Schöner Wohnen

  • Was mich in dieser Gegend in Hamburg immer wieder wundert, ist die leere der Fußwege und Plätze

    Bin kein Hamburger, aber bei Besuchen ist mir aufgefallen, dass viele dieser Stege oder Piere als Sackgassen enden. Dort läuft nur lang, wer zu seinem Boot will; für alle anderen ist es sinnlos.


    Und ich meine es auch keineswegs boshaft, wenn ich sage, dass weite Teile der Speicherstadt irgendwie wenig zum Flanieren einladen - schon gar nicht abends. Irgendwie sind die Architektur und die planerische Aufteilung recht kühl und abweisend. Das finde ich insofern erstaunlich, als es in anderen Städten, wo man ebenso die alten Häfen zu Wohn- und Geschäftsvierteln umgebaut hat, oft viel lebhafter zugeht.

  • @le spationaute
    ... ich habe relativ früh zu Beginn der Dämmerung, also frühe blaue Stunde sozusagen, angefangen zu fotografieren. Bei diesem Bild war das Licht gerade eben noch ausreichend, um die Dynamik mit einem Schuß einzufangen. Trotzdem habe ich eine 5er Belichtungsreihe angefertigt, da ich gerade bei Architekturaufnahmen gerne mit etwas knackigeren Kontrasten/Mikrokontrasten arbeite, da sind Einzelbilder mit hochgezogenen Schatten und reduzierten Lichtern eher kontraproduktiv. Über die Zeit habe ich dann weitere Serien angefertigt, mich fasziniert immer wieder, wie extrem sich teilweise der Gesamteindruck einer Szene im Verlauf der blauen Stunde ändert. Zusätzliche Aufnahmen machen es dann möglich, dass man in vielen Fenstern auch Licht zu sehen bekommt (da wird ja ständig an- und ausgeschaltet, die Lichter der Einzelbilder lassen sich dann später kombinieren) und dass man die sich bewegenden Leute und Radfahrer später aus der Szene entfernen kann. Weitere Bilder dienen dann den kappelnden Booten, die sich nur mit sehr kurzen Belichtungszeiten ruhig stellen lassen und auch bei den Wellen sind sowohl extrem lange Belichtungszeiten als auch sehr kurze (high Iso) Aufnahmen von Vorteil. So kommen dann für ein einziges finales Bild wie dieses eine ganze Menge Basisbilder zusammen.


    @Captain Convertible
    Es stimmt schon, so richtig viele Leute waren (zum Glück) nicht im Motivbereich unterwegs. Das aber dürfte eher dem Umstand geschuldet gewesen sein, dass es saukalt und windig war und leichte Graupelschauer den "Spaßfaktor" zusätzlich erhöht haben. Für mich ein zweischneidiges Schwert, zum einen ideal, weil einfach keiner im Weg steht, "Ghosts" oder Leuchtstreifen (Radfahrer) produziert, andererseits friert man sich die Finger und den Allerwertesten ab, trotz 4 Lagen Thermo Klamotten + dicker Winterjacke usw., also alles andere als witzig.


    In Hamburg hat sich die Situation extrem verschärft, was den Tourismus angeht. War es noch vor wenigen Jahren problemlos möglich, selbst in der Hafencity/Speicherstadt in Ruhe und ungestört zu fotografieren, so gleichen viele Orte inzwischen eher einem Rummelplatz. Panoramen und Belichtungsreihen (und deren Kombination) sind fast unmöglich geworden, zumindest wenn man keine Leute/Fahrräder/Busse/Taxis usw. mit im Bild haben möchte. Mal bei Basis Iso von 100 30s und länger ungestört zu belichten gleicht einem 6er im Lotto. Selbst bei dem oben gezeigten Bild mußte ich immer wieder pausieren, weil der Steg, auf dem ich gestanden habe, Teil einer schwingenden Holzbrückenkonstruktion ist. Wenn da auch nur 1 Mensch entlang läuft, selbst 100m entfernt, dann kann man die Schwingungen deutlich spüren und auch im Sucher sehen. Und je näher so einer kommt, desto heftiger sind diese Schwingungen. Und es sind zu 90% mehr als nur eine Person, gerne auch ganze Gruppen mit gelangweilten und energiegeladenen Kleinkindern, die dann Trampolinspringen spielen. Man kann sich vielleicht vorstellen, wie man sich als Fotograf, dem die Finger gerade einfrieren, da fühlt, wenn man ständig unterbrechen und warten muß. Das Problem ist dabei auch das sich schnell verändernde Licht und schlimmer noch: der Tidenhub. Die obige Aufnahme konnte ich zum Glück in Reihe machen. Vergleicht man die Aufnahmen mit denen, die nur 10min später entstanden sind, dann sieht man deutlich, wie sich der gesamte schwimmend gelagerte Steg, an dem die Boote festgemacht sind, und auch die kleinen Brücken deutlich nach oben bzw. unten bewegt haben. Anders gesagt: jede Unterbrechung, die länger als 1min dauert, bedeutet das Aus für die begonnene Belichtungsreihe und man fängt wieder von vorne an (bis der nächste Dödel um die Ecke kommt). Und genau deshalb ist man fast schon gezwungen, solche Aufnahmen zu Zeiten zu machen, wo die Touristenströme mal etwas nachlassen, am besten bei 25°C unter Null ... ;)


    @Subjektiv
    Kann ich alles nachvollziehen, Hamburg hat es bei der Planung der Hafencity ein wenig übertrieben mit dem kühlen hanseatischen Flair. Auf dem Papier sehen die ganzen Areale immer recht vielversprechend aus, aber ein ganzer "künstlicher" Stadtteil, den man in einer eher unwirtlichen Gegend platziert, kann einfach nicht so funktionieren, wie das ein in vielen Jahren gewachsener Stadtteil kann. Am Abend und in der Nacht sind viele Bereiche dann regelrecht verwaist und man fragt sich, ob da überhaupt jemand da ist. Es sind halt auch sehr viele Büros zwischen den Wohngebäuden platziert (und auch integriert), da ist dann abends einfach keiner mehr. Man darf gespannt sein, wie sich das hier in den nächsten Jahren entwickeln wird ...




    Liebe Grüße
    Frank

    Der Augenblick ist jenes Zweideutige, darin Zeit und Ewigkeit einander berühren. Kierkegaard

  • Das Bild gefällt mir, genau richtig belichtet.
    Wenn ich mir aber solche Stadtbilder anschaue, wird mir bewusst, dass ich an so einem Ort nicht mehr leben möchte.
    Vor vielen Jahren habe ich sogar Tokio für längere Zeit ausgehalten und war geradezu fasziniert von dieser pulsierenden Stadt,
    heute wäre es der Horror für mich.

  • heute wäre es der Horror für mich

    Tja, vermutlich bist Du weder Unternehmensberater mit einem siebenstelligen Einkommen, noch kinderlos, und gehörst somit nicht zur definierten Zielgruppe solcher Stadtentwicklungen.


    Anyway, ich finde es beeindruckend, mit welchem technischen Aufwand Picturehunter seine Bilder gestaltet. Sie sind technisch perfekt; gleichzeitig manchmal (nicht immer!) ein wenig steril. Versteht mich nicht falsch: fotografisch finde ich viele dieser Werke großartig (und weit jenseits meiner technischen Fähigkeiten)! Und doch fröstelt mich manchmal ... Vielleicht, weil Fußgänger, Radfahrer und sonstige Störfaktoren so sorgfältig weggehext sind?

  • @Subjektiv


    " ... manchmal (nicht immer!) ein wenig steril."
    "Und doch fröstelt mich manchmal ... Vielleicht, weil Fußgänger, Radfahrer und sonstige Störfaktoren so sorgfältig weggehext sind?"



    Absolut. Und ein Thema, über das man sich lange und ausführlich unterhalten könnte ... :cheers:


    Im Prinzip hätte ich auch absolut nichts dagegen, den Bildern mehr "dynamisches Leben einzuhauchen, in dem ich z.B. Menschen und Fahrzeuge aller Art integriere. Aber es ist technisch nur sehr schwer umsetzbar, auch wenn Multishot Verfahren und Bewegt-Objekte einander nicht zwingend ausschließen. Dazu kommt, dass ich keinerlei Möglichkeit der Steuerung habe, da müßten Zufall und Glück zusammentreffen, so dass sich da etwas Sinnvolles ergibt. Aber selbst das wäre in den meisten Fällen nicht hilfreich, denn wenn selbst die kürzesten Belichtungszeiten bereits mehrere Sekunden dauern, dann wird das nichts mit sich bewegenden Menschen, die irgendwo im Dunkeln spazieren. Stattdessen fängt man sich aber jede Menge "Ghosts" und Leuchtstreifen ein, die das Bild i.d.R. ruinieren. Man darf nicht vergessen, dass die meisten meiner Bilder zwar nach Dämmerung aussehen, oftmals aber bei fast schon Dunkelheit/Nacht fotografiert wurden. Das ist vor allem dem Licht und den Farben geschuldet, die sich erst zu so später Stunde und durch entsprechend lange Belichtungszeiten ergeben. Von daher ist das aufwendige "Eliminieren" von Bewegungen während der Aufnahmen und auch später am Rechner unvermeidlich. Anders wäre es, wenn ich vor Ort Leute hätte, die ich gezielt im Bild platzieren bzw. inszenieren und dann auch entsprechend beleuchten könnte. Aber das übersteigt meine "One Man Show" Möglichkeiten bei weitem, leider ...


    Jetzt könnte man also auf die Idee kommen, einfach früher und dadurch bei entsprechend mehr Licht zu fotografieren. Würde vielleicht gehen, aber es wäre ein ganz anderes Licht, als das, was ich gerne zeigen möchte. So ist es für mich immer besonders reizvoll, Motive zu finden, die erst zur Dämmerung und bei Nacht so richtig erstrahlen. Motive, die am Tage von vielen gar nicht beachtet und wahrgenommen werden, weil so vieles grau in grau erscheint und daher auch optisch wenig Anreize zum Gucken gibt, ganz besonders bei typischem Hamburger Schmuddelwetter.


    Diese beiden Bilder z.B. (beide im Multishot Verfahren bei Nacht aufgenommen) waren eigentlich gar nicht dafür gedacht, ausgearbeitet zu werden. Es war schon zu dunkel für das, was ich ursprünglich vorhatte, daher habe ich mir gedacht, ich teste schon mal ein paar Dinge, damit ich bei der nächsten Gelegenheit gut vorbereitet bin. Und dann zeigte sich, dass die Bilder eigentlich schon ganz gut funktionieren, trotz oder vielleicht auch aufgrund der Dunkelheit. Und das sind so typische Ecken, die tagsüber sehr stark frequentiert sind, jedoch eher als Durchgangspassagen genutzt werden und weniger als "Anschauungsobjekte" Beachtung finden. Schade eigentlich ... :smile:









    Liebe Grüße
    Frank

    Der Augenblick ist jenes Zweideutige, darin Zeit und Ewigkeit einander berühren. Kierkegaard

  • Tja, vermutlich bist Du weder Unternehmensberater mit einem siebenstelligen Einkommen, noch kinderlos, und gehörst somit nicht zur definierten Zielgruppe solcher Stadtentwicklungen.

    Mein gewählter Lebensbereich stellt für mich einen Wert dar, den ich auch als Unternehmensberater mit siebenstelligem Einkommen, in einer Stadt nicht verwirklichen könnte, und doch ich bin kinderlos.

  • Anders wäre es, wenn ich vor Ort Leute hätte, die ich gezielt im Bild platzieren bzw. inszenieren und dann auch entsprechend beleuchten könnte. Aber das übersteigt meine "One Man Show" Möglichkeiten bei weitem, leider ...

    Passt zwar nicht in die Fototasche, aber in Berlin stellen sie immer die "Wächter der Zeit" auf. Du könntest Dir ja 1 bis 5 (Wächter der Zeit meist 5) Schaufensterpuppen ins Bild stellen. :twisted:
    Wo ist Dein Schriftzug geblieben? Haben sie Dich erwischt?

  • Die beiden Bilder #2 und #3 gefallen mir noch besser als das erste! :daumenhoch: Tolle Blickwinkel, tolle Farben.

    und doch ich bin kinderlos

    Bitte nicht zu persönlich nehmen. Ich spielte eher darauf an, dass ich mir ein Leben MIT Kindern in so einer modernen Glas- und Marmorumgebung und in doch etwas elitärer "Double income no kids" Umgebung eher schwierig vorstelle.


    Trotzdem schön, dass es dieses Viertel gibt, denn wo sonst sollte der Picturehunter sonst nach kargem Alltag auf Jagd gehen?

  • Subjektiv.... iwo, persönlich nehme ich das nicht.
    Es muss für alle möglichen Lebensbereiche, Menschen geben, die sich hier oder da wohlfühlen.
    Es wäre schlimm, wenn alle die selbe Umgebung bevorzugen würden.
    Ich glaube auch, dass sich das bei vielen im Laufe des Lebens ändert. Wenn man älter wird, will man es oft ruhiger haben.

  • Passt zwar nicht in die Fototasche, aber in Berlin stellen sie immer die "Wächter der Zeit" auf. Du könntest Dir ja 1 bis 5 (Wächter der Zeit meist 5) Schaufensterpuppen ins Bild stellen. :twisted:


    ... wenn diese "Wächter" animierbar wären und geräuschlos 10cm über dem Boden schwebend agieren könnten, ja, das wär's! :twisted:
    Wobei, gleich nebenan ist ja das Dungeon, vielleicht sind die "Gruseligen-Darsteller" ja mal zu einer spontanen "Outdoor Aktion" am Abend zu überreden ... :mrgreen:



    Liebe Grüße
    Frank

    Der Augenblick ist jenes Zweideutige, darin Zeit und Ewigkeit einander berühren. Kierkegaard