Wandelism - Streetart in der Autowerkstatt

  • Das Projekt «Wandelism» ist noch bis heute Abend in einer alten Autowerkstatt Berlins zu sehen und zeigt auf 2000 Quadratmetern in 15 Räumen, 2 Hallen und einem Keller Streetart. Das Gebäude wird kurz nach Ende der Schau abgerissen. Ursprünglich sollte die Schau schon am 24.03. enden, aber aufgrund des großen Andrangs verschoben die Eigentümer den Abriss noch einmal. Eine Freundin stand heute, am letzten Tag, fast zwei Stunden an...
    Hier ein paar Eindrücke:


    #01 - Das Herrenklo ;)



    #02 - Ab ins Weltall!
    Diesen kleinen Raum hatte ich plötzlich ganz für mich allein. Das nebenan liegende Herrenklo sollte gereinigt werden, und man hatte kurz den gesamten Flur abgesperrt. Mich hatte man in dem dunklen Raum wohl übersehen. Ich freute mich, dass plötzlich niemand mehr reinwollte :mrgreen:



    #03 - Der Clown


    #04 - Eins der Treppenhäuser


    #05 - Spaß mit Schwarzlicht


    #06 - Der Tropfen


    #07 - Strukturen

    Lieben Gruß
    Andrea


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    Auch Wolkenkratzer haben mal als Keller angefangen.

  • #08 - Eins meiner Lieblingsstücke, im teilweise überschwemmten Keller


    #09 - Unerwarteter U-Bahn-Anschluss


    #10 - Nochmals Spaß mit Schwarzlicht


    #11 - Flucht der Smileys??


    #12 - Größenverhältnisse


    #13 - Time is up


    #14 - Und zu guter Letzt die Damentoilette - nur für mutige Weiber!

    Lieben Gruß
    Andrea


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    Auch Wolkenkratzer haben mal als Keller angefangen.

  • Sehr interessant!


    Welches Projekt kann so wichtig sein daß so viel Kreativität weggerissen wird?


    Ich meine der Werdegang ist häufig ähnlich aber wenn sowas dabei herauskommt sollte die Dynamik
    anstatt Vernichtung eher Umwidmung zulassen.


    Meine Meinung.

  • @Axel
    Das war von Anfang an beabsichtigt. Die Künstler haben die Räume mit dem Wissen um den Abriss gestaltet. Manchmal sichert das Wissen um die Endlichkeit der Kunst vermutlich auch ein viel größeres Publikum als eine dauerhafte Ausstellung ;) .
    Hier ist noch ein Beitrag der heutigen Berliner Abendschau zum letzten Tag.

    Lieben Gruß
    Andrea


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    Auch Wolkenkratzer haben mal als Keller angefangen.

  • @Axel
    Manchmal sichert das Wissen um die Endlichkeit der Kunst vermutlich auch ein viel größeres Publikum als eine dauerhafte Ausstellung ;)

    Nicht nur das, viel mehr wird doch die grundsätzliche Vergänglichkeit deutlich, der alles unterliegt, das man erleben kann. Einer einzigartigen Schneelandschaft, einem Kunstwerk der Natur, könnte man schließlich auch "hinterher weinen" und man käme trotzdem wohl nicht auf die Idee, sie in diesem Zustand erhalten zu wollen. So sehe ich hier vor allem Kunst im Kontext der Vergänglichkeit und sie in Bildern zu erhalten ist, abgesehen von unserem persönlichen Erleben und Erinnern, die einzige Möglichkeit der visuellen "Konservierung".


    Und ja, ist trotzdem irgendwie schade drum, aber es wird neue Projekte an anderer Stelle geben.



    Danke für's Teilen! :daumenhoch:




    Mit liebem Gruß
    Frank

    Der Augenblick ist jenes Zweideutige, darin Zeit und Ewigkeit einander berühren. Kierkegaard

  • Ich finde das, was dabei herausgekommen ist, erhaltungswürdig.


    Der Hinweis daß ja weitere ähnliche Projekte folgen könnten beinhaltet eine
    selbstgerechte Respektlosigkeit gegenüber der Arbeit und dem Engagement der
    beteiligten Künstler.


    Die vordergründige "win-win"-Situation bezieht sich, wie so vieles in dieser Zeit,
    mal wieder nur aufs Geld.


    Das ist ja gerade eine gelungene Symbiose aus Ort, Historie und künstlerischem
    Engagement. Sie lässt sich nicht beliebig reproduzieren.

  • Ah, danke für die Erklärung!


    Hier haben aber die Künstler absichtlich und in vollem Wissen diese nur temporäre "Zwischennutzung" gewählt.
    Vielleicht weil Streetart ja grundsätzlich vergänglich ist - weil im Normalfall der Eigentümer des verzierten Objekts (Züge, Privathäuser) in der Regel etwas dagegen hat und die Kunst entfernen lässt? Damit spielt ja auch der Titel des Projekts - Wandel und Vandalismus (vandalism). Im Interview hatte sich einer der Künstler auch ausdrücklich für weitere Zwischennutzungen in anderen Objekten ausgesprochen - die dann genau so vergänglich wären.


    Ich finde solche Konzepte spannend und sehr reizvoll.

    Lieben Gruß
    Andrea


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    Auch Wolkenkratzer haben mal als Keller angefangen.

  • Ein paar Gedanken zum Thema (alles nur Fragen, ich habe keine eindeutigen Antworten):

    • Eine Oper oder Konzert – auch Kunst – wird gesungen und gespielt und lässt sich auch nicht exakt wiederholen. Es bleiben Erinnerungen. Und manchmal die Aufzeichnungen, wie auch hier z. B. die @AndreaKs fotografische Aufzeichnungen. Geht es also vielleicht schon ein bisschen in Richtung Performance?
    • Hilft ein Event dieser Art den Künstlern, sich zu behaupten bzw. bekannt zu werden, und kann das dann evtl. Aufträge bringen?
    • Was für die Ewigkeit bestimmt wurde, wurde in Stein gemeißelt. Die großen Wahrheiten später auf Papyrus. Die Tageszeitungen wurden i. d. R. weggeschmissen. Die Texte, die wir im Internet schreiben werden meistens nur ein einziges Mal gelesen (darüber habe ich ein hervorragendes Buch gelesen: Wilem Flusser: Die Schrift). Ist es mit den Bildern nicht ähnlich? Weil
    • was wir von der Antike kennen ist nur, was in Relief gemacht wurde. Die Farben sind verblasst, verschwunden. (Z. B.: "Der Parthenon war zumindest stellenweise bemalt. Inwieweit und in welchen Farben, ist bis heute allerdings umstritten. Es ist bekannt, dass die Decken im Innern in einem dunklen Blau gehalten waren, während die Abbildungen in den Giebeln helle Farbtöne trugen." – Wiki. Ja, auch Mosaike sind geblieben, z. B. Therme Caracalla.)
    • Die Maler müssen sich Leinwände kaufen, die Bildhauer brauchen Marmor oder was immer sie benutzen. Wer sollte für die Straßenkünstler die Mauer zur Verfügung stellen, und noch für die Ewigkeit?


    : - |

  • Das ist mir alles zu grundsätzlich @daex . Wenngleich natürlich zutreffend.


    Für mich ist da gerade etwas grösseres entstanden als möglicherweise ursprünglich gedacht.


    Kindermalereien landen in aller Regel auch im Papierkorb wenngleich ihr temporärer Wert
    gezählt wurde. Manche hebt man auf. Dieses Projekt hier wäre nach meiner Empfindung was zum
    Konservieren.


    Und die Freiheit jetzt umzudenken und nach möglichen Kompromissen zu suchen hielte ich
    für das richtige kulturelle Signal.

  • Der Hinweis daß ja weitere ähnliche Projekte folgen könnten beinhaltet eine


    selbstgerechte Respektlosigkeit gegenüber der Arbeit und dem Engagement der
    beteiligten Künstler.

    Kommen Dir eigentlich keine Zweifel, dass Deine Meinungsbildung etwas zu voreilig sein könnte, bevor Du sie so verallgemeinernd formulierst?


    Wie schon gesagt wurde: die Künstler wußten um die Bedingungen, unter denen ihre Werke entstehen und auch enden würden und niemand wurde gezwungen, dort mitzumachen. Es gibt doch weltweit so viele Kunstaktionen und Installationen, die von Anfang an zeitlich limitiert sind. Das pauschal auf reinen Kommerz herunterzubrechen käme mir jedenfalls nicht in den Sinn.


    Kunst und Vergänglichkeit stehen m.M.n. in keinem Widerspruch zueinander. Vergänglichkeit ist Teil des Lebens und Schaffen und Zerstörung gehen dabei Hand in Hand. Das ist in der Natur so, das ist bei uns Menschen so. Da man auch jeden Menschen für sich gesehen als einzigartiges Kunstwerk betrachten könnte, wird man auch da nicht umher kommen, sich damit abzufinden, dass auch diese Kunst vor Veränderung und letztendlich auch Zerstörung nicht zu bewahren ist. Vielleicht ist das Thema "loslassen" auch Bestandteil der Kunst? Es gibt genug Beispiele von Künstlern, für die das Erschaffen von Kunst im Vordergrund steht und nicht das Erhalten und Konservieren. Einige dieser Künstler zerstören ihre Werke unmittelbar nach ihrer Vollendung, für sie ist vielleicht der Weg das Ziel. Kunst kann auf vielfältige Weise betrachtet werden, und jede Betrachtungsweise hat ihre Berechtigung. Respektlos wäre es für mich, dies nicht anzuerkennen ...



    Ich sagte es bereits: ich finde es schade drum (Stichwort "loslassen"), und wer in einer solchen Aussage keine Anerkennung findet, der wird sich vermutlich auch schwer damit tun, den Respekt zu sehen, der damit einhergeht. Respekt gegenüber den Künstlern und deren Werken, die sich trotz der bekannten Bedingungen nicht davon haben abhalten lassen, etwas zu erschaffen, das den Menschen das Loslassen so schwer macht. ;)



    Mit liebem Gruß
    Frank

    Der Augenblick ist jenes Zweideutige, darin Zeit und Ewigkeit einander berühren. Kierkegaard

  • Ich freue mich über die anregende Diskussion hier - einer der Gründe, warum ich das Forum mag ;)


    Für Künstler und Besucher hatte das Ganze auch einen sozialen Aspekt. Der Eintritt in die Schau war frei, aber es gab eine Spendenbox, aus der zu einem Teil Kitas unterstützt werden, mit denen die Künstler zusammenarbeiten. Da ist wohl eine Menge zusammengekommen.


    Der Rest ging an die Künstler selbst (Ersatz für die verbrauchten Materialien).


    Die Ausstellung wurde außerdem für Auftritte anderer Künstler genutzt (Musik, Tanz).


    Ich könnte mir vorstellen, dass die temporäre Schau so manch einem Künstler für sein Fortkommen mehr genutzt hat als eine Dauerausstellung mit regulären Eintrittspreisen.


    Da wurde zum Teil höchst professionell fotografiert und damit auch dokumentiert - die meisten Besucher waren natürlich Handyknipser wie ich..... upps, jetzt hab ich mich verraten... (Ich Depp hatte eine zu lange Brennweite an der Kamera).

    Lieben Gruß
    Andrea


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    Auch Wolkenkratzer haben mal als Keller angefangen.

  • Schöne Bilder :smile:


    Im übrigen Axel der Abriss macht doch heute selbst vor Bewohnten Häusern keinen Halt mehr, mit Geld findet man eben immer Mittel und Wege, hier in Dresden wurden sogar denkmalgeschützte!! Villen unter sehr viel Protest abgerissen, keine Ahnung wie die das durchgeboxt haben, heute steht da ein typischer potthässlicher Wohnwürfel oder man könnte auch Flakbunker dazu sagen, mit Mieten die sich kein normalsterblicher leisten kann. :kaffee:

  • Vielleicht ist das Thema "loslassen" auch Bestandteil der Kunst? Es gibt genug Beispiele von Künstlern, für die das Erschaffen von Kunst im Vordergrund steht und nicht das Erhalten und Konservieren. Einige dieser Künstler zerstören ihre Werke unmittelbar nach ihrer Vollendung, für sie ist vielleicht der Weg das Ziel.

    Nicht nur in der Kunst. Wohl nicht ohne Grund tüpfeln tibetanische Mönche über Tage und Wochen Mandalas auf den Boden, nur um sie im Moment ihrer Vollendung sofort zu zerstören. Die sehen das als Teil iher spirituellen Übung - doch die Beweggründe sind ähnlich denen, die Du oben anführst: Einsicht in die Vergänglichkeit, Konzentration auf das Hier und Jetzt im Schaffensprozess, Überwinden von "Anhaftung" an Dinge - auch an selbst geschaffene.


    Ich gehör ja (als Knipser schon gleich sowieso) eher zu den Sammlern und Archivierern. Aber diese andere Einstellung nötigt mir tiefen Respekt ab.

  • Worauf ich hier eingerastet bin hat nichts mit dem Thema "loslassen" zu tun. Weder kulturell noch spirituell.
    Nur auf die rücksichtslose Kommerzialisierung von allem was gerade dienlich erscheint.
    Für mich ist das einfach ein sehr flacher Horizont.


    Wie @Demo schreibt: wer in der Lage ist größere Zusammenhänge richtig einzusortieren und über die eigene
    Suppe hinausschauen kann baut erschwinglichen Wohnraum. Die Eigentumswohnungen dagegen, denen die
    - wie ich meine - unerwartet gut gelungene Kunstaktion geopfert wird, sind genau das Gegenteil von dem
    was in Berlin aktuell dringend nötig wäre.
    Und nicht nur dort.

  • Und ich finde immer noch, dass man die Kunstaktion von der anschließenden Verwendung des Geländes trennen muss.


    Ob da jetzt Eigentums- oder Sozialwohnungen hingebaut werden, ist sicher eine wichtige Diskussion. Sie hat aber m.E. überhaupt nichts damit zu tun, dass die Künstler sich für die temporäre Nutzung des alten, abrissreifen Gebäudes entschieden haben. Die "lost places"-Atmosphäre machte einen großen Teil des Reizes aus. Wenn man dann eine Dauerausstellung draus macht und dafür gar noch Teile des Gebäudes sanieren muss (zum Beispiel defekte Fenster oder Dachlichter, deren Defekte in die Kunstwerke einbezogen wurden oder den durchnässten Keller), dann ist es nicht mehr die Schau, die es ursprünglich mal war.

    Lieben Gruß
    Andrea


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    Auch Wolkenkratzer haben mal als Keller angefangen.