Zum Thema Farbmanagement hat es ja hier schon die eine oder andere Diskussion gegeben, die der Themensteller allerdings mit einem Schlusspunkt versehen hat. Da sich für mich bei dem Thema jetzt aber neue Fragen ergeben, mache ich ein neues Thema auf, dass aber an die anderen Diskussionen bitte anschließen sollte, ohne sie zu wiederholen!
Mittlerweile sind WideGamut Monitoren ja vielleicht schon etwas verbreiteter, siehe unsere EIZO Diskussion. Meine Erfahrungen bisher in Kürze:
Schritt 1: Monitor ohne Kalibrierung und Farbmanagement, d.h.: die Grafikkarte bedient sich eines Standard-Monitorprofils, das von mir nach persönlichem Gusto und Testbildern noch ein wenig variiert wurde. Dieses Profil liegt auf dem Rechner, die GK liest es und schickt das daraus errechnete Signal an den Moni. Dieser ist werksseitig ganz vernünftig eingestellt und zeigt deshalb auch ein ganz vernünftiges Bild. So weit, so gut.
Das Bild ist nicht gemanaged, d.h. andere User sehen es auf anderen Monitoren ganz anders, aber es bleibt doch im Rahmen eines "normalen" Seh-Eindrucks.
Nachteil dieser Lösung: sie verzichtet nicht nur auf Kompatibilität mit anderen Betrachtern, sondern sie nutzt die Möglichkeiten des Monitors nur zu 70% aus. Deshalb nach langem Sträuben ...
... Schritt 2: Monitor kalibriert und profiliert. An der Farbdarstellung hat sich gar nicht so viel verändert, wohl aber an der Einstellung für Helligkeit, Kontrast und Gamma! Die wurde gewaltig herunter geregelt, was erst mal zu einen etwas dunklen Bildeindruck führt. Dann aber gemerkt: der Monitor kann natürlich einzelne Teile auch sehr brilliant darstellen, aber er strahlt nicht von vornherein in allen Teilen. Außerdem kann er pro Bildpunkt nicht nur 256 Helligkeitsstufen darstellen, sondern 1024 (10-bit). Das macht ca. 1-2 Belichtungsstufen aus. Dadurch entsteht - bei gutem Ausgangsmaterial und verwendetem Farbprofil aus der Kamera - ein deutlich kontrastreicheres, brillianteres und trotzdem sehr natürliches Bild mit enormer Farbdifferenzierung. Wirklich ein Unterschied wie Tag und Nacht. (Warum konnte mir diesen Effekt eigentlich vorher niemand schildern, gefragt hatte ich ja mehrfach?) Fazit: auch für die eigene Insel eine deutliche Verbesserung, mehr Spaß am Betrachten der eigenen Bilder!
Frage 1: wären 90% dieser Verbesserung auch möglich gewesen, indem man einen Normal-Monitor entsprechend profiliert hätte? Dadurch werden aus 8Bit keine 10Bit, aber eine bessere Spreizung zwischen den hellsten und dunkleren Bildteilen müsste doch auch da erreichbar sein, oder?
Damit handelt man sich dann aber auch die Probleme ein, die hier schon - teilweise in anderer Form - aufgetaucht sind: Werden Dateien, die den erweiterten Farbraum quasi "beinhalten", ohne Farbprofil gelesen, dann werden sie vom Wide-Gamut-Monitor falsch interpretiert (insbesondere die Spitzwerte um die 255 herum) und führen zu den berüchtigten Bonbon-Farben. Das passiert immer dann, wenn z.B. von der Kamera kein Profil mitkommt oder wenn die Software das Profil nicht (korrekt) verwertet.
Mein Workflow ist nun so eingestellt, dass die Cam ein RAW mit sRGB Profil anliefert (sRGB ist standardmäßig vorbelegt - "kein Profil" kann man gar nicht auswählen). Lightroom u.a. verstehen das Profil, arbeiten intern mit einem eigenen Arbeitsprofil, und das entwickelte Bild wird mit sRGB in JPG exportiert. Eine Grafikkarte kann das wiederum lesen und mit Hilfe des hinterlegten Monitorprofils so umrechnen, dass der Monitor die Farben richtig darstellt.
Nun die Fragen:
2) Wenn ich mir so eine Datei auf einem normalen Monitor ansehe, ggfs. sogar mit einer nicht FM-fähigen Software (Faststone z.B.): sehe ich dann die Bonbon-Farben, oder rechnet der Normal-Monitor die ankommende Information mit Hilfe seines Standard-Profils wieder auf eine normale Darstellung um? Feststellung: Wenn ich solche Dateien inkl. Profil z.B. auf flickr lade, bekomme ich die Ergebnisse auf meinem Wide-Monitor und mit meinem FM-fähigen Browser wieder richtig angezeigt. Aber die gleichen Bilder auf der Flickr-Seite auf meinem alten, nicht gemanageten, Monitor werden kreischbunt gezeigt, während die Flickr-Anbieter Elemente normal erscheinen.
--> Heißt das, dass alle User, die kein FM betreiben oder ihren Browser noch nicht auf FM konfiguriert haben, meine Bilder ab jetzt kreischbunt zu sehen bekommen !?!?
3) Wie kann ich eine Datei so aufbereiten, dass Nutzer eines Normal-Monitors das Bild zwar nicht in voller Wide-Gamut Schönheit, aber doch einigermaßen natürlich zu Gesicht bekommen? Muss ich dazu die "Bonbon"-Datei erst wieder auf Nicht-Wide-Gamut-Werte zurückschrauben, also letztlich flauer und dunkler machen?
4) Das sRGB Profil nutzt ja auch nur den alten "standard"-RGB Farbraum. Erst AdobeRGB u.a. nutzen wirklich den erweiterten Farbraum. Warum sehe ich dann zwischen sRGB und AdobeRGB überhaupt keinen Unterschied, auch wenn ich den kompletten Workflow von der Cam bis zum Monitor anpasse? Eigentlich müsste ich doch schon in LR sehen können, ob das Bild von der Cam im kleinen sRGB oder im größeren AdobeRGB angeliefert wurde, oder?
Wenn mir da noch jemand von Euch etwas Light in den Room bringen könnte, wäre ich echt dankbar.
Gruß
Sven