Nikon 16-85mm 3,5-5,6 contra Sigma 17-70mm 2,8-4,0

    • Offizieller Beitrag

    Viele Nikon DX-User, die sich ein Standardzoom mit möglichst alltagstauglichem Brennweitenbereich kaufen möchten, stehen über kurz oder lang vor genau dieser Frage. Dementsprechend gibt es in nahezu jedem Fotoforum entsprechend ausführliche Threads. Damit dieses Forum nun auch einen bekommt, möchte ich meine Erfahrungen diesbezüglich hier gerne weitergeben und bin gespannt auf die vielleicht ebenfalls vorhanden Erfahrungswerte anderer User. ;)


    Da ich durch mehrfache Service-Aufenthalte und Umtauschaktionen insgesamt 4(!) verschiedene Sigma 17-70 an meiner D7000 hatte und schlussendlich beim Nikon 16-85 gelandet bin, kann ich zwar keinen Direktvergleich mehr unternehmen, jedoch durchaus einige grundsätzliche Unterschiede und persönliche Eindrücke schildern.



    Zunächst zum Sigma:


    Die Leidensgeschichte mit meinen Sigmas möchte ich hier nicht noch mal wiederholen, wer will, kann den entsprechenden Thread hier durchlesen. Kurzum: Mit ausnahmslos keinem Sigma konnte ich bei entfernten (!) Objekten, bspw. in der Landschaftsfotografie auch nur halbwegs scharfe Ränder zustande bringen.
    Alle 4 waren zwar in der jeweiligen Ausprägung unterschiedlich (Unschärfe mal mehr rechts-, mal mehr linkslastig), aber überzeugen konnte keines und auch starkes Abblenden konnte nicht Abhilfe schaffen. Da der Sigma-Service anhand meiner Beispiel-Bilder das Problem bestätigte, aber nicht imstande war, mir ein in dieser Hinsicht überzeugendes Exemplar zu liefern, muss dies offenbar ein grundsätzliches Manko sein. Meine (angelesene) Vermutung ist, dass es sich bei dem Problem um eine stark ausgeprägte Bildfeldwölbung handelt.


    Wer mit diesem Manko leben kann, bekommt aber ein ansonsten sehr ordentliches Objektiv zum günstigen Preis. Zu den Vorteilen zählen eindeutig die Schärfe im Bildzentrum, die sich etwas abgeblendet auf einem sehr guten Niveau bewegt, und gefühlt keinesfalls schlechter war als die des Nikkors. Des Weiteren stehen auf der Pro-Seite das für ein Zoom recht angenehme Bokeh, die gute Naheinstellgrenze, welche für viele Situationen als Makroersatz taugt und eben der günstige Preis, der ja auch noch den OS und HSM-AF umfasst. Auch die Verarbeitung/Haptik gehen voll in Ordnung, hier kann ich entgegen meiner Erwartungen auch beim 16-85 keinen merklichen Vorteil ausmachen.


    Abgesehen von den Randschärfe-Problemen hatten von den 4 Objektiven übrigens zwei zunächst einen Fehlfokus, der korrigiert werden musste, wobei es sich bei Objektiv Nr. 3 seltsamerweise um einen entfernungsabhängigen Fehlfokus handelte, der nicht gelöst wurde bzw. werden konnte (?), sondern mir Objektiv Nr. 4 bescherte. :)
    Mit meinen beiden AF-Nikkoren, dem 35/1.8 und dem 16-85, hatte ich solche Probleme nicht. Natürlich kann das auch einfach nur Pech gewesen sein, aber aus meiner subjektiven Sicht scheint es bei den Sigmas offenbar vermehrt Qualitätsschwankungen zu geben.



    Nun zum Nikkor:


    Das Nikkor hat mich vor allem mit seiner Offenblendtauglichkeit überrascht. Die Schärfe in der Bildmitte ist auch durch Abblenden eigentlich nicht mehr zu toppen, allerdings sollte man im WW-Bereich für gute Schärfe bis zum Rand schon auf Blende 8 abblenden. Dann allerdings erhält man eine über das gesamte Bild verlaufende, homogene Schärfe wie ich sie, abgesehen vielleicht von den äußersten Ecken, bisher eigentlich nur von Festbrennweiten kannte, wirklich beeindruckend!
    Ein weiterer Vorteil des Nikkors sind ganz klar die 16mm, die tatsächlich spürbar mehr aufs Bild bringen als die 17mm des Sigmas. Wobei man zum Sigma auch noch sagen muss, dass die 17mm in Wirklichkeit eher 17,5mm entsprechen, so man einigen engagierten Foristen glauben mag. Am Crop wären das dann also schon ganze KB-äquivalente 2mm mehr (24mm gegenüber ungefähren 26mm), die das Nikkor bietet und das merkt man wirklich!


    Des Weiteren ist mir aufgefallen, dass die Farbwiedergabe etwas natürlicher ist als die des Sigmas. Das Sigma hatte eine etwas wärmere Farbgebung, das Nikkor dagegen ist farbneutraler und die Ergebnisse damit berechenbarer. Für manche ist die wärmere Farbgebung des Sigmas wiederum ein Vorteil, ist wohl auch ein Stück weit Ansichtssache, aber da ich (bei Bedarf) eigentlich ganz gerne selbst die Farbgebung steuere, schätze ich die neutralen Farben des Nikkors.


    Der AF gefällt mir beim Nikkor ebenfalls besser, auch wenn er nicht unbedingt schneller ist. Mein Eindruck ist folgender: Das Sigma schießt einen Tacken schneller zum Ziel und dann vor allem übers Ziel hinaus, um dann gleich wieder nachzukorrigieren, wogegen das Nikkor vielleicht einen Hauch langsamer fokussiert, dafür aber zuverlässig und auf den Punkt genau landet und nicht mehr nachzukorrigieren braucht, abgesehen von sehr schlechten Lichtverhältnissen. Welcher AF jetzt im Endeffekt schneller ist, lässt sich dadurch schwer sagen, aber der AF des Nikkors macht mir persönlich mehr Freude, wirkt irgendwie souveräner... :)


    Leider gibt es beim Nikkor nicht nur Licht, sondern auch Schatten, und das kann man sogar wörtlich nehmen, denn das erste, was mir nach dem Montieren des Nikkors auffiel, war das im Vergleich zum Sigma etwas dunklere Sucherbild, welches zum Tele hin logischerweise immer noch dunkler wird. Erstaunlich, was eine halbe bis ganze Blende Unterschied da doch ausmachen!
    Entsprechend der Lichtstärke sind auch die Freistellungsmöglichkeiten des Nikkors etwas begrenzter als die des Sigmas, wobei hier keine Welten dazwischen liegen. Das Bokeh hat mir zwar beim Sigma etwas besser gefallen, aber nach allem, was man über das Nikkor negatives in der Hinsicht lesen kann, war ich dann doch wieder positiv überrascht, denn ganz so schlecht ist das Bokeh des Nikkors auch wieder nicht... ;)


    Und noch etwas ist mir aufgefallen: Seltsamerweise produziere ich auffallend viel Ausschuss bei Belichtungszeiten um die 1/100 Sek. In dem Bereich ist etwa jede zweite bis dritte Freihand-Aufnahme verwackelt, und zwar völlig unabhängig davon, ob der Stabi an oder aus ist! :???:
    Erstaunlicherweise hatte ich mit dem Sigma trotz ebenfalls vorhandenem VR keine solchen Probleme, selbiges gilt für das AF-S 35/1.8 und das Ai-S 105/2.5. Ich nehme daher an, dass der doch recht satte Spiegelschlag der D7000 nicht so ganz mit diesem Objektiv harmoniert, bzw. die bewegliche Stabi-Linse in diesem Zeitbereich immer etwas zum Schwingen bringt. Bei längeren Belichtungszeiten tut der VR dann nämlich wieder vorbildlich seinen Dienst, auch wenn eine geringfügige Unschärfe immer bleibt, siehe dazu die unteren Beispiel-Bilder. Und bei kürzeren Zeiten habe ich mit oder ohne VR ohnehin keine Probleme.
    Mittlerweile habe ich das nun einfach mal als gegeben akzeptiert und versuche, diese Zeiten zu umgehen oder, sofern dies nicht möglich ist, den Quiet-Modus der D7000 zu nutzen, welcher ebenfalls Abhilfe schafft. Nur frage ich mich seither aber schon, ob Nikon vielleicht von dieser Anfälligkeit gewusst hat und deshalb erst den Quiet-Modus integriert hat?



    Fazit:


    Das Sigma 17-70 ist günstig und liefert die prinzipiell besseren Allroundqualitäten in Sachen Makrofähigkeit, Lichtstärke und Bokeh, versagt aber bei Landschaftsaufnahmen im Bereich von 17-21mm. Das machte es für mich persönlich leider unbrauchbar. Ob das übrigens ein spezielles Problem der Nikon-Variante ist und an dem etwas längeren Crop an Canon vielleicht schon wieder ganz anders aussieht, kann ich nicht beurteilen. Manche User berichten auch, dass man das Problem vermindern kann, indem man reichlich abblendet und dann per Kontrast-AF auf den kritischen Randbereich scharf stellt. Ob das immer funktioniert, konnte ich aber nicht mehr testen.


    Das Nikkor 16-85 hingegen setzt seinen Schwerpunkt mehr auf den universelleren Brennweitenbereich, der dazu noch hochwertiger abgedeckt wird als beim Sigma. So verzeichnet das Nikkor bspw. trotz seiner 16mm weniger als das Sigma bei 17mm, und weist die homogenere Schärfe über das gesamte Bild hinweg auf.
    In Sachen Makro, Lichtstärke/Freistellungsmöglichkeiten liegt es etwas hinter dem Sigma zurück, und sollte idealerweise durch zusätzliche Objektive ergänzt werden. In meinem Fall habe ich mir das AF-S 35/1.8 für AL-Fotografie sowie das Ai-S 105/2.5 für gezielte Portraits gekauft. Insgesamt hat man dann natürlich etwa das Doppelte bezahlt, ist aber auch in allen Bereichen sichtbar besser aufgestellt als mit dem Sigma.
    Wobei das 16-85 in Verbindung mit der D7000 auch keine ganz problemfreie Kombination ist, was die Belichtungszeiten +/- 1/100 Sek. betrifft, zumindest bei mir. Wenn man um das Problem weiß, kann man es aber immerhin relativ einfach umgehen.


    Letztendlich sehe ich die Entscheidung tatsächlich als Grundsatzfrage. Beides sind Allrounder mit jeweils eigenen Schwerpunkten. Das Sigma versucht Lichtstärke, Bokeh und Makro zu vereinen, bleibt in alldem aber immer eine Kompromisslösung und hat das große Problem der unscharfen Ränder im WW-Bereich. Für den Preis ist es trotzdem ein ordentliches Objektiv. Das Nikkor liefert die optisch insgesamt besseren und vor allem konstanteren Leistungen, eine Allzweckwaffe für bspw. Portrait- und AL-Fotografie ist es aber nicht.



    Bilder:


    Für Bilder, die mit dem Sigma gemacht wurden, und sowohl dessen Stärken wie auch Schwächen dokumentieren, verweise ich auf meinen Sigma-Erfahrungsbericht sowie auf den ersten Post meines D7000-Erfahrungsberichts, in welchem alle Bilder mit dem Sigma gemacht wurden.
    Aktuell kann ich hier nur noch Bilder vom Nikkor 16-85 zeigen. Alle wurden freihand in Raw aufgenommen und anschließend mit CaptureOne entwickelt. Klick auf das Bild führt zum Original in voller Größe.


    Diese "Über den Dächern..."-Serie ist bis auf etwas Nachschärfung unbearbeitet und soll die Schärfeleistung bei den verschiedenen Brennweiten aufzeigen, auch wenn die diesige Sicht hier etwas Grenzen gesetzt hat:


    16mm, f8:


    42mm, f8:


    68mm, f8:


    85mm, f8:



    Hier ein Beispiel, das zeigt, warum man manchmal um jeden zusätzlichen Millimeter Weitwinkel froh ist... :)



    Diese zwei Bilder sind mit jeweils kritischen Belichtungszeiten aufgenommen und sollen aufzeigen, wie wirkungsvoll der Stabi arbeitet. Verglichen mit den obigen Bildern sieht man aber auch, dass der Stabi doch immer einen Tacken Schärfe kostet. Hier wurden jeweils noch Schatten/Lichter angepasst und beim zweiten Bild auch etwas entrauscht:


    16mm, f8, 1/25s:


    85mm, f5.6, 1/20s:



    Und hier noch ein paar Bilder bei Offenblende:


    16mm, f3.5:


    35mm, f4.5:


    70mm, f5.6:


    85mm, f5.6:



    So, das war's... :winke:

    • Offizieller Beitrag

    Update:


    Habe im Bericht noch ein paar Bilder mit Offenblende eingefügt.


    Wie für alle Zooms gilt auch für das Nikkor 16-85, dass die äußersten Brennweiten jeweils am schlechtesten sind,
    wobei das beim 16-85 eigentlich nur für die Ränder bei Offenblende gilt.

    Erstaunlich finde ich aber die Offenblendleistung selbst bis in die äußersten Ecken bei 35mm,
    so aus dem Bauch heraus würde ich sagen, dass das 35/1.8 auch abgeblendet nicht viel besser ist. :shock::thumbup: