Cité Radieuse II


  • Vielleicht erinnert sich noch jemand, hier En Mars à Marseille habe ich von einem Besuch von Cité Radieuse in Marseille berichtet. Irgendwie lässt mich Le Corbusier mit seinen vertikalen Dörfern nicht in Ruhe. Vielleicht liegt das auch daran, dass ich damals mal etwa fünf Jahre in einem Plattenbau-Hochhaus gelebt habe und vielleicht trage ich noch „Schaden“ davon. So habe ich bei einem Aufenthalt in Nantes neulich auch die zweite Cité Radieuse besucht.



    Insgesamt gibt es fünf davon, vier in Frankreich und eins in Berlin. Die sind aber nicht ganz gleich. Die in Nantes ist die kleinste, aber die einzige, die nach den Ideen von Le Corbusier angefangen hat und noch heute so lebt: die Einwohner hatten sich zusammengetan, um das Haus (das vertikale Dorf) zu bauen und leben noch immer dort wie in einem kleinen Dorf.



    Nach Hause kommen:




    Eine Straße im Dorf (die heißen tatsächlich nicht Flure oder Gänge, sondern Straßen – les rues):



    Kinderzimmer in einer Wohnung, wo alles so ist, wie damals:



  • Es war davor nie gesehen, dass man die Wohnung schon eingerichtet mit den Möbeln kriegt. Hier der Arbeitsplatz eines Schulkindes:




    Die Durchreiche in der Küche, samt originalen Tassen und anderem Geschirr von damals:





    Ein Aschenbecher auf dem Balkonfenster:





    Die Treppenhäuser sind, ja, genauso traurig wie in den späteren Plattenbauten überall:




    Auf dem Dach aber eine Vorschule, wie es sich eben in einem solchen Haus gehört, samt einer Laufstrecke für Sport und einem Spielplatz:



  • Lichtdurchflutet und farbenfroh:




    Der Schreibtisch von der Lehrerin aus Beton, original:




    Wieder draußen, die Säulen sind hier schmaler als in Marseille, da die Leitungen nicht dadurchlaufen:




    Und das Ganze in einem schönen Park:




    Hat jemand vielleicht die „Unité d’Habitation“ in Berlin (http://www.corbusierhaus-berlin.de/) schon besucht? Wenn ich mal nach Berlin fahre, möchte ich das auch sehen.



    :smile:

  • Hat jemand vielleicht die „Unité d’Habitation“ in Berlin schon besucht?

    Man daex, da steht das Haus gleich bei uns um die Ecke, aber ich war noch nie dort (Schande). Mein Sohn fährt jeden Tag daran auf dem Weg zur Schule vorbei. Vom Teufelsberg kann man es auch sehr schön sehen.


    Ich selbst war nur von vielen Jahren mal im Hansaviertel in einer Wohnung, weil da Bekannte meiner Eltern wohnten.


    Vorschlag:
    Wenn Du Berlin unsicher machst und dorthin fährst, melde Dich, wir kommen mit. Ich weiß allerdings nicht, ob dort auch eine Musterwohnung besichtigt werden kann. Das bekommen wir aber heraus. Da ein Haus allein noch nicht viel bringt, würden wir Dich anschließend zum Hansaviertel schleppen. Da steht ein ganzes Ensemble solcher Bauwerke.

  • Interessanter, gut gemachter Bericht mit sehr schönen Bildern. Ich finde es immer besonders spannend, wenn man mal "intellektuelles Nischenterrain" betritt! :daumenhoch:


    Das, was oft wie profaner Plattenbau wirkt, beinhaltet manchmal durchaus sehr interessantes Gedankengut. Ohne mich mit Corbusier bisher näher beschäftigt zu haben, ist das Konzept natürlich ein Begriff und die Idee dahinter voll der besten Intentionen, auch wenn der Werdegang der Bauten anders verlief als ursprünglich gedacht. Persönlich kenne ich nur die "Unité d'habitation" in Firminy, die aber viel unbedeutender ist.


    Firminy kenne ich recht gut, da ich 10 Jahre in der Nachbarstadt St. Etienne gelebt habe, einen Großteil dieser Zeit auch in einem "Plattenbau", im Viertel "Beaulieu", einer recht umfangreichen Ansiedlung verschiedener Plattenbauten. Das alles wirkt extrem hässlich, ist zumindest teilweise unter sozialen Gesichtspunkten nicht ganz unproblematisch und erscheint gerade aus "west"-deutscher Sicht völlig verplant. Dort gab es sogar ein zwischenzeitlich abgerissenes Gebäude, welches ob seiner Größe und Häßlichkeit "Muraille de Chine" - Chinesische Mauer - genannt wurde. Wenn man sich aber unter historischen Aspekten frz. Innen- und Sozialpolitik anschaut (Wirtschaftskrise der 20-ziger, WWII, massive Wohnungsnot der 50-iger, Dekolonialisierung usw.), sieht das etwas anders aus. Wenn man sich, ähnlich wie bei Corbusier, die Planungskonzepte,Ideen und Vorhaben, auch unter städtebaulichen Aspekten, anschaut, relativiert sich die später entstandene Problematik durchaus. Zu berücksichtigen ist auch, dass in Frankreich grundsätzlich die Bereitschaft besteht (ganz im Gegensatz zu D), Großprojekte ziemlich kompromisslos durchzuziehen (Défense in Paris., Verkehsprojekte (TGV) usw.).


    In dem Zusammenhang für die, die frz. lesen können, das Konzept zu "Beaulieu" in St. Etiennen, eigentlich total spannend:
    Le quartier

    lg, Achim

    (Von mir eingestellte Bilder dürfen grundsätzlich bearbeitet und bei DFT gezeigt werden.)

  • Danke fürs Interesse und die tollen Kommentare!

    Wenn du in Berlin bist, dann tue es doch einfach und berichte bitte.

    Tue ich gerne


    Vorschlag:

    Abgemacht. (Könnte dauern, aber früher oder später.)

    das Konzept zu "Beaulieu" in St. Etiennen, eigentlich total spannend:
    Le quartier

    Ja, es gibt durchaus viel Diskussionsstoff zu dem Thema. Danke für den Link! Bei der ersten Gelegenheit schaue ich es mir an (muss jetzt zum Flughafen…)