Die einsame Burg

  • Ich habe hier ein Foto, bei dem ich gern Eure Meinung hören würde. Die Idee bei diesem Foto war es, die Burg "einsam und allein" vor dem wolkenverhangenen Abendhimmel zu zeigen. Also, Kommentare in die Richtung "Ich hätte die Burg größer dargestellt" helfen mir in dem Fall wenig. Ich habe auch Bilder mit der Burg als formatfüllendes Motiv, aber darum ging es bei diesem Bild nicht. Woran ich aber zahne, ist die mittige Position. Passt mir nicht so ganz, doch alle Versuche, die Burg nach rechts oder links zu verschieben, endeten bis jetzt etwas unbefriedigend. Nach links geht m.E. gar nicht gut, denn die Burg "guckt" für mein Empfinden nach links, und wenn da nur noch der Rand ist ... nee. Nach rechts passt aber irgendwie auch nicht recht, weil das Auge dann von links kommend erst mal gaaanz lange nichts geboten bekommt. Deshalb ist sie nun in der Mitte gelandet, allen "eisernen Regeln" zum Trotz. Ein sinnvoller Regelverstoß in diesem Fall? Oder nicht so gelungen? Was wäre die bessere Alternative (sagen wir mal: bei annähernd gleich großem Anteil der Burg am Gesamtbild)?

  • Die Pano-Version von @Picturehunter finde ich auch sehr gelungen! :daumenhoch: Ob man kleinere Photomotagen an Wolken o.ä. mag, ist natürlich subjektiv - mich stört es nicht, die Stimmung der Szene bleibt die gleiche und die Wolke hätte ja auch in Realität problemlos etwas weiter unten sein können.



    Recht gut gefallen würde mir auch ein 4:3 Hochformat, bei dem der helle Fleck in den Wolken und die Burg dabei sind. Glaube das wäre mein Favorit, wenn man die Wolken nicht herumschubsen möchte.


    Deshalb ist sie nun in der Mitte gelandet, allen "eisernen Regeln" zum Trotz. Ein sinnvoller Regelverstoß in diesem Fall? Oder nicht so gelungen?

    An auffälligen Elementen hast du zuerst ein mal die Burg im Bild. Sie mittig ins Bild zu setzen wirkt sehr statisch, aber muss nicht unbedingt falsch sein, wenn das dem Bild hilft, insbesondere wenn Symmetrie ins Spiel kommt. Zweiter, schwächerer Blickfang nach der Burg ist das helle Loch in den Wolken, das links im Bild dem Bild links ein Übergewicht gibt, die rechte Bildhälfte wirkt leer, der Blick ist großteils links. Wenn das Restchen Abendrot rechts das gleiche Gewicht hätte wie das Loch in den Wolken links, dann könnte eine mittige Anordnung vielleicht funktionieren.

  • Für mich "funktioniert" die erste Aufnahme. Mir hatte zwar mal ein Berufsfotograf erklärt, dass man bei Aufnahmen versuchen soll, links unten und oben, oben Mitte und rechts oben (bei einer 6er-Teilung des Bildes) wichtige Bildelemente zu platzieren. Das Auge/Hirn-Gespann würde eine Aufnahme so ansehen und auswerten.


    OK, die Burg wäre jetzt mitte bis rechts unten, da sie sich aber hervorhebt und die Schneekante nach rechts aufsteigt, ist das in diesem Fall für meinen Geschmack richtig. Ich hätte die Aufnahme sicherlich auch so aufgeteilt. Eine Pano-Version finde ich persönlich nicht so schön.


    Ich glaube, dass Du das bei der Aufnahme durch den Sucher oder Display auch so gesehen hast und intuitiv gar keine andere Aufteilung in Betracht gezogen hast. Ab und zu macht man Dinge aus dem Unterbewusstsein, die sich als richtig erweisen. Eben Bauchgefühl. Auch die Belichtung selbst gefällt mir. Nicht zu Hell nicht zu dunkel. Beim Steak würde man Medium nehmen.


    Mir gefällt die Aufnahme so wie sie ist.

  • Wäre denn so eine Alternative vielleicht ok:

    Ich habe zum einfacheren Vergleich noch schnell Eure beiden Vorschläge zurechtgeschnitten, allerdings bewusst ohne andere Anpassungen (Farbe, Helligkeit etc.):

    Recht gut gefallen würde mir auch ein 4:3 Hochformat


    Danke an Euch alle, dass Ihr Euch die Zeit genommen habt und Eure Vorschläge hier zeigt. Tja, so unterschiedlich sind die Geschmäcker.


    Franks @Picturehunter Lösung mit dem Panorama gefällt mir sehr gut. Auf die Idee, das Wolkenloch einfach zu verschieben und damit das Panoramaformat überhaupt erst möglich zu machen, bin ich überhaupt nicht gekommen. Ja, ist schon ein wenig manipulativ ("was real ist, bestimme ICH!"), aber hätte ich das Motiv als Maler auf einer Leinwand gestaltet, hätte ich das Wolkenloch tatsächlich auch dorthin gesetzt, wo es mir am besten passt. Künstlerisch als durchaus zu rechtfertigen, die Frage ist, ob man sich fotografisch so weit aus dem Fenster lehnen mag. Ohne Zweifel "funktioniert" der Schnitt aber sehr gut.


    @Flashs Hochformat - ja, funktioniert auch. Der Fokus liegt dann natürlich wieder sehr viel mehr auf der Burg, die Weite oder Verlorenheit in der Landschaft geht ein wenig verloren (blöder Satzbau, aber Ihr versteht, was gemeint ist). Der Vorteil ist, dass die wenigen Bildelemente recht gut ausbalanciert sind, und sich der Blick nirgendwo verliert.


    Mit dem 4:3 Format (das ja dem Sensorformat meiner mfT Kameras entspricht) kann ich persönlich so gar nichts anfangen. Ich opfere bei JEDER Aufnahme einen Teil der ohnehin knappen Sensorfläche, um wenigstens auf 3:2 zu kommen (vermutlich ist das Kleinhirn über Jahrzehnte "Kleinbild-geschädigt"), eigentlich fast noch lieber auf 3.5 : 2. Das eigentliche 4:3 finde ich einfach scheußlich - weiß aber nicht, warum und könnte es auch nicht begründen. Der Vorschlag von @daex hat natürlich schon den Vorzug, dass zwischen dem Wolkenloch und der Burg optisch eine Diagonale verläuft, die dem Bild eine Balance gibt, ohne dass es durch die mittige Position der Burg zu statisch wird. Also, objektiv ein guter Vorschlag. Subjektiv ... na ja, ich hab meinen Avatar nicht ganz ohne Hintergedanken gewählt. Es gibt bei diesem Hobby einen Bereich, den ich nicht rational erklären kann (und nicht will); mit guten und mit weniger guten Konsequenzen für die Ergebnisse.

  • Der zugrundeliegende Gedankengang zum Bild gefällt mir gut, wobei die mittige Anordnung natürlich schon so ihre Grenzen hat.


    Die Fragestellung ist deshalb berechtigt, wobei mir die Variante von Daex genauso gut gefällt wie die von Picturehunter. Beides ist machbar, wirkt aber etwas anders und unterstütz die Bildidee. Hochformat passt mMn hierzu nicht so gut.

    lg, Achim

    (Von mir eingestellte Bilder dürfen grundsätzlich bearbeitet und bei DFT gezeigt werden.)

  • Thema: Weite, Einsamkeit


    Der Schnitt, den daex vorschlägt nimmt mir sowohl rechts als auch unten die Weite der Schneelandschaft zu stark weg, der Waldrand ist dagegen eine Front, die nicht die Weite repräsentiert. Und am rechten Bildrand sieht es so aus, als ob da ein Weg um den Burghügel verliefe, wo mein geistiges Auge gleich dahinter einen Ort vermutet, knapp außerhalb des Bildrandes. Also war es das mit der Einsamkeit.


    Picturehunters Panorama sagt mir auch nicht zu (okay, das liegt vielleicht an meiner Aversion gegen Panoramen insgesamt, über 90% dieser Art von Aufnahmen funktioniert bei mir nicht). Die Weite des Himmels ist weg, das Bild wirkt gedrückt, gerade weil auf dem schmalen Streifen Himmel auch noch das Wolkenloch als Eyecatcher mit der Burg konkurriert. Bei höherem Himmel relativiert sich das, das Loch nimmt einen geringeren Umfang am Gesamthimmel ein und drängt dadurch weniger in den Vordergrund. Der Schnitt rechts geht gerade noch so, aber ein wenig mehr Weite fände ich auch dort wünschenswert.


    Flashs Hochformat ist ein anderes Bild. Bei der Darstellung von Weite und Einsamkeit hat er in meinen Augen das Thema verfehlt (auch wenn das Bild durchaus gefällt).


    Und das Original? Gefällt mir bei der Aufgabenstellung eigentlich noch am besten ... Aber die mittige Burg ist auch nicht so meins. Sie schaut nach links, das ist richtig (der Blick von Burgen geht eigentlich immer talwärts, denn die Täler wollte man ja überwachen und hat die Burgen entsprechend konzipiert), und so sollte man auch links ein wenig mehr Platz lassen. Auf goldenen Schnitt, Dreiviertelteilung, Sechstelung oder was auch immer hätte ich gepfiffen und nur einen minimalen Schwenk nach links gemacht (vielleicht gerade mal die erste Buschgruppe am Bildrand entsorgt) und der Burg dadurch den Blick nach links gegeben, der ihr zusteht, ohne dabei rechts die weite Winterlandschaft zu arg zu beschneiden. Himmel und Schnee kommen dann auch oben und unten nicht zu kurz. Leider lässt sich zwar der rechte Bildrand beschneiden, aber am linken nichts mehr anstückeln. Ob das letztendlich dann funktioniert hätte, kann ich aber nicht garantieren :roll:

    Gruß
    Peter


    [ô]  PENTAX K-1 / PENTAX K-3 / PENTAX K-30 - Objektive siehe Profil

  • Auf goldenen Schnitt, Dreiviertelteilung, Sechstelung oder was auch immer hätte ich gepfiffen und nur einen minimalen Schwenk nach links gemacht (vielleicht gerade mal die erste Buschgruppe am Bildrand entsorgt) und der Burg dadurch den Blick nach links gegeben, der ihr zusteht, ohne dabei rechts die weite Winterlandschaft zu arg zu beschneiden.

    Du hast recht, dranstückeln links ist schwierig, aber den Rest Deines Vorschlags (insbsondere das "Pfeifen" auf eherne Regeln ;) ) umgesetzt, käme ungefähr folgendes dabei heraus:

    Im direkten Vergleich wirkt diese Aufteilung schon ein wenig gefälliger, entspricht mehr den eingeübten Sehgewohnheiten. Die Weite bleibt dabei auch nicht völlig auf der Strecke. Aber im Vergleich zu der mittigen Position fehlt mir jetzt ein bisschen die "Reibung", das Detail, was ein wenig irritiert: die leere rechte Hälfte des Bildes. Diese trägt m.E. dadurch, dass da so gar nichts los ist, das Auge aber immer wieder dort hin geht und sucht, auch mit zu dem Eindruck der Verlorenheit der Burg in blauen Allerlei bei. Natürlich reibt man sich innerlich etwas an der unausgewogenen Komposition; ich stelle mir aber die Frage, ob das zur negativ wäre, oder vielleicht sogar im Einzelfall sinnvoll? Ich stelle mir diese Frage mit offenem Ausgang, und ohne Euch davon überzeugen zu wollen. Genau deshalb steht das Bild ja hier auch zur Diskussion - die ich im Übrigen als sehr anregend erlebe.

  • Im direkten Vergleich wirkt diese Aufteilung schon ein wenig gefälliger, entspricht mehr den eingeübten Sehgewohnheiten. Die Weite bleibt dabei auch nicht völlig auf der Strecke. Aber im Vergleich zu der mittigen Position fehlt mir jetzt ein bisschen die "Reibung", das Detail, was ein wenig irritiert: die leere rechte Hälfte des Bildes. Diese trägt m.E. dadurch, dass da so gar nichts los ist, das Auge aber immer wieder dort hin geht und sucht, auch mit zu dem Eindruck der Verlorenheit der Burg in blauen Allerlei bei. Natürlich reibt man sich innerlich etwas an der unausgewogenen Komposition; ich stelle mir aber die Frage, ob das zur negativ wäre, oder vielleicht sogar im Einzelfall sinnvoll? Ich stelle mir diese Frage mit offenem Ausgang, und ohne Euch davon überzeugen zu wollen. Genau deshalb steht das Bild ja hier auch zur Diskussion - die ich im Übrigen als sehr anregend erlebe.

    Ja, das gefällt mir besser, was durch den Schnitt entstanden ist. Allerdings hätte ich rechts weniger beschnitten, ich schrieb ja, dass ich die erste Buschgruppe entsorgen würde. Über der Schneefläche des Vordergrunds sind am rechten Rand (nicht politisch gemeint ;) ) zwei Büsche (oder Baumkronen) zu sehen, die du beide weggenommen hast. Ich hätte den Schnitt dazwischen gelegt, also nur etwa die Hälfte des nun fehlenden Teils weggenommen. So wäre tatsächlich mehr von der Weite - gerade hinter der Buschgruppe - im Bild geblieben und hätte die Verlorenheit, die du beschreibst, deutlicher zum Ausdruck gebracht. Natürlich wäre bei dem Ausgangsmaterial die Burg dann immer noch fast in der Mitte gewesen, aber wenn dann links ein Stück dazugekommen wäre, hätte es imho gepasst.


    Und was die Unausgewogenheit betrifft, die muss man halt auch mal aushalten, wenn es der Bildaussage nutzt. Ich sehe da weniger Negatives als Sinnvolles.

    Gruß
    Peter


    [ô]  PENTAX K-1 / PENTAX K-3 / PENTAX K-30 - Objektive siehe Profil