Augenblick im Orient

  • Noch einmal ein Foto aus dem Orient. Mir geht dazu viel durch den Kopf, ich lasse es aber einstweilen mal unkommentiert und würde mich sehr freuen, wenn Ihr mir rückmeldet, wie das Foto auf Euch wirkt. Mir geht es weniger um technische Hinweise wie "der Horizont ist schief", sondern mehr die Frage, ob Euch das Bild in irgendeiner Weise erreicht oder nicht.

  • Ein "Phantom der muslimischen Weiblichkeit"?


    Das denke ich jedes Mal bei solchen Bildern. Das "Phantom", durchaus im bildhaften Sinne gemeint, wirkt durch die langen Gewänder tatsächlich (auf mich) fast gespenstisch. Wenn man dann noch den Eindruck bekommt - berechtigt oder unberechtigt spielt hierbei keine Rolle - dass die Personen, ich nenne es mal "ungesehen" bleiben wollen und nur so durch die Straßen huschen, entsteht bei mir immer diese Allusion.


    Ich habe auch ein paar solcher Bilder, und andersweitig habe ich ähnliche auch schon gesehen. Ob nun dieser Eindruck nur bei mir entsteht oder auch eine gewisse Realität dahintersteckt, sei dahingestellt. Eine weitere Wertung würde ich nicht abgeben, und in einem Fotoforum schon gar nicht.


    Ein Satz als Bildkritik an sich: Die Person ist zu mittig. Wenn sie im li. Bilddrittel wäre (oder auch im Gegenteil ein wenig weiter rechts), hätte die Aufnahme mehr Dynamik.


    P.S.:

    Schau mal, da geht doch sogar noch etwas in einem klassischen 3:2 Format...

    lg, Achim

    (Von mir eingestellte Bilder dürfen grundsätzlich bearbeitet und bei DFT gezeigt werden.)

  • ... wenn Ihr mir rückmeldet, wie das Foto auf Euch wirkt.

    ... ob Euch das Bild in irgendeiner Weise erreicht oder nicht.

    Mein erster Gedanke war: tolles Licht (ist schon beeindruckend, dass sich eine Szene in dunkler Umgebung mit entsprechend großem Dynamikumfang und dunkel gekleideter Person in Bewegung scharf abbilden läßt).


    Mein zweiter Gedanke war: das schöne Gebäude ist mir persönlich zu knapp abgelichtet (z.B. links der Rand und oben der abgeschnittene Turm. Auch hätte es mir noch besser gefallen, wenn die Spiegelung von dem Lichtwürfel (unten links im Bild) noch mit drauf gewesen wäre.)


    Bei der Person hätte ich mir etwas mehr Dynamik gewünscht (also etwas Bewegungsunschärfe) und auch eine stärkere Konzentration (z.B. im Spiel mit der Schärfentiefe).


    Das Blau der Kuppeln geht mir zu sehr unter.



    Ich weiß, meine Kritikpunkte ignorieren gnadenlos die Frage der Umsetzbarkeit vor Ort. Auch kenne ich nicht Deine ganz persönliche Zielsetzung bei diesem Motiv. Die Idee finde ich super, für das Gebäude gibt es unzählige weitere Möglichkeiten, es in jedweder Weise in Szene zu setzen (was Du sicherlich auch gemacht haben wirst), hier aber hätte ich versucht, die Person mehr hervorzuheben ... ;)



    Um das auch mal bildhaft zu demonstrieren (Vorschaubild):

    • Schärfentiefe auf den Bereich der Person deutlich verringert (Bokeh)
    • Den linken Bereich des Gebäudes abgedunkelt
    • Blaue Farbe verstärkt
    • Die Person dynamischer gestaltet (Bewegungsunschärfe)



    Mit liebem Gruß

    Frank

    Der Augenblick ist jenes Zweideutige, darin Zeit und Ewigkeit einander berühren. Kierkegaard

  • Hmm, zwei schöne Linien in die Tiefe (leuchtende Bögen und leuchtende Kuben) - aber beide sind durch die Person im Vordergrund unterbrochen, das schadet gerade der Linie mit den Leuchtkuben, die Wirkung geht irgendwie verloren. Und das Ende der Linien führt weder in die "Unendlichkeit" noch zu einem spektakulären Hingucker, da sind nur zwei (hässliche) Strahler und ein paar nichtssagende Gebäude.


    Natürlich ist die Person ein Hingucker, löst sich aus den strengen architektonischen Linien heraus, bricht diese auf und bildet einen Kontrapunkt. Aber da diese Linien eben nicht nur Dokumentation der Architektur sind, sondern gleichzeitig auch die Blickführung übernehmen, ist die Person ein Störfaktor. Da finde ich Franks Ansatz mit einer mehr geisterhaft verwischten Erscheinung schon passender.


    Und dann ist da noch ein weiterer kleiner Störfaktor. Schaue ich zum linken Bildrand, sehe ich durch den zweiten und dritten Bogen von links in das Gebäude hinein, die Säulen dort sind aus Sicht der Kamera hintereinander angeordnet, bilden zusammen mit den Deckelnkuppeln wieder eine Flucht, die den Blick leitet, nun aber nicht in die Tiefe des Bildes sondern eben in das Gebäude hinein. Die im Hintergrund diese Flucht abschließende Tür bzw. das Fenster sind zwar in ihrer Machart wunderschön, aber zu klein um einen echten Hingucker herzugeben. Und dadurch irritiert der Blick zum linken Rand - welcher Linie soll er nun folgen? In die Tiefe oder in das Gebäude hinein?

    Gruß
    Peter


    [ô]  PENTAX K-1 / PENTAX K-3 / PENTAX K-30 - Objektive siehe Profil

  • Danke Euch für die ausführliche Auseinandersetzung mit dem Bild. :danke:

    Ein Satz als Bildkritik an sich: Die Person ist zu mittig. Wenn sie im li. Bilddrittel wäre (oder auch im Gegenteil ein wenig weiter rechts), hätte die Aufnahme mehr Dynamik ... da geht doch sogar noch etwas in einem klassischen 3:2 Format...

    Hm, ich schätze Deine Meinung, aber ich kann sie in diesem Fall nicht ganz nachvollziehen. Die Person im linken Bilddrittel zu platzieren, hätte m.M.n. die Komposition erheblich gestört, dann schaut man nur noch den Weg entlang und ignoriert das Gebäude. Und 3:2 - nun, Geschmackssache, wie immer, aber dieses Format und ich, wir werden wohl keine Freunde werden (ich habe schon früher Dias mit schwarzer Pappe oben / unten abgedeckt, um aus dieser Zwangsjacke rauszukommen). Aber bitte nicht abwertend verstehen, ich will da niemanden missionieren. Nur meins ist es halt nicht.

    das schöne Gebäude ist mir persönlich zu knapp abgelichtet (z.B. links der Rand und oben der abgeschnittene Turm. Auch hätte es mir noch besser gefallen, wenn die Spiegelung von dem Lichtwürfel (unten links im Bild) noch mit drauf gewesen wäre.)

    Ja, das verstehe ich. Was sich links an den Bogengang anschließt, passte allerdings nicht wirklich ins Bild, und den Turm habe ich nur mit einem 7mm SWW überhaupt mit auf's Bild bekommen. Deshalb gibt es Bilder, wo ich das Gebäude in seiner Gesamtwirkung versuche darzustellen (siehe z.B. hier), und andere, wo es mehr um Teilaspekte geht. Trotzdem hast Du vom Standpunkt eines unbedarften Betrachters recht.

    Um das auch mal bildhaft zu demonstrieren (Vorschaubild):

    In Deiner Variante verschmilzt mir die Person zu sehr mit dem Hintergrund, ist mir persönlich auch zu dunkel. Mehr Bewegungsunschärfe wäre allerdings eine Option gewesen. Mehr Tiefen(un-)schärfe - tja, das Leid des mfT Knipsers, da stehen mir leider nicht die Möglichkeiten eines Vollformats zur Verfügung.

    Das Blau der Kuppeln geht mir zu sehr unter.

    Das gefällt mir sehr gut!:daumenhoch: Hast Du das über den Blaukanal gemacht, oder selektiv rausgepinselt?


    Und dann ist da noch ein weiterer kleiner Störfaktor ...

    Das ist eine interessante Analyse. Wäre mir von allein nie aufgefallen. Du magst recht haben, diese zusätzlichen Fluchtpunkte könnten "distracting" sein.


    entsteht bei mir immer diese Allusion ... Ob nun dieser Eindruck nur bei mir entsteht oder auch eine gewisse Realität dahintersteckt, sei dahingestellt.

    Danke jedenfalls auch für diese Reflexion - genau nach solch subjektiven Assoziationen hatte ich ja gefragt. Und tatsächlich sprichst Du damit Aspekte an, die mich zu diesem Bild veranlasst haben. Für mich sind Burka, Abaya, Tschador u.a. Kleidungsformen nach vielen Besuchen in arabischen Ländern nicht mehr so stark wertungsbesetzt wie anfangs. Aber für mich spiegeln sich in diesem Bild viel Licht und Schatten, Schönheit und Bedrohliches, die Frage, wohin sich diese Religion und die ganze Kultur drumherum entwickeln werden? Führt der Weg ins Dunkle, oder orientiert er sich eher an Lichtern? Wie geht man mit den Gegensätzen um, u.v.m..


    Das zu diskutieren, ist hier nicht der richtige Ort. Ich wollte nur mal darstellen, was mich bei so einer Aufnahme an Gedanken und Eindrücken bewegt - selbst wenn ich manches davon nicht oder erst später in Worte fassen kann. Doch solche oft widersprüchliche oder unklare Empfindungen in Bilder umsetzen zu können, macht für mich die Faszination dieses Hobbies aus.

  • In Deiner Variante verschmilzt mir die Person zu sehr mit dem Hintergrund, ist mir persönlich auch zu dunkel.

    Meine Idee war, den Hintergrund so abzudunkeln, dass das Auge mehr auf die Person fokussiert und weniger darauf, wohin der Weg führen mag. In Kombination mit der verwehten Kleidung vielleicht ein wenig geheimnisvoll im Sinne von 1000 und eine Nacht. :smile:

    Das gefällt mir sehr gut! :daumenhoch: Hast Du das über den Blaukanal gemacht, oder selektiv rausgepinselt?

    Das habe ich mit einem Ebenenmischmodus gemacht (PS Elements), vorhandene Farbe als Ebene "Farbfläche" im Modus "farbig abwedeln", darüber eine Schnittebene(!) "Farbton/Sättigung" mit den Werten +20 (Farbton), +60 (Sättigung), +15 (Helligkeit). Das ergibt dann dieses Blau, den betreffenden Bereich habe ich entsprechend maskiert.





    Mit liebem Gruß

    Frank

    Der Augenblick ist jenes Zweideutige, darin Zeit und Ewigkeit einander berühren. Kierkegaard