Ja, die Sache ist sehr gespalten.
Grundsätzlich finde ich die Kamera sehr gelungen, dass vorne weg. Der Sucher ist auf dem Stand meiner A7RIII, da der gut war und ist, wäre es für mich ok. Wo bei mir die Fragezeichen wachsen ist die Nummer mit den fps. Ich verstehe auch nicht, wie im Jahr 2021 eine solche Kamera gebremst wird, wenn sie nicht in einem bestimmten Komprimierungsmodus ist. Grundsätzlich ist es so, ich schiesse bis heute nur in diesem Modus, obwohl es die datenintensiveren RAWs auch bei mir gibt, aber es ist schlicht unnötig. Man sieht es nur, wenn man Nachaufnahmen macht, ansonsten bekommt man von der Komprimierung nichts mit. Kann aber kein Grund sein, die Kamera dahingehend einzubremsen. Meine RI hatte nur dieses RAW, war auch super.
Das Display soll ein anderes sein, mehr Auflösung wäre schön, mir wäre aber grundsätzlich erstmal wichtiger, dass es heller und farbstabiler wäre. Was es jetzt ist, wir haben ein Touchscreen, der auch wirklich als solcher fungiert. Mich kotzt mehr an, dass jetzt eins dieser Japanischer-Tourist-Mit-Camcorder-In-Der-Hand-Klapp und Drehdisplay ist. Aber das ist eine Hybridkamera, daher was solls.
Jetzt aber mal zum Kern der Nummer. Sony hat hier eine Kamera gebracht, die im ersten Moment etwas öde daherkommt, aber sie ist bei genauerem Hinsehen brutal. Die A7III hat mich nie interessiert, weil mit ihrem 24Mpix Sensor im APS-C Modus unbrauchbar. Sowohl die R6, die Z6 als auch die A7III sind alle keine Allrounder. Die A7IV ist es. Die 33Mpix sind geschickt gewählt. Für mich waren die 36Mpix meiner RI immer nahe am Sweetspot dessen, was man für unterschiedlichste Anwendungen nutzen kann. Man kann wunderbar damit größere Produktionen schiessen, die 33Mpix killen gleichzeitig aber auch nicht den Workflow bei der Reportage-Fotografie. Geht man in den APS-C Crop, bleiben immerhin noch 15Mpix übrig, also wirklich brauchbar. Gleichzeitig schafft die Kamera aber die gute Rauschperformance des 24igers zu halten. Was die Dynamik angeht, wir sind eh an der Grenze, die sind inzwischen alle gleich. Als Sony die RIV brachte, war diese ein echter Rückschritt, was das Rauschverhalten angeht. Die hat locker eine ISO-Stufe verloren, ist hier nicht der Fall.
Meine RIII hatte immernoch so ihre Problemchen mit den AF-Tracking, die hier bringt die Nummer auf den Punkt. Das wir nicht exakt das bekommen werden, was eine A1 bietet, sollte klar sein. Da wird sich Sony nicht kannibalisieren. Ob eine A6400 einen guten AF hat, interessiert keinen, er muss bei der A7IV funktionieren. Selbst in meiner RX100VII ist so ein brutalo AF drin. Ich habe das die letzten Wochen mehrfach erleben können, es ist nahezu unglaublich, wie gut dieses System arbeitet. Ganz wichtig bei der A7IV, die Kamera arbeitet jetzt mit allen Objektiven auch bei schlechten Lichtverhältnissen, was gerade bei langen Zooms und Telekonvertern ein kresser Fortschritt ist.
Dann das frei belegbare Rädchen der ehemaligen Belichtungskorrektur - endlich. ISO drauf, glücklich sein. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie es mich angenervt hat, dass man grundsätzlich bei jeder Kamera ein Rädchen hat, dass für den manuellen Fotografen völlig sinnbefreit sein Dasein fristet. Nennt mich dumm, aber alleine das, ist für mich schon ein Kaufgrund. Ich bekomme zum ersten mal drei vollwertige Rädchen, für jeden Parameter, ohne dass ich den ISO auf das Drehkreuz-Rädchen packen muss.
4K 60 bei 1,5er Crop. Kann ich nicht verstehen, stört mich aber auch nicht. Andere wird es zur Weissglut bringen und das verständlicher Weise. Ich nutze grundsätzlich wenn nur 4K 24/25. Ich weiss nicht, ob mit genügend Kritik ein 4K 60 ohne Crop noch per Firmware möglich sein würde, aber genau hier haben sie sich wirklich ins eigene Fleisch geschnitten. Das ist schon ziemlich Canon mäßig. Immerhin bekommt sie jetzt den digitalen Bildstabi im Video. Endlich.
Letzter Punkt, der Preis. 2800€ für die "Basis" A7, wie Sony sie nennt. Wir wissen alle, Basis ist die A7C, aber lassen wir das mal dahingestellt. 2800€ soll jetzt jemand berappen, der bei Sony eine aktuelle Kamera haben möchte. Das ist schon ziemlich steil. Da sie für mich an der Grenze dessen steht, was meine A7RIII ist, kann man so argumentieren, dass sie jetzt ja wo anders positioniert ist, aber am Ende ist das auch einfach nur technische Evolution, die deswegen nicht teurer wird, sondern eher billiger. Ich weiss nicht, wie der typische A7III Kunde auf diese Preisvorgabe reagiert, für mich wirds schlicht billiger, zumal sie jetzt die Gehäusequalität ihrer großen Schwestern hat.
Die A7IV ist so in etwa alles, was ich mir gewünscht habe. Meine A7RIII war nochmal eine Stufe teurer, daher ist das Downgrade raus aus der R-Serie, für mich sogar ein Upgrade zum geringeren Preis. Ich wäre nicht mehr bereit gewesen, 4000€ und mehr für eine A7RIV zu zahlen, als sie auf den Markt kam. Für mich war bei der A7RIII damals preislich die Grenze.
Ich gehe davon aus, dass die Kamera ein großer Erfolg für Sony werden wird, weil für alle Fotografen ist die Kamera ein Taum. Für die ganzen Hochzeitsfotografen etc ist sie sogar ein feuchter Traum. Die Video-Leute werden stöhnen, die werden in die A7SIII gedrängt und die ist ihrerseits halt auch ein feuchter Traum. Hier stellt sich wirklich die Frage, ob wir hier den Mark korrekt einschätzen. Sony ist wesentlich weiter aufgestellt, als Canon oder Nikon, man vergisst es halt gerne. Bei Canon hab ich nur die Wahl zwischen Ultra Kohle mit der R5 oder eine R6, mit verkrüppeltem 20Mpix Sensor. Die RP ist wie eine A7 von 2012 und die R ist eine Bedieungskatastrophe mit altem Sensor. Nikon kann alles irgendwie, aber bisher noch nichts richtig gut. Das einzige wo die richtig glänzen, ist die Ergonomie und ISO64 bei der Z7II. Die Panasonic können alles ausser AF und damit sind sie wertlos. Sony hat die A7C, A7III, A7IV, A7RIIIA, A7SIII, A7RIV, A9II und A1 und bietet damit wirklich jedem das passende Gerät.
Da würde ich persönlich wohl eher nochmal 200,- drauflegen und mir eine Z7 II holen, die fast alles besser kann: Mehr Auflösung, ISO64, besserer LCD, besserer EVF, Status-Display, echte 10fps, 4k/60p ohne Crop. Und die bessere Ergonomie obendrauf, aber das ist natürlich sehr subjektiv...
Ganz ehrlich? Neee. Die Z7II ist kein echter Allrounder, dafür hat sie einfach zuviele Pixel und der Af ist schlicht nicht vergleichbar. Du machst dir da auch wirklich zu viele Gedanken bezüglich des komprimierten RAW. Glaub mir einfach mal, du siehst den Unterschied nicht. Ich arbeite damit seit 2014 und wie schon geschrieben, ich hab es nur bei Nachaufnahmen gesehen, da es dort zu Problemen in den Blendensternen kommen kann, ansonsten Jacke wie Hose, aber zu einem Drittel der Größe. Ich weiss jetzt nicht, wer sich bei einer Nikon freiwillig mit 10fps bei 120MB je NEF zutackern lässt. Da geht man auch auf die Komprimierung.