Zeitzeugen

  • Momentaufnahmen, sie trotzen der Vergänglichkeit der Dinge, sind Geschichte schon in dem Moment, wo sie entstehen. Als ich neulich mal wieder in der Hafencity unterwegs war, habe ich mir die Zeit genommen, mir die vielen Bilder, die überall auf diversen Infotafeln zu finden sind, genau anzuschauen und die Geschichten dazu zu lesen. Viele davon zeigen Szenen des vorletzten und letzten Jahrhunderts, weitere Bilder die unsäglichen Zerstörungen, die die großen Kriege angerichtet haben und wieder andere zeigen, wie die Strassen und Viertel aus den Trümmern wiederauferstanden sind.


    Manchmal kann ich gar nicht glauben, dass z.B. so viele Kirchtürme die Bombardements halbwegs überstanden haben, sie sehen heute noch ganz genauso aus, wie sie auf den teilweise 150 Jahre alten Bildern zu finden sind. Andere Bereiche sind bald nicht mehr wiederzuerkennen, obwohl man quasi direkt an den Stellen steht, von denen die alten Bilder zeugen. Auch der sog. Kaispeicher A, auf dem die Elbphilharmonie errichtet wurde, hat sich in der langen Zeit seines Bestehens immens verändert. Gebaut 1875, im Krieg zerstört, 1963 wiedererrichtet , 2007 umgebaut und wie auf dem Bild zu sehen seit 2017 als Opernhaus und neues Wahrzeichen Hamburgs präsent. Interessant am ursprünglichen Bau von 1975 finde ich den sog. "Zeitball", der damals im Turmbau an der Spitze des Speichers untergebracht war. Damit die Schiffe ihre Position bestimmen konnten, war es im 19. Jahrhundert sehr wichtig, die genaue Zeit zu wissen. Der Zeitball diente dabei als visuelles Hilfsmittel, eine Kugel von 1m im Durchmesser wurde dazu täglich zu einer festen Zeit am Turm gut sichtbar hochgezogen und dann kurz darauf wieder fallengelassen. So hatten die Besatzungen der Schiffe die Möglichkeit, ihre Schiffschronometer zu überprüfen. Ist das nicht irre, wenn man sich unser heutiges voll vernetztes Computerleben anschaut, wie die Dinge vor noch gar nicht so langer Zeit gehandhabt wurden? :smile:


    Die ganz alten Bilder auf den ausgestellten Infotafeln sind natürlich überwiegend in schwarz/weiß zu sehen. Moderne Bauten, wie z.B. die "Elphi" werden in Zukunft sicherlich nicht mehr als schwarz/weiß Bilder auf irgendwelchen Infotafeln zu finden sein, was ich aber irgendwie auch schade finde, denn die alten manchmal etwas unscharfen und ausgeblichenen Bilder haben doch irgendwie etwas Besonderes an sich.






    Mit liebem Gruß
    Frank

    Der Augenblick ist jenes Zweideutige, darin Zeit und Ewigkeit einander berühren. Kierkegaard

  • Wie schon bei anderen Fotos von anderen Usern angemerkt: bitte etwas mehr Raum nach oben ;)
    Und irgendwas erscheint mir an dem Bild "schief" es kippt vom Gefühl her nach rechts.
    Die Fenster im oberen Bereich sind im Prinzip mittig vertikal ausgerichtet, aber die Muster im Betonblock darunter sind es nicht.


    Hast Du ausgerichtet/stürzende Linien entfernt?
    Da würde mich mal das Original interessieren.

  • @kleiner_Hobbit


    Die Kamera habe ich vor der Aufnahme ausgerichtet und danach nach oben geschwenkt, die stürzenden Linien habe ich am Rechner wieder etwas zurückgenommen (gleichmäßig, ohne das Bild dabei zu verzerren), der anschließende Beschnitt mag etwas asymmetrisch ausgefallen sein, vielleicht irritiert das ein wenig. :smile:


    Hier das unkorrigierte und unbeschnittene Original, die weiße Linie markiert die Mitte des Bildes



    Was den "Raum nach oben" angeht, da sehe ich durchaus Gestaltungsspielraum, auch abseits gängiger "Aufteilungsregeln". Diese Regeln haben natürlich ihre Berechtigung, aber ich sehe sie nicht in Stein gemeißelt. Wenn es oben etwas knapp wird, dann kann das m.M.n. auch ganz interessant sein für die Bildwirkung. Ganz besonders dann, wenn es sich lediglich um eher kleine Teilbereiche eines Motivs handelt, die in diesen "verbotenen Raum" vordringen, wie z.B. Turmspitzen, Bögen und auch solche Gebäudespitzen. Aus meiner Sicht wird dadurch die Größe eines Objekts in gewisser Weise deutlich intensiver dargestellt, als dies der Fall wäre, würde man da den üblichen Fingerbreit Abstand lassen. :smile:





    Liebe Grüße
    Frank

    Der Augenblick ist jenes Zweideutige, darin Zeit und Ewigkeit einander berühren. Kierkegaard

  • Ja, so viele Sachen sind Geschmackssachen… Alles, was Du über schwarz-weiß und vergangener Zeit und Nostalgie meinst, scheint mir ganz überzeugend.


    Wie der @'kleinen_Hobbit', fehlt mir auch (schon wieder) ein bisschen Platz nach oben. Die Vignette würde ich wahrscheinlich dazu nie und niemals machen, das bin aber nur ich und finde es in diesem Fall doch irgendwie originell und interessant, weil dadurch der Eindruck ersteht, dass das ganze Licht von der Elphi kommt bzw., dass das Gebäude im dunklen strahlt.

  • @daex


    Letztendlich war ich einfach in der Stimmung, die Bildeindrücke, die ich noch von den Infotafeln im Kopf hatte, auf das neue Gebäude zu übertragen. So hatte ich es auch mit einer invertierten Vignette probiert (also zu den Bildrändern hin blasser und heller werdend), auch das sah ganz interessant aus, wobei sich dann das Bild wiederum ganz anders präsentiert. Das Bild selbst in seiner Urfassung hat ja eigentlich außer dem "blaue Stunde Effekt" nichts Besonderes an sich, lädt aber durch eben diese Neutralität irgendwie dazu ein, ein wenig zu experimentieren ... :smile:




    Mit liebem Gruß
    Frank

    Der Augenblick ist jenes Zweideutige, darin Zeit und Ewigkeit einander berühren. Kierkegaard

  • Nachtrag:


    Vielleicht interessiert es ja den einen oder anderen, hier habe ich ein Bild gefunden, das den ursprünglichen Kaispeicher A von 1875 zeigt, darauf ist auch der Turmbau an der Frontseite mit dem Zeitball zu sehen :smile:
    ==> Kaispeicher




    Mit liebem Gruß
    Frank

    Der Augenblick ist jenes Zweideutige, darin Zeit und Ewigkeit einander berühren. Kierkegaard

  • @Equinox


    ... die wußten halt damals schon, wie es richtig gemacht wird! :razz::mrgreen:



    Der Picturehunter kann aber auch mit mehr Himmel, hier Beweisstück A (und zugleich auch Beweisstück B dafür, dass es in Schmuddelwetter-Hamburg tatsächlich auch mal Tage mit einem derart blauen Himmel gibt :smile: )



    Liebe Grüße :cheers:
    Frank

    Der Augenblick ist jenes Zweideutige, darin Zeit und Ewigkeit einander berühren. Kierkegaard

    Einmal editiert, zuletzt von Picturehunter ()

  • Zitat von Equinox

    Das zeigt aber auch gleichzeitig, dass die Hamburger eher bei schönem Wetter zuhause bleiben... , oder wie hast du die Straße so leer bekommen?


    Tja, um 05.30 Uhr am Morgen ist die Welt hier noch in Ordnung, keine Taxis, keine Busse, keine Passanten, keine Fahrräder, keine Transporter, keine Autokorsos, gar nix. Aber warte mal ab, keine 30min später geht's los ... :ugly:




    Liebe Grüße
    Frank

    Der Augenblick ist jenes Zweideutige, darin Zeit und Ewigkeit einander berühren. Kierkegaard

  • Vielleicht interessiert es ja den einen oder anderen

    Wirklich ein informativer Hintergrund-Artikel, danke für den Link. Unter dem Artikel stehen bereits ein paar Kommentare, und der eines gewissen "Prenzi" deckt sich sehr weitgehend mit meinem Eindruck. Das tut aber der Qualiät Deiner Fotos keinen Abbruch - die mag ich, meist ungeachtet der darauf abgebildeten Umgebungen.

  • @Subjektiv


    Ja, es wird viel diskutiert, was die neue Hafencity angeht, und das durchaus kontrovers. Viele Pro- und Kontra-Argumente sind m.M.n. auch nachvollziehbar, jedoch sehe ich das mit einem gewissen Abstand, denn wenn man in so kurzer Zeit einen ganzen Stadtteil quasi aus dem Nichts erschafft, dann muß man den Dingen auch eine gewisse Entwicklungszeit zugestehen, 1:1 Vergleiche zu anderen Stadtteilen machen für mich wenig Sinn, und schon gar nicht nach so kurzer Zeit. Und wer ernsthaft "sozialen Wohnungsbau" ausgerechnet in den "Filets" einer rasant wachsenden Großstadt erwartet, der kann nur enttäuscht werden. Was ich aber persönlich immer wieder erlebe ist, dass das, was auf dem Papier vielleicht so hübsch und sinnvoll erscheinen mag (entsprechend der Visionen der Verantwortlichen), in der Realität nicht unbedingt so funktionieren muß. Aber auch das ist ein Lerneffekt, und manche "Fehler" müssen vielleicht gemacht werden, um daraus lernen zu können. Man kann allerdings nur hoffen, das gerade letzteres auch stattfindet. Die Menschen denken bei all ihren Kritiken natürlich lokal und zeitnah, vergessen dabei aber, dass in der Entwicklungsgeschichte der Stadt bereits ganz andere strukturelle Veränderungen stattgefunden haben, an die sich die Menschen immer wieder anpassen mußten. Damals war man sicher auch nicht immer begeistert, heute nennt man es "normale Leute Viertel mit gesundem Flair etc.". Das wird auch mit den ganzen Neubaugebieten, die hier derzeit entstehen, vermutlich nicht anders sein, irgendwann ...


    Aber das ist ein kompliziertes und weitreichendes Thema, man könnte da Tag und Nacht diskutieren, zum Glück geht es hier primär um Fotos/Bilder. :smile:




    Mit liebem Gruß
    Frank

    Der Augenblick ist jenes Zweideutige, darin Zeit und Ewigkeit einander berühren. Kierkegaard