardanantrieb zu haben, oder?


    Wie dem auch sei, ich habe auch ein paar wenige solcher Uralt-Fotos, die den Krieg überlebt haben, und habe eine Menge Spaß an den alten Stücken. Das hat doch einen ganz eigenen Charme. Wäre interessant zu sehen, a) wieviele unserer Festplatten-Fotos in 150 Jahren noch existieren und b) welche Wirkung sie auf die dann noch lebenden Betrachter haben könnten?

  • Ich dachte erst an eine Karbidlampe

    ... Sicher bin ich mir mit der Petroleumlampe natürlich auch nicht, es sieht mir aber am ehesten danach aus. Die Lampe hat mich aber grundsätzlich erstaunt.


    a) wieviele unserer Festplatten-Fotos in 150 Jahren noch existieren und b) welche Wirkung sie auf die dann noch lebenden Betrachter haben könnten?

    tja, das sind gute und berechtigte Fragen.


    ad a.) Die Wahrscheinlichkeit, dass sich das in 150 Jahren noch jemand anschaut, ist mMn sehr gering. Hier kann man allerdings Lehren aus der Vergangenheit ziehen, die Zukunft wird diesbzgl. nicht so unterschiedlich sein: Im speziellen Fall meiner family sind das mutmaßlich folgende Gründe:
    - reiner Zufall, aber nicht nur;
    - eine sehr umfassende, konsistente Sammlung. Das erhöht grundsätzlich die Wahrscheinlichkeit, dass etwas erhalten bleibt. Die "bloße Festplatte" ist da natürlich leichter übersehen als xy Bananenkisten Bildmaterial...
    - konservative Familienwerte und ihre Übermittlung und deren "Erinnerungsträger" an die folgenden Generationen;
    - das Bildmaterial muss obligatorisch erklärend/erklärbar sein: also nicht nur Erhalt von Bildern, sondern wie auch immer sollte auch übermittelt werden "was für Bilder sind das", "was und wer ist auf den Fotos" usw. Der Inhalt der Bilder muss verständlich sein;
    - in diesem besonderen Fall hier (für mich zumindest) das überragende fotografische Wirken meines Großonkels, dessen Bildkreationen ca. 1/3 des Gesamtbestandes ausmachen und eigentlich eine gesonderte Thematik (unter fotografischen Gesichtspunkten) an sich darstellen könnte. Dieses Bild hier ist nicht von ihm, der "Assistenzarzt 1. Klasse" ist sein Vater.


    ad b.)
    - fotografisch wird wohl die gleiche Wirkung wie heute bestehen bleiben;
    - die Kuriosität des Vergangenen, da das Meiste schneller vergessen ist, als man denkt.

    lg, Achim

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  • OT on / Achim, schaust Du bitte trotzdem mal auf dem Original nach, ob das Rad tatsächlich eine Kardanwelle hat? Das wäre ja für die damalige Zeit sensationell fortschrittlich gewesen, ich halte es aber für möglich, dass man für das Militär Sondereditionen gebaut hat, da Ketten damals noch problematischer waren als heute. Würd mich einfach als Fahrradfan interessieren - vielleicht gibt's ja noch andere Aufnahmen von dem Gerät? / OT off


    Wahrscheinlich gab es eine Dienstvorschrift

    Es gibt übrigens eine Auslegungsvorschrift über die korrekte Einstellung einer modernen LED Fahrradleuchte, da wird genau beschrieben, wie man die einstellen muss. Kennt Ihr die? Ich kannte sie nicht, und das hat mich kürzlich stolze 20 Euronen gekostet! :daumenrunter:

  • Hallo Sven, danke für das Interesse.
    Es existiert tatsächlich eine 2. Aufnahme mit Fahrrad, auf der allerdings nichts weiter zu sehen ist. Zur Antriebstechnik kann ich nicht wirklich etwas beitragen...
    Das Original zu Bild 1 gibt nicht mehr Details her als das hier abgebildete...


    lg, Achim

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  • Nach meinen Internetrecherchen müsste es sich um ein Dürkopp Kardan Fahrrad handeln, das wohl auch in der schweizerischen Armee eingesetzt wurde.


    Ein Foto von solch einem Rad hier.


    Infos auf derselben Seite.


    Hier die Seite eines Fahrradsammlers. Dort auf "Meine Sammlung" gehen. Dürkopp Kettenlos Serie 1 1902.

  • yussuf:
    :daumenhoch::daumenhoch: , ich bin beeindruckt, dankeschön!


    Ich habe meine obigen Angaben in dem Zusammenhang überprüft und sollte deshalb korrigieren: Mein Urgroßvater war hier bereits Oberstabsarzt (und nicht Assistenzarzt 1. Klasse), der Truppenübungsplatz war Elsenborn, heute in Belgien (nicht Eschelborn) Elsenborn – Wikipedia , seine Einheit war das "2. Rheinische Feldartillerie-Regiment Nr. 23" aus Koblenz Die Preussische Armee


    Das Jahr 1905 ist richtig, es müsste im September gewesen sein. Genauer kann ich das Bild nicht mehr datieren.


    Jetzt müsste alles richtig sein, aber von Militärgeschichte habe ich keine Ahnung, sorry. Ursprünglich ging es zunächst ja nur um die Bilder...

    lg, Achim

    (Von mir eingestellte Bilder dürfen grundsätzlich bearbeitet und bei DFT gezeigt werden.)

  • Ich hatte den Eingangspost zu flüchtig gelesen. Das Foto entstand nicht (wie fälschlich von mir gelesen) 1860, sondern wie jetzt von Dir wiederholt 1905.
    Damit wird es wohl doch die allfällige Karbidlampe gewesen sein.


    Die Links von @yussuf sind interessant. Das Rad hatte demnach sch 2 Gänge.

    Von mir eingestellte Bilder dürfen bearbeitet und bei dft gezeigt werden.

  • Ich habe noch etwas zu der Frage nach Vorschriften für die Beleuchtung um 1900 gefunden.


    Hier kann man alles nachlesen (Nachtrag: Diese Vorschriften müsst Ihr mal lesen, selten so gelacht, sind einige Teile der Vorschrift doch Topaktuell!)


    und hier ein Auszug davon:


    § 1 Jedes Fahrrad muss während der Benutzung auf den öffentlichen Wegen an der Lenkstange oder kurz unterhalb derselben ein offenes oder mit unverschlossenem Deckel versehenes Schild tragen, welches mit in der Nähe leicht lesbarer Schrift den Namen, Stand und Wohnort sowie die Wohnung derjenigen Person, welche das Fahrrad benutzt, angibt. Jedes solches Fahrrad muss ferner mit einer vom Fahrer leicht zu bedienenden helltönenden Warnglocke versehen sein. Es hat weiter in der Zeit von einer halben Stunde nach Sonnenuntergang bis zu einer halben Stunde vor Sonnenaufgang während der Benutzung, eine möglichst hoch anzubringende, hellbrennende Laterne zu tragen, welche so eingerichtet ist, dass sie ihr Licht durch ungefärbtes Glas nach vorn wirft. Auch muss an jedem solchen Fahrrad mindestens eine schnell und kräftig wirkende, leicht zu bedienende Bremse angebracht sein.

  • Ja, so macht eine Reise in die Vergangenheit richtig Spass (mit diesen Fotodokumenten), wenn dann noch die Qualität der Fotos - so wie hier - sehr gut ist, und wenn darauf noch Dein Urgrossvater zu sehen ist, dann sind sie sehr wertvoll!


    :danke::idea:


    Viele Grüsse: rainer :cheers::kaffee:

  • Bin gerade auf dieses Thema gestoßen. Ist ja herrlich-und gleichzeitig sehr interessant.
    Aber auch sehr unterhaltsam!
    Vielen Dank-insbesondere an Achim, aber natürlich auch an alle anderen-für diese klasse Beiträge. :daumenhoch:


    LG Willi

    "Es kann von keinem vernünftigen Menschen jeden Tag was Gescheites kommen." Hans Meyer

  • 1906, ein Jahr später, das einzige "Farbfoto" meines Urgroßvaters. Obwohl es bereits um die Jahrhundertwende Versuche für Farbbilder gab, dürfte es sich hierbei relativ eindeutig um ein koloriertes SW-Bild handeln. Die Uniformröcke der preußischen Sanitätsoffiziere waren zu diesem Zeitpunkt tatsächlich analog zur Infanterie in blauer Farbe.


    lg, Achim

    (Von mir eingestellte Bilder dürfen grundsätzlich bearbeitet und bei DFT gezeigt werden.)