Bergschaf

  • Was ich auch mal neugierig nachfragen wollte: Du machst ja gelegentlich diese eindrucksvollen Analysen, wo Du Flächen, Linien, Farben und die Verteilung von Gewichten genau analysierst und skizzierst. Stellst Du solche Überlegungen eigentlich auch schon VOR einer Aufnahme an, bei der Bearbeitung oder eher im Nachhinein? Ich kann mir nämlich gar nicht vorstellen, dass man diese ganz Mathematik beim Fotografieren im Kopf hat. Ich selbst fotografiere, bearbeite und beschneide ausschließlich "nach Bauch": richtig ist es, wenn es mir gefällt. Das hat sicher Nachteile, vielleicht verschenke ich dabei viel Potenzial, aber ich kann es nicht anders. Und Du?

    Sehr viel mehr beim Nachbearbeiten oder beim Auswählen von Bildern als direkt bei der Aufnahme, also beim Zuschneiden, bei der Auswahl des BIldformats, bei lokalen Bearbeitungen (Wegstempeln, heller, dunker, skalieren,...). Ist natürlich auch eine Zeitfrage. Wenn ich mehr mit Stativ fotografieren würde, dann vielleicht auch mehr schon vor Ort. Etwas geht das mit der Zeit sicher auch in Gewohnheit über, wenn man z.B. häufig einen Bildrand nach etwas störendem abgesucht hat, dann schaut man beim nächsten Foto vielleicht auch direkt automatisch mehr darauf, das gleich zu vermeiden.


    Bauchgefühl bleibt selbst bei solchen Analysen ja natürlich auch dabei, solang es nicht völlig eindeutig ist - wiegt jetzt etwas großes optisch mehr als etwas sehr kontrastreiches, und wieviel im Vergleich eine Blickrichtung oder Bewegungsrichtung?

    Oder ich kann analysieren, dass bei dem Bild viel "leere" Landschaft (negativer Raum) um das Schaf herum dem Tier Kontext gibt, weil man sieht, wo es sich aufhält, und das diese Landschaft Weite hat, aber wie viel ist richtig?


    Zu einem gewissen Grad kompliziert ist diese Analyse mit "Gewichten" etc. sicher, aber diese Prinzipen und Überlegungen aus der oben verlinkten Artikelserie waren bisher die theoretische Herangehensweise, die mich mit Abstand am meisten überzeugt haben, weil diese Überlegungen direkt bei der optischen Wirkung ansetzen und auf alle Bilder anwendbar sind. Viele Tippsammlungen zu Bildgestaltung beschränken sich ja eher darauf zu erzählen, dass man sein Motiv nicht in die Mitte setzen solle und präsentieren dann je ein Bild, bei dem goldener Schnitt oder Drittel-"Regel" gut funktioniert. Warum jetzt das eine oder andere bleibt offen. Und was man dann macht, wenn man mal mehr als ein Motiv hat oder sogar eher Texturen und Flächen... Tjoa. :kaffee:


    Bei Farben ist es ja letztlich das Gleiche - man kann zum einen natürlich Farben so einstellen dass sie aus dem Bauch gefallen (und je nach Bauchgefühl klappt das dann auch gut), sich mal mit Farblehre auseinander gesetzt zu haben ist aber trotzdem öfters mal hilfreich.