Thomas Leuthard schmeißt hin!

  • Ich kannte ihn bislang auch nicht, und ich möchte mir auch kein Urteil erlauben. Allgemein ist es allerdings so, dass die großen sozialen Plattformen manchen vielleicht helfen, i.w. aber nach meinem Empfinden die menschliche Eitelkeit bedienen. Es wird wieder einmal alles Mögliche quantifiziert. Selbst der verquasteste Blog ist bemerkenswert, wenn er nur die entsprechende Anzahl Follower hat. Wobei ein Blog das Problem generiert, regelmäßig etwas liefern zu müssen. Das ist nicht einfach, wenn man halbwegs konsistente Qualität erreichen möchte. Und irgendwann wird es dann zum Druck ...


    Für mich ist es weder Gewinn noch Verlust. Man muss sich auch nicht an solchen Menschen orientieren - nicht an irgendwelchen Menschen, sofern man noch ein wenig eigenen Verstand und etwas Gefühl hat.
    Die Street Fotografie für tot zu erklären, nur weil man selbst nicht mehr weiter macht, zeugt für mich allerdings ganz schön für Abgehobenheit ...

  • ...Ich hab mir die Arbeiten jetzt auch mal angeschaut und sehe da keinen Verlust. Alles nur wiedergekäutes Bildmaterial ohne eigenen, durchgängigen Stil. Ich sehe Mengen an ertappten Menschen, keine Streetszenen. Richtig gute Streetfotografie lässt mich am Moment teilhaben, als wenn die Kamera gar nicht da gewesen wäre. Die direkten Portraits vermissen den Tiefgang, es stehen zwar Menschen vor seiner Kamera, aber sie sprechen nicht durch das Bild, sie sind einfach nur abgelichtet.


    Wieder einer, der sich einen Namen gemacht hat, aber nicht wirklich viel hinter den Aufnahmen steckt... .

  • Hätte nicht gedacht, dass die Mitteilung eines einzelnen Individuums hier so eine Diskussion auslöst, finde sie aber - unabhängig von Hr. Leuthardt - ganz interessant.


    Aus der kurzen Mitteilung auf Flickr hätte ich selbst nicht mehr rausgelesen, als dass das jemand nach x Jahren keine Lust mehr hat, den gleichen Stiefel weiter zu machen. Ich stell's mir ehrlich gesagt auch langweilig vor, Jahr für Jahr durch die Städte zu streifen, um ein paar mehr oder weniger sehenswerte Schnappschüsse einzufangen. Mal einen Tag im Urlaub gern, aber nicht an 250 Tagen im Jahr. Dann macht der Mensch halt was anderes - so what?


    Wieso er damit die gesamte Street-Fotografie für tot erklärt, kann ich nicht nachvollziehen. Sehe das eher als ein privates Statement, dass ER halt keine Lust mehr hat.


    Was die Bilder betrifft: ich hatte mir lange keine mehr von ihm angesehen, aber vor zwei, drei Jahren mal näher hingeschaut. Klar, die "Abschuss"-Portraits von Mitmenschen fand ich immer fragwürdig. Die Silhouetten sind ein wenig zur Masche verkommen, obwohl es da einzelne Bilder gibt, die mir gefallen. Und manchmal finde ich, hat er auch witzige Motive gefunden, wo mit grafischen Mustern gespielt wird. Das ist halt sein öffentliches Portfolio, muss man als Ganzes weder mögen noch niedermachen.


    Der Hype, der manchmal um das ganze Genre Street gemacht wird (inkl. aller Abgrenzungs-Diskussionen), ist mir sowieso unverständlich. Das gilt aber auch für die oft zitierten Pioniere und Meister: auch ein Cartier-Bresson oder A. Stieglitz haben - neben einigen bewundernswerten Werken - eine Menge belanglose Bildchen erzeugt, bloß dass sie halt die ersten waren. Heute von Greti Jedermann fotografiert, würden die meisten dieser Bilder in Foren wie diesem höflich verrissen - und das oft zurecht.


    Nebenbei bemerkt: die Oevres des einen oder anderen Profis unter den hier im Forum angegebenen Internet-Auftritten finde ich zum Teil ebenfalls belanglos, ohne erkennbaren Stil bzw. mit einer zum Stil hochstilisierten Masche. Aber wenn es seinen Markt findet, ist es doch in Ordnung - dann kann wieder ein Mensch mehr von seiner Leidenschaft leben. Nur ob es dazu berechtigt, andere Fotografen abzuqualifizieren, na ja ... Glashaus-Bewohner sollten mit Steinen vielleicht etwas vorsichtig umgehen, denke ich.

  • Nebenbei bemerkt: die Oevres des einen oder anderen Profis unter den hier im Forum angegebenen Internet-Auftritten finde ich zum Teil ebenfalls belanglos, ohne erkennbaren Stil bzw. mit einer zum Stil hochstilisierten Masche. Aber wenn es seinen Markt findet, ist es doch in Ordnung - dann kann wieder ein Mensch mehr von seiner Leidenschaft leben. Nur ob es dazu berechtigt, andere Fotografen abzuqualifizieren, na ja ... Glashaus-Bewohner sollten mit Steinen vielleicht etwas vorsichtig umgehen, denke ich.

    ...Die Frage ist schlicht weg immer, ob man seinen Stuff zur Kunst erklärt. Ich z.B. sehe mein Zeug nicht als Kunst an, dass ist ähnlich wie mit Gebrauchsgrafiken. Die Bilder werden geschossen, um einen bestimmten Zweck für den Kunden zu erfüllen. Das was der Herr da macht, hat aber keinen größeren Nutzwert, es ist reine "Kunst", an kann also auch anders drüber urteilen... .

  • (...) ohne erkennbaren Stil (...)

    Eines der schönsten Komplimente das man einem Profi machen kann.


    Guck mal hier:



    Zeig das untere Bild einem beliebigen Forenbewohner, und er wird das Bild banal finden.
    "Kann ich auch, Leute am Abend in der Schänke knipsen".


    Nur.... es gab da keinen Sonnenuntergang. Es nieselte den ganzen Tag.


    Wer das untere Bild sieht, nimmt es hin und zuckt die Schultern. Das Licht ist für
    den arglosen Betrachter so natürlich, daß es nicht als Eingriff, nicht als geblitzt
    wahrgenommen wird. Lange Schatten von der tiefstehenden "Sonne", die warmen
    Farben der letzten "Sonnenstrahlen" mit einem leichten Blau der aufziehenden
    Nacht an den Stellen, die die untergehende "Sonne" nicht mehr erreicht.


    Hat man schon mal gesehen, versteht man sofort.


    Einer der Gründe warum ich es liebe wenn auch andere Leute am gleichen
    Set fotografieren. Denn erst im Vergleich wird klar was ich leiste.


    Anderes Beispiel:


    Ein kleiner Club, feuerwehrrote Decke, rotweiss gemusterte Tapete, zusammen vielleicht 200W an
    Halogenlicht mit rein roten Filtern davor. Sackfinster, für die meisten Leute kommt das Bild links raus.
    Für mich kommt das rechts raus. In den Ecken des Clubs habe ich zwei funkgezündete Blitze mit blauen
    Filtern platziert. Einen der beiden Blitze habe ich links im Bild mit einem weissen Kringel markiert.
    1/64 Leistung und dann noch den dichten blauen Filter - wenn die zünden blinken sie nur ganz schwach.
    Wenn das überhaupt einer bemerkt, sieht es aus wie die erbärmlichste Showlichtanlage der Welt.
    Aber für meinen Einfluss hält man das nicht. In meiner linken Hand ein ebenfalls funkgezündeter
    Blitz mit 1/128 Leistung, darauf ein Lee 207, Full CTO mit zusätzlicher Neutraldichte. Was da rauskommt
    läuft auf ein tausendstel der Maximalleistung heraus. Reicht aber, weil ich bei >= ISO 6400 blitze und der
    Abstand zum Künstler nur knapp über einen Meter ist. Der winzige Knubbel von Sender auf meiner Kamera
    wird nicht als Blitz wahrgenommen, und daß es in meiner Hand ab und an schwach blinkt, merkt auch keiner.
    Wenn einer hinguckt, dann guckt er auf die Kamera und merkt nicht daß ich links noch einen Blitz halte.
    Nicht mal der Sänger selbst hat gemerkt daß ich geblitzt habe. Neben mir war ein anderer Fotograf. Der
    guckte sehr zweifelnd auf sein Display und hatte etwa das was im Bild links zu sehen ist vor sich.
    Vorher hatte er versucht frontal zu blitzen, sah auch nicht besser aus. Er guckte zu mir rüber und ich
    zeigte ihm mein Display. Daraufhin ging er an die Bar um sich zu besaufen.


    Guckt ein Forenbewohner ohne den Vergleich auf das Bild rechts, kommt garantiert ein überzeugtes
    "lahme Gitarristen auf gut beleuchteten Konzertbühnen knipsen kann ich auch".


    Letztes Beispiel:


    Geschossen auf dem Japantag dieses Jahr in Düsseldorf. Sowas wie links haben viele Leute parallel geschossen.
    Einige von denen die etwas mehr Übung in Photoshop haben, liefern nach ein bis zwei Stunden vor dem Rechner
    so was wie rechts ab. Das Bild rechts hat mich in DPP keine zehn Sekunden gekostet. ganz minimal Lichter, Schatten,
    Gamma -> konvertieren. Fertig. Ein bißchen sehr plakativ, und nicht zwingend das was ich sonst so mache.
    Für die meisten Netzhelden aber undenkbar das so direkt aus der Kamera rauszuholen.


    Daß man das überhaupt gleich so fotografieren kann halten sie für unmöglich, wenn sie es nicht können, kann
    das ja auch sonst niemand können. Oder?


    Einem wirklich guten professionellen Bild sieht man nicht an was dahintersteckt,
    das sieht so aus wie man sich die Welt vorstellt oder vorstellen könnte.


    Auf Hochzeiten sind die Brautpaare und alle Gäste jederzeit bereit die echte Erinnerung
    in ihren Köpfen gegen das was auf meinen Bildern ist auszutauschen, wenn meine Bilder
    "larger than life" sind. "Ach, was hatten wir für ein Glück mit dem Wetter".


    Hattet ihr nicht.


    Meine Frau hält die "Sonne". Es hat geregnet.


    Aber das sage ich dann natürlich nicht wenn sie vor Freude ein Tränchen zerdrücken.
    Oder zwei.

  • Eines der schönsten Komplimente das man einem Profi machen kann.

    Gern geschehen :smile: !


    Dass einige Profi-Fotografen aufwändigere Technik nicht nur besitzen, sondern in der Anwendung auch beherrschen, habe ich glaube ich auch nicht bestritten. Ebensowenig, dass Du handwerklich was drauf hast. Ist ja auch nicht Gegenstand dieses Threads, oder? (Auch wenn ich Deinen Beitrag mit Interesse gelesen habe.)


    Um Missverständnissen vorzubeugen: ich war nie ein "Follower" oder Epigone von Herrn Leuthard, ich muss ihn nicht verteidigen, und seinen Rückzug aus der Szene hätte ich niemals auch nur bemerkt. Ich wunderte mich bloß, wieso hier das bisherige "Werk" eines Einzelnen nach kurzem Draufgucken so einfach als belanglos oder klischeeartig abgekanzelt wird, von Leuten, deren öffentlich sichtbares Portfolio mich auch nicht unbedingt vom Hocker reisst. Doch wer mag über Wert oder Belanglosigkeit urteilen, und aufgrund welcher Kriterien?


    In einer Welt, in der täglich Milliarden von Fotos gemacht und Millionen davon öffentlich gemacht werden, und in der ein hochwertiges Equipment auch für Amateure im Bereich des Finanzierbaren liegt, ist es vermutlich schwer bis fast unmöglich, sich dauerhaft mit herausragenden Arbeiten abzusetzen. Mir gefallen hier und dort einzelne Fotos oder sogar ganze Serien - aber ich könnte das kaum noch an einzelnen Fotografen festmachen. Und wenn ein einzelner Fotograf aus einer unüberschaubar großen Szene zum Besten gibt, dass er keinen Bock mehr auf Street-Fotografie hat - so what, dann lässt er es halt bleiben. Das Genre wird davon nicht sterben, Tausende von selbst ernannten Street-Fotografen werden die Lücke auffüllen. Das ist so, als zöge man einen Stock aus dem Wasser: da bleibt auch kein Loch übrig.


  • Ich wunderte mich bloß, wieso hier das bisherige "Werk" eines Einzelnen nach kurzem Draufgucken so
    einfach als belanglos oder klischeeartig abgekanzelt wird, von Leuten, deren öffentlich sichtbares
    Portfolio mich auch nicht unbedingt vom Hocker reisst.


    Das liegt daran daß wir unterschiedliche Sprachen sprechen.


    Ich hab gelernt Bilder auf ihre Substanz hin zu untersuchen, Du gehst nach dem ersten persönlichen Eindruck.
    Dabei hast Du vermutlich sogar mehr Spaß an den Bildern, weil Dir vieles was mir sofort in's Auge sticht gar
    nicht siehst. Ich sehe ein Foto und weiss wie man es macht. Du efreust Dich am Bild. Wir können gar nicht
    zum gleichen Ergebnis kommen. Ist aber nicht schlimm, das spiegelt auch einen Aspekt der Vielfalt in der
    Fotografie wider.



    Doch wer mag über Wert oder Belanglosigkeit urteilen, und aufgrund welcher Kriterien?


    Das tut jeder für sich selbst und vor dem eigenen kulturellen Hintergrund,
    mit dem eigenen persönlichen Erfahrungsschatz.



    In einer Welt, in der täglich Milliarden von Fotos gemacht und Millionen davon öffentlich gemacht werden, und
    in der ein hochwertiges Equipment auch für Amateure im Bereich des Finanzierbaren liegt, ist es vermutlich
    schwer bis fast unmöglich, sich dauerhaft mit herausragenden Arbeiten abzusetzen.


    Hochwertiges Equipment braucht es gar nicht mal so oft, viele Amateure haben teureres Material
    im Koffer als ich das habe. Der Wunsch sich abzusetzen ist da weit eher das Problem.
    Das verführt dann dazu billige Reize einzusetzen, auch für den Laien sofort ersichtliche
    Wow-Effekte. Flüssigwürze und Geschmacksverstärker statt Trüffel.



    Mir gefallen hier und dort einzelne Fotos oder sogar ganze Serien - aber ich könnte das kaum
    noch an einzelnen Fotografen festmachen.


    Wenn man ein Foto sieht und anhand der Machart sofort sagen kann von wem es ist,
    dann kann es zwar ein sehr bekantes, tatsächlich sehr gutes Foto sein - aber oft ist
    es das Zeichen daß gerade einer seine Masche totgeritten hat.



    Das ist so, als zöge man einen Stock aus dem Wasser: da bleibt auch kein Loch übrig.


    Sehr schöner Vergleich, und absolut passend zum Eröffnungspost.

  • Deine Blitzkünste in allen Ehren, aber Ich halte diese Sichtweise - zumindest in dieser Absolutheit - im besten Fall für vermessen, im schlechtesten für belanglos. Warum ? Das Foto, das irgendwo an der Wand hängt, in irgendeinem Buch abgebildet ist, auf irgendeiner Webseite zu sehen ist, ist fürs Publikum - nicht für Fotografen, schon gar nicht für Profifotografen. Wenn du selbst schreibst, Subjektiv gehe nach dem ersten Eindruck, du hingegen könnest das gar nicht, hat Subjektiv dir den entscheidenden Schritt voraus. Denn nur der Eindruck zählt. Die Theorie hinter dem Foto ist Nebensache, wenn überhaupt.
    Daneben verstehe ich genauso wenig wie Subjektiv, was deine gezeigten Künste nun mit Herrn L. bzw. dem Ende der Street Fotografie zu tun haben.
    Und um da mal den Bogen zu spannen: das einzige Foto von ihm, das nach ein wenig Rumgeklicke bei mir hängengeblieben ist, ist folgendes:
    Arachnophobia | Sechseläuten Platz Zürich | Thomas Leuthard | Flickr
    Was mich dabei tatsächlich interessieren würde: wie siehst du das Foto und wie meinst du, würde Subjektiv das Foto sehen ?

    • Offizieller Beitrag

    Na, das ist ja ganz spannend geworden. Ich danke Euch jetzt schon für die interessante Diskussion.


    Mal abgesehen von der Frage der Bildrechte und der moralischen Dimension gegenüber den abgebildeten Personen entspinnt sich hier gerade ein ganz grundsätzlicher Diskurs. Qualität von Fotografie. Sinn und Unsinn der Straßenfotografie.


    Es liegt auf der Hand, dass Straßenfotografie nichts mit inszeniertem Licht zu tun hat. Sie hat nur mit Suchen und Finden, mit Jagdtrieb und Situationsgespür, mit dem 'hier und heute' und der Dokumentation zu tun. Straßenfotografie ist uns immer dann besonders gut zugänglich, wenn sie fremde Kulturen und/oder eine fremde Zeit dokumentiert. Aber natürlich dokumentiert sie dann und dort auch nur das jeweilige 'hier und jetzt'. Diese Bilder des Alltags sind nur schwer als etwas von Wert zu erkennen. Und es ist schwer 'gute' von 'schlechter' Straßenfotografie zu unterscheiden. Zumal ohne den besagten zeitlichen oder räumlichen Abstand.

  • Das Foto, das irgendwo an der Wand hängt, in irgendeinem Buch abgebildet ist, auf
    irgendeiner Webseite zu sehen ist, ist fürs Publikum - nicht für Fotografen, schon
    gar nicht für Profifotografen.


    Fotografen aller Couleur sind zweifellos auch Teil des Publikums.
    Ich glaube, ich habe mich nicht deutlich genug ausgedrückt.


    Jeder Betrachter sieht das Bild anders. Ein geschulter Betrachter
    sieht das Bild anders als einer, der weniger geübt ist.


    Der Ausgangspunkt dieses Unterfadens war die Frage wie man in
    so kurzer Zeit zu einem Urteil kommen kann.


    Das habe ich - offensichtlich erfolglos - versucht zu erklären.


    Wenn du selbst schreibst, Subjektiv gehe nach dem ersten Eindruck,
    du hingegen könnest das gar nicht, hat Subjektiv dir den entscheidenden
    Schritt voraus. Denn nur der Eindruck zählt.


    Jemand der sein Geld zu McDonalds trägt hat mir auch voraus das
    Zeug was da verkauft wird mit Genuss einzuschieben - ich kann
    es nicht freiwillig runterbringen. Ich weiss wie es hergestellt wird,
    was drin ist, welche Folgen es für die Umwelt hat. Und es schmeckt
    mir nicht. Wem geht es dabei besser? Mir oder dem McDonalds-Kunden?


    Hat der McDonalds-Kunde mir den entscheidenden Schritt voraus
    weil er das essen kann, es vielleicht sogar mag?



    Die Theorie hinter dem Foto ist Nebensache, wenn überhaupt.


    Es geht ja nicht um Theorie, es geht um das was ich in den Bildern sehe,
    was ich bis zum Abwinken wiederholt und vom Ausdruck recht
    eindimensional finde. Das ist durchaus sehr greifbar und praktisch.



    Daneben verstehe ich genauso wenig wie Subjektiv, was deine gezeigten
    Künste nun mit Herrn L. bzw. dem Ende der Street Fotografie zu tun haben.


    Ich habe versucht zu erklären warum manch einem Bilder banal vorkommen,
    die gar nicht so banal sind. Im Umkehrschluss erklärt das auch warum man
    recht schnell zu einer Meinung über ein Werk kommen kann, eben weil man
    hinter den Bildern mehr sieht als die Oberfläche.


    Und um da mal den Bogen zu spannen: das einzige Foto von ihm, das nach ein
    wenig Rumgeklicke bei mir hängengeblieben ist, ist folgendes:
    Arachnophobia | Sechseläuten Platz Zürich | Thomas Leuthard | Flickr
    Was mich dabei tatsächlich interessieren würde: wie siehst du das Foto und wie
    meinst du, würde Subjektiv das Foto sehen ?


    Daß ich ein Foto anders sehe (anders sehen würde) als Subjektiv heisst
    nicht daß ich deswegen auch weiss wie er das sieht.


    Meine Einschätzung sage ich Dir aber gerne.
    Ein schlichtes Foto. Er hat die Spinne gesehen, ein fetter Brummer.
    Display schräg geklappt, Kamera auf den Boden gestellt, Spinne in den
    goldenen Schnitt und fertig. Dekorativ, ja.


  • Es liegt auf der Hand, dass Straßenfotografie nichts mit inszeniertem Licht zu tun hat.


    Das stimmt so nicht. Leuthard hat ein paar Kopien von Bruce Gilden im Stream.
    Ein in der linken Hand gehaltener nackter Blitz aus kurzer Distanz in die Fresse.



    Sie hat nur mit Suchen und Finden, mit Jagdtrieb und Situationsgespür, mit dem 'hier und heute' und der Dokumentation zu tun.


    Auch das nicht. Man kann durchaus einiges provozieren.
    Er hat reichlich Bilder im Stream bei denen Leute durch Tunnel
    gehen, zwischen zwei Häusern über die Strasse etc. p.
    Alles im Gegenlicht gegen einen hellen Hintergrund.


    Man muss am Tunneleingang nur stehenbleiben und abwarten
    bis jemand durch kommt. Passt die Silhouette ist man fertig,
    sonst wartet man auf die nächste Person.


    Oder man stellt jemanden mit einem Schirm rein.

  • Na, das ist ja ganz spannend geworden. Ich danke Euch jetzt schon für die interessante Diskussion.


    Mal abgesehen von der Frage der Bildrechte und der moralischen Dimension gegenüber den abgebildeten Personen entspinnt sich hier gerade ein ganz grundsätzlicher Diskurs. Qualität von Fotografie. Sinn und Unsinn der Straßenfotografie.


    Es liegt auf der Hand, dass Straßenfotografie nichts mit inszeniertem Licht zu tun hat. Sie hat nur mit Suchen und Finden, mit Jagdtrieb und Situationsgespür, mit dem 'hier und heute' und der Dokumentation zu tun. Straßenfotografie ist uns immer dann besonders gut zugänglich, wenn sie fremde Kulturen und/oder eine fremde Zeit dokumentiert. Aber natürlich dokumentiert sie dann und dort auch nur das jeweilige 'hier und jetzt'. Diese Bilder des Alltags sind nur schwer als etwas von Wert zu erkennen. Und es ist schwer 'gute' von 'schlechter' Straßenfotografie zu unterscheiden. Zumal ohne den besagten zeitlichen oder räumlichen Abstand.

    ...Die meisten betreiben Streetfotografie halt einfach nur als eine Art Sport, indem sie gefühlt wahllos Leute abschiessen und sich dabei wie die größten fühlen. Fotografen, die in der Lage sind das Gefühl des Augenblicks festzuhalten, gibt es wenige. Das hat einfach was mit der Qualität des Fotografen zu tun. Die Bilder von dem Leuthard haben für mich nichts von Gefühl. Streetfotografie ist nicht nur jagen, wer nur jagdt, wird seine Opfer verängstigen, was der Leuthard ja offensichtlich macht, sonst würden die Leute nicht so gucken..


    Ich nehme mal den Bresson, der Unterschied zwischen seinen Bildern und sowas wie den Bildern hier ist, dass die Situation gar nicht so zufällig ist, wie sie erscheint. Bei sehr vielen seiner Bilden merkt man, dass er der Situation schon ein paar Sekunden beigewohnt hat, er wurde selber Teil der Situation. Daraus entsteht eine andere Beziehung zwischen Fotograf und seinen Objekten. Dazu muss man aber auch ein Gespühr haben und nicht nur wie ein Voyeur durch die Weltgeschichte rennen, um alles zu knipsen, was nicht bei drei auf den Bäumen ist.

  • Jemand der sein Geld zu McDonalds trägt hat mir auch voraus das
    Zeug was da verkauft wird mit Genuss einzuschieben

    Fein. Erst werde ich darüber belehrt, dass ich keine Ahnung vom Fotografieren habe und nur die blank polierte Oberfläche wahrnehme, dann werde ich darüber aufgeklärt, dass ich Fotos konsumiere wie ein McDonalds Kunde, der einfach alles frisst, was ihm vorgelegt wird. Wie schrieb die Hobbitin einst so treffend: das Forum ist kein Streichelzoo! ;)


    Bin gespannt, was noch kommt. Immerhin ist das doch eine ganz amüsante Diskussion. Ich habe Humor und ein dickes Fell - also lasst Euch nicht stören. :mrgreen:

  • Fein. Erst werde ich darüber belehrt, dass ich keine Ahnung vom Fotografieren habe und nur
    die blank polierte Oberfläche wahrnehme, dann werde ich darüber aufgeklärt, dass ich Fotos
    konsumiere wie ein McDonalds Kunde, der einfach alles frisst, was ihm vorgelegt wird.

    Bitte verstehe das nicht als einen Angriff - denn so ist es weder direkt noch indirekt gemeint.
    Ich bin eine Null in Gehirnchirurgie - ist einfach nicht mein Fach. Und ich hab nicht mal einen
    Führerschein - nie gemacht, nie gewollt. So hat jeder von uns Bereiche in denen er Kenntnisse
    nicht erworben hat oder nicht für wichtig genug fand sie zu erwerben.


    Das heisst aber nicht daß ein Neurochirurg oder ein Führerscheinbesitzer mich deswegen
    in Depressionen stürzen würde. Die haben eben andere Schwerpunkte.


    Ich habe ausdrücklich nicht gewertet, denn man kann es durchaus als Vorteil ansehen
    wenn man sich einfach beim Schachtelwirt verköstigen kann. Bei Bildern genau so. Manch einer
    kann sich an Bildern erfreuen bei denen mir mein Hintergrundwissen diese Freude versagt.


    Eine junge Fotostudentin kam einmal zu mir und zeigte mir stolz "ganz neue Sachen, sowas
    hat vorher noch nie jemand gemacht". Und ich war dann der Ars*h, der hinter sich in's Regal
    fasste und das Buch "Körpersplitter" von Valie Export mit Bildern aus den Jahren 1968-1977
    herausholte. Doch, es hatte schon mal jemand gemacht.


    Ihr ging es ohne dieses Wissen besser.


    Hinter die Fassade zu sehen ist also durchaus eine sehr zweischneidige Sache, und
    ich will nicht urteilen wem es dabei besser geht. Das ist nämlich keineswegs so klar.

  • Witzige Debatte :smile: ..


    Nach meinem Empfinden dürfen nicht nur Sterneköche sagen, on IHNEN das Essen geschmeckt hat oder nicht. Das dürfen die Burgerkunden auch. Und wenn die Burgerkette Massengeschmack produziert und damit wirtschaftlich erfolgreich ist, so what... (Gesundheitliche Aspekte wären da noch etwas anderes.)


    Nein, "hier mus ein jeder nach Seiner Fasson Selich werden."..


    P.S.: Herrn Leuthard kenne ich nicht und das wird sich wohl auch nicht ändern...

    lg, Achim

    (Von mir eingestellte Bilder dürfen grundsätzlich bearbeitet und bei DFT gezeigt werden.)

  • Fein. Erst werde ich darüber belehrt, dass ich keine Ahnung vom Fotografieren habe und nur die blank polierte Oberfläche wahrnehme, dann werde ich darüber aufgeklärt, dass ich Fotos konsumiere wie ein McDonalds Kunde, der einfach alles frisst, was ihm vorgelegt wird. Wie schrieb die Hobbitin einst so treffend: das Forum ist kein Streichelzoo! ;)
    Bin gespannt, was noch kommt. Immerhin ist das doch eine ganz amüsante Diskussion. Ich habe Humor und ein dickes Fell - also lasst Euch nicht stören. :mrgreen:

    Anstatt reflexhaft zu beißen, würde ich das zu meinen Argumenten Gesagte mal durchdenken.