[Kambodscha 2007] Roadbook reloaded

    • Offizieller Beitrag

    Im Juli und August 2007 haben wir eine selbstorganisierte Reise zu zweit mit dem Rucksack durch Kambodscha unternommen. Stationen der Reise waren Hong Kong (für die Anreise), Phnom Penh, Battambang und sein Hinterland, eine Bootsfahrt über den Tonle Sap und seine schwimmenden Dörfer, Siem Reap mit den Tempelanlagen von Angkor und Beng Mealea, die erwachende Geisterstadt Kep an der südlichen Küste, Kampot mit dem Bokor N.P. und Sihanoukville mit den vorgelagerten Inseln und dem Ream N.P.


    Die Reise hatten wir damals ‘live’ gebloggt und den Blog dann nach der Heimkehr mit Bildern zu einem kompletten Roadbook ausstaffiert. Den alten Blog (das war 'derarchinaut.de') werde ich nun, 5 Jahre später, vom Netz nehmen. Das Roadbook aber habe ich nochmal gestrafft, veraltete Links entfernt, ein paar neue hinzugefügt und das ganze auf meiner aktuellen Website in 4 Teilen zusammengefasst. Für alle, die Spaß am Stöbern und am Fernweh haben.


    Der erste Teil führt uns über Hong Kong nach Phnom Penh und Battamang. Den habe ich hier nun in voller Länge übernommen. Die anderen drei Teile findet Ihr dort:


    [Kambodscha 2007] Roadbook reloaded – Teil 2
    [Kambodscha 2007] Roadbook reloaded – Teil 3
    [Kambodscha 2007] Roadbook reloaded – Teil 4


    Viel Spaß!




    Dienstag, 24. Juli 2007: Vorbereitungen auf Hochtouren


    Das erste Guesthouse in Phnom Penh war reserviert und wir begannen die Stunden zu zählen, bis es los ging. Der Sitzplatz bei der deutschen Bahn war reserviert, Briefkasten und Wohnungsschlüssel waren bei den Nachbarn, das Gepäck lag ausgebreitet im Wohnzimmer und wartete darauf, im Rucksack zu verschwinden.


    Wir sind Cathay Pacific geflogen. Eine Linie, die sämtliche Flüge über das Drehkreuz Hong Kong abwickelt. Die Flugtickets hingen nun schon ein paar Monate an der Pinwand und so hatten wir fast vergessen, dass uns in Hong Kong fast ein ganzer Tag zur Verfügung stand.


    Cathay Pacific bot seinen Kunden nach Australien damals eine kostenlose Busrundfahrt durch die Stadt an. Unser Anruf brachte uns zwar nicht das erhoffte ‘natürlich auch für Sie’ ein, immerhin erhielten wir aber die Information, man könne diese Tour auch als zahlender Gast wahrnehmen.



    Um Hong Kong zu besichtigen muss man einfach einreisen (war kein Problem mit einem deutschem Pass) und in Terminal B, Stand B13 bei Firma Vigor-Tours vorsprechen. Und so haben wir es auch gemacht. Das Foto oben zeigt den IFC2-Tower, mit 88 Stockwerken derzeit der höchste Turm der Stadt.


    Hong Kong ist eine faszinierende Stadt. Pulsierend, westlich und östlich zugleich, modern und gleichzeitig morbid und zerfallend. Die Häuserblocks haben Dimensionen und (geringe) Abstände, die einen Architekten westlicher Prägung erzittern lassen. Licht, Luft und Aussicht, die Prinzipien unserer Moderne erscheinen hier fast als Fremdwörter. Andererseits drängt sich die Statt zwischen satte grüne Hügel, die einen scharfen Kontrast zur dichten Bebauung bilden.




    Samstag, 28. Juli 2007: Phnom Penh, Tag 2


    Phnom Penh kennenlernen. Hier ist der Westen fern, hier ist alles feucht, etwas langsam, sehr chaotisch. Das reservierte Guesthouse hatte uns einfach vergessen, der Taxifahrer lud uns also in einem anderen Hotel in der Nähe ab, dem SuperSTAR-Hotel. Dort steht der Familienstolz, ein Honda Geländewagen, in der Halle und die Famile wohnt dort. Das Zimmer kostete üppige 15 USD, dafür wartete es mit einem Fenster, einem Fernseher und einer A/C auf. Und es ist zentral, fussläufig zum Nationalmuseum und dem Königspalast.


    Der Abend der Ankuft reichte nur noch für ein Spaziergang zum Fluss, eine vietnamesische Suppe und ein ‘Angkor’-Bier. Dann folgten 14 Stunden Schlaf. Der war nötig.



    Am zweiten Tag dann, haben wir die beiden besagten ‘must-sees’ besichtigt. Das Nationalmuseum ist ein erschreckend einfacher alter Kolonialbau im Khmer-Stil, gefüllt mit unschätzbaren Werten. Ein Erlebnis und eine Oase der Ruhe. Die Steigerung dazu bildet der Königspalast mit der Silberpagode. Man liest zwar, er könne seinem Pendant in Bangkok nicht das Wasser reichen, das sahen wir aber anders. Man sollte beide schlicht nicht vergleichen. Der Palast strahlt jedenfalls von einem Reichtum, der auch aus dem Stolz der Khmer auf ihren Koenig lebt. Heute, im Jahr 2012, wird es spannend sein, wie sich Kambodscha vom Tod des Monarchen in der verganenen Woche erholt.



    Restauranttipps:


    ‘Lucky Pho‘, ein einfaches und preiswertes aber gutes vietnamesisches Restaurant, geführt von einem Italiener und seiner vietnamesischen Frau, 178. Straße in der Nähe der Riverfront.


    ‘Friends’ oder auch ‘Mith Samlanh’, ein NGO-Projekt zur Ausbildung von Straßenkindern als Kellner oder Koch. Sehr stilvoll und im westlichen Sinne gemütlich, etwas teurer, aber dafür unterstützt man ja eine gute Sache. Wir haben uns am Ende der Reise sogar noch ein Kochbuch gekauft, das durch die verantwortliche Entwicklungshilfegesellschaft herausgegeben wird (übrigens das einzige kambodschanische Kochbuch, das wir überhaupt gefunden haben – was unverständlich und sehr schade ist). 13. Straße Nr. 215, um die Ecke ist das Nationalmuseum.


    Hotel:


    Das SuperSTAR ist offenbar ein verlässlicher Provisionszahler, auch bei unserer Rückkehr nach Phnom Penh drei Wochen später wollten uns die Tuktukfahrer unbedingt dort abliefern. Als besonders toll haben wir es nicht empfunden: Lage, Sauberkeit, Hilfsbereitschaft und Preis waren durchweg Mittelmaß.


    Montag, 30. Juli 2007: Battambang, Tag 4


    Grüsse aus der kamboschanischen Provinz


    Phnom Penh lag hinter uns. Einen langen Tag lang hatten wir uns dort von Shina (sprich: Sina), einem netten und gebildeten Nebenerwerbsfahrer (im Hauptberuf unterrichtet er Englisch in einer Primary School) die Stadt zeigen lassen. Die 15 USD, die wir ihm dafür gezahlt haben, entsprechen (nach seiner Auskunft) immerhin einem Zehntel seines normalen Monatseinkommens in der Schule.



    Gezeigt hat er uns die halbe Stadt, angefangen bei dem sogenannten Russenmarkt, dem so gar nichts russisches anhaftet, über viele andere Punkte der Stadt bis zum Genozidmuseum im ehemaligen Untersuchungsgefängnis Tuol Sleng , in dem unter Pol Pot 14.000 Menschen starben. Beklemmend. Die Ausstellung besteht aus verwitternden Fotos der Getöteten und den unveränderten Zellen in den ehemaligen Klassenzimmern. Shina kam nach einiger Zeit zu uns nach und erzählte uns von seiner Familie. Auch ein Onkel von ihm kam im Genozid der Khmer Rouge an der gebildeten Mittelschicht des Landes um.


    http://stefansenf.de/wp-conten…2012/10/Phnom-Penh-IV.jpg


    Emotionale Erholung fanden wir anschliessend im für Phnom Penh namensstiftenden Tempel Wat Phnom. Gerade am gestrigen Sonntag ein Ort voller Menschen, Farben, Düften und Klängen. Weiter ging es mit einem gemütlichen Chill-out fern aller Touristen am Buong Kak See. Dieser See gilt zwar als die “Khao San Road” Phnom Penhs, allerdings nur auf der einen Seite. Shina nahm uns mit in sein bevorzugtes Restaurant auf der ruhigen Seite des Sees. Dort waren wir die einzigen Langnasen und hatten viel Zeit, uns mit ihm über die kambodschanische Gesellschaft zu unterhalten.



    Der Nachmittag führte uns nach einem kurzen Frischmachen im Hotel in das ‘Le Royal‘. Ein harter Kontrast. Lebendiger Kolonialismus von seiner dekadenten Seite. Bei einem Longdrink in der ‘Elephantbar’ waren wir plötzlich ein Teil davon. Ein ambivalenter Eindruck zwischen Genuss und Befremdlichkeit.


    Am 30. Juli sind wir dann in einem klapprigen Überlandbus 6 Stunden nach Battambang gefahren und hatten das Gefuehl, nun wirklich in Kambodscha zu sein.


    Unterkünfte:


    Die Travellerseite des Buong-Kak-Sees in Phnom Penh haben wir beim Durchqueren als armseliges Dreckloch empfunden, übrigens eine Beaobachtung, die uns auch in anderen Städten später in gleicher Weise auffiel. Entweder sind wir zu alt oder die Hardcore-Travellerszene hat in Kambodscha einen merkwürdigen Hang zum Elend.


    Luxus:


    Die Elephant-Bar im 5-Sterne Hotel ‘Le Royal’, Phnom Penh: Cocktails zu westlichen Preisen, Happy-Hour von 17 – 19 Uhr (buy one, drink two – die Weitergabe des zweiten Cocktails ist allerdings unerwünscht/nicht möglich). Entspannung dekadent, schief angesehen wird man aber auch als Traveler nicht!


    Dienstag, 31. Juli 2007: Kochen auf Kambodschanisch, Tag 5


    Ein Kochkurs, der uns die Unterschiede zwischen der kambodschanischen und der Thai-Küche nahebrachte. Es gibt praktisch keine.


    Das nette aber sehr einfache Restaurant ‘Smoking Pot‘ in Battambang war die einzige Adresse in Kambodscha, die wir im Reiseführer als Anbieter eines Kochkurses gefunden hatten (Während der Reise haben wir hier und da noch weitere Schilder gesehen – aber das war später). Nach unserem Kurs aus Thailand vor zwei Jahren wollten wir uns das natürlich nicht entgehen lassen. Und es hat sich gelohnt. Vannak Robie, der sehr nette, zurückhaltende Inhaber hat uns zuerst – so wie wir das aus Thailand schon kannten – über den Markt geführt. Dann begannen wir 3 Gerichte zu kochen und zu essen. Ein Amok (das heisst wirklich so – es handelt sich um die Khmer-Variante eines Kokosmilch-Currys), Lok Lak (ein reines Fleischgericht mit reichlich Oystersauce, traditionell mit Rindfleisch zubereitet) und eine Tom Yam Suppe (die sich nicht wirklich von der Thaivariante unterschied – ausser dass weniger Kräuter verwendet werden). Der entscheidende Unterschied zu Thailand bei allen Rezepten war also: Es wird um alles weniger Buhei gemacht. Ansonsten “Same, same” (wie unser Lehrer es ausdrückte). Er widersprach auch vehement der Behauptung, Thaifood sei schärfer gewürzt.



    Trotzdem haben wir schon auf dem Markt einmal mehr den Unterschied zwischen Thailand und Kambodscha gespürt. Obwohl es auch hier jeden Luxus gibt, spürt man mehr als deutlich, dass das Land im Durchschnitt ärmer und weniger entwickelt ist. Zwei “Mitschüler”, Medizinstudenten aus Montpellier, die einen Monat lang in Phnom Penh im Krankenhaus voluntiert haben berichten von dort das selbe: Das Wissen ist da, an den Mitteln fehlt es, die Hygiene leidet…


    Kochkurs:


    Restaurant Smokin’ Pot (eMail: vannaksmokinpot[at]yahoo.com). Da die meisten Straßen in Battambang keine Namen haben, hilft es im Zweifel, in der direkten Umgebung des Angkor Hotels und des Restaurants ‘White Rose’ zu suchen. Wobei alle Motofahrer das Restaurant kennen sollten. Gekocht wird in einer kleinen Gruppe, denn es steht nur eine sehr begrenzte Zahl an Herden zur Verfügung. Anmeldung am Vortag erforderlich. Der lohnende Kurs kostete 8 USD p.P. Ein kleines selbstkopiertes Kochbuch war damals im Preis enthalten.


    Hotel:


    Royal (Nähe des Zentralmarktes ‘Psar Nat’, Battambang und beim besten Willen nicht zu verwechseln mit dem ‘Le Royal’ in Phnom Penh): Ein Hotel und Guesthouse mit Zimmern von sehr einfach (6 USD, wir haben es uns verkniffen ;) bis recht komfortabel (AC, TV mit Deutsche-Welle-TV, 12 USD). Gute freundliche Führung. Internetcafe. Gut organisierte kleine Touren (siehe nachster Blogeintrag). Nette Dachterrasse mit kleinem Restaurant zum abendlichen Abhängen bei einer oder zwei Dosen Angkor. Das Hotel gehört zwar in Battambang zweifellos zu den dominierenden Platzhirschen und ist kein ‘Geheimtipp’, gefallen hat es uns aber sehr gut.



    Cafés:


    Fast direkt neben dem Hotel (einige Meter weiter auf der sich auflösenden Straße, ebenfalls auf der rechten Seite) findet man das ‘Sunrise Café‘. Schöne Auswahl westlicher Kaffeesorten, Wraps und Kuchen. Immer riesige warme und sehr schmackhafte Zimtschnecken für 2000 Riel/50 Cent. Nur westliches Publikum und eine eher mürrische Inhaberin, dennoch nette Atmosphäre und lecker.


    Riverside Balcony House (wie der Stadtkern Battambangs westlich des Flussufers jedoch rund 2 km südlich des Zentralmarktes – Moto nehmen!): Richtig lässige Bar oberhalb des Flusses Sangker in einem alten traditionellen Holzhaus auf Pfählen. Ebenfalls vorwiegend westliches Publikum jedoch vor allem Entwicklungshelfer, NGO-Mitarbeiter usw. Teuer, lecker, entspannt. Wenn man sein Moskitorepellent dabei hat…


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