Beiträge von Zeisel

    Hallo Bertram,


    du hast recht: Wenn man seinen Blick mittig ausrichtet und nahe genug rangeht, erscheinen alle Bälle rund. In meinem Fall beträgt der Abstand ca. 25 cm (mit dem Zollstock nachgemessen).


    Viel Spielraum, was den korrekten Betrachtungsabstand für einen „natürlichen“ Seheindruck anlangt, hat man allerdings bei dieser Weitwinkelaufnahme nicht. Nehme mal an, dass bei längeren Brennweiten wesentlich mehr Spielraum vorhanden ist. Soll heißen: Wenn die Tischtennisbälle bei gleicher Einstellungsgröße mit einer Normalbrennweite fotografiert worden wären, dann sähe deren Abbild "natürlich" aus, egal ob ich jetzt aus 50 cm oder 100 cm Entfernung darauf starre. Aber das ist nur eine Annahme.


    Der „Trick“ mit Abstand scheint übrigens nicht bei jeder Weitwinkelaufnahme zu funktionieren (s. Bild unten).


    LG


    Zeisel

    Hallo Bertram,


    dein ausführlicher Beitrag hier ist der Grund meiner Forumsanmeldung.


    Ich beschäftige mich noch nicht solange mit Objektiven und Kameras, bin also nur ein interessierter Laie, bin aber schon so weit gekommen, dass es unter Fotografen und Videografen einen Meinungsstreit gibt:


    Die einen sagen, dass Weitwinkel- und Teleobjektive das Abgebildete verzerrt wiedergeben.


    Die andere Gruppe sagt: Weitwinkel- und Teleobjektive verzerren überhaupt nichts; es kommt vielmehr auf den auf den korrekten Sehabstand zum Wiedergabemedium (Monitor, Bildschirm, Display etc.) an.


    Bei Weitwinkelaufnahmen müsse man entsprechend nah an das Bild heranrücken um einen unverzerrten bzw. natürlichen Seheindruck zu erhalten.


    Bei Teleaufnahmen ist es genau umgekehrt: Der Abstand muss vergrößert werden, und schon ist die berüchtigte Kompression dahin


    Diesbezüglich findet man auch eine einfache Formel für den (bezogen auf die verwendete formatbereinigte Brennweite) optimalen Betrachtungsabstand:


    Abstand (A) = Brennweite (f) * Vergrößerungsfaktor (V)


    Der Vergrößerungsfaktor ergibt sich aus dem Verhältnis der Diagonalen des Wiedergabemediums zur Diagonalen des Sensors.


    Ich nehme jetzt Bezug auf dein Bild mit den Tischtennisbällen, wobei diese eher die Form haben wie Hühnereier, abgesehen vom Ball in der Mitte.


    Das besagte Bild wurde gemacht mit einem 18 WW-Objektiv an Vollformat (Sensordiagonale also ca. 43 mm).


    Mein PC Monitor hat eine Diagonale von ca. 600 mm.


    Vergrößerungsfaktor ist demnach (600:43) ca. 14.


    Wenn ich das Bild mit den Tischtennisbällen jetzt vergrößere, so dass linker und rechter Rand mit meinem PC-Monitor abschließen, komme ich nach o.g. Formel auf folgenden verzerrungsfreien Betrachtungsabstand A: ca. 25 cm (scil. f18mm * V14).


    Und wenn ich jetzt das Bild mit diesem recht kurzen Abstand betrachte, dann sehen die Bälle für mich rechts und links nach wie vor verzerrt aus (ausgenommen der mittige Ball). Sie halten ihre Form von Eiern bei und werden nicht rund. Auch dann nicht, wenn ich den Abstand noch weiter verkürze.


    Im Übrigen: Mein TV-Anbieter erlaubt mir jederzeit neben Vor- und Zurückspulen auch Standbilder (nebenbei: das ist nicht unbedingt ein Segen). Nicht selten, wenn mir langweilig ist oder eine Sendung nicht ausreichend interessant ist, mache ich von dieser Funktion bei Weitwinkelaufnahmen Gebrauch und gehe dann dichter an den Fernseher ran. Der Bildeindruck ändert sich bei verkürztem Betrachtungsabstand selbstverständlich (weil ja das TV-Panel mehr von meinem Gesichtsfeld ausfüllt), aber die typischen Weitwinkel-Verzerrungen bleiben bestehen.


    Wenn ich laienhaft darüber nachdenke, ist das auch logisch: Das Bild von den Tischtennisbällen ist ja zweidimensional und die Lichtstrahlen sind quasi „eingefroren“. Und damit sind auch Formen und Muster „eingefroren“ und unveränderbar, gleichviel mit welchem Abstand ich sie betrachte.


    Anders sieht es aus, wenn man die aufgereihten Tischtennisbälle in realitas ansieht (also Kamera weg und stattdessen die unbewaffneten Augen ganz dicht an die Szenerie). Bei dieser 3D-Betrachtung bleibt jeder Ball rund, sobald man ihn in Augenschein nimmt. Aber eine 2D-Aufnahme kann dies einfach nicht leisten.


    Auch wenn ich Deine Ansicht nicht teile, dass ein Weitwinkel nichts verzerrt, finde ich deinen anschaulichen Beitrag und die bebilderten ausführlichen Erklärungen sehr gut.


    LG


    Zeisel