In dem D750-Thread hatte ich ja schon geschrieben, dass ich momentan die beiden Objektive Tokina 28-70/2.6-2.8 und das Nikkor 24-120/4 bei mir habe und ein wenig vergleichen konnte.
Vorab kurz ein paar Worte dazu, wie es gerade zu diesen beiden Objektiven kam: Mir schwebte zunächst eigentlich der Kauf des Tamron 24-70/2.8 VC vor, jedoch war ich mir wegen des knappen Brennweitenbereichs unsicher, ob das wirklich die richtige Entscheidung wäre. Um diesen Bereich mal in der Praxis auszutesten und weil ich für solides Altglas sowieso schnell zu begeistern bin, kaufte ich mir kurzerhand ein gut erhaltenes Tokina 28-70/2.6-2.8 ATX Pro II, das aufgrund der von Tokina übernommenen Angénieux-Rechnung ja bis heute einen sehr guten Ruf genießt. An das 24-120er bestanden von Anfang an eher zurückhaltende Erwartungen, ist es doch allgemein recht umstritten und fährt bei Tests auch nicht gerade Bestnoten ein. Aber im Kit mit der D750 wird es von Nikon momentan subventioniert, daher war es einen Versuch wert, dachte ich mir.
Schon mal vorab: Der gute Ruf des Tokinas ist nicht unberechtigt, dennoch muss es leider gehen. Und das Nikkor ist besser als sein Ruf, ohne aber wirklich begeistern zu können.
Leider spielte das Wetter die letzten Wochen nicht wirklich mit. Wegen des grauen und trüben Wetters habe ich bei den gezeigten Bildern die Belichtung um 1EV nach oben korrigiert, um genug Zeichnung in dem Geäst zu erhalten. Die Aufnahmen sind als Serie vom Stativ mit Fernauslöser und Spiegelvorauslösung entstanden und kommen absolut unbearbeitet aus LR, also keinerlei Schärfung, Objektiv-Korrekturen, etc. Testbilder halt. Als Vergleichsbild zur Schärfebeurteilung erschien mir bei einem Spaziergang am Altrhein dieses Motiv recht passend, da es viele feine Details bis an den Rand enthält:
Zunächst mal zum WW-Bereich, weil der erfahrungsgemäß bei Altglas immer am kritischsten ist: Das Tokina zeigt bei 28mm schon bei Offenblende eine sehr gute Schärfe im Zentrum, die zum Rand aber deutlich abfällt. Die Ecken zeigen außerdem ziemlich starke Vignettierung und deutliche CAs. Insgesamt kann das das Nikkor bei Offenblende besser. Das Bild kehrt sich jedoch um, je weiter man abblendet. Bei Blende 8 lässt das Tokina dann vom Zentrum bis zum Bildrand das Nikkor komplett alt aussehen, hier die 100%-Crops:
Da war ich wirklich sehr erstaunt, ich hätte nie gedacht, dass eine so alte Rechnung im WW-Bereich an einem 24MP FX-Sensor noch bis zum Rand derart gut performt, daher auch der Titel, Respekt kann ich da nur sagen!
Ein ähnliches Bild ergibt sich eigentlich durch den kompletten Brennweitenverlauf des Tokinas hindurch. Offen ist es im Zentrum ähnlich scharf wie das Nikkor, wogegen am Rand das Nikkor zu jeder Brennweite schon bei Blende 4 besser als das Tokina ist. Abgeblendet dreht sich das Bild wieder und das Tokina lässt das Nikkor geradezu alt aussehen.
Hier die komplette Serie mit Links zu den Bildern in voller Größe, die Nikkor-Bilder habe ich jeweils noch ergänzt mit dessen jeweiligen Extrem-Brennweiten 24/120mm:
Tokina:
28mm/f2.8
28mm/f4
28mm/f5.6
28mm/f8
70mm/f2.8
70mm/f4
70mm/f5.6
70mm/f8
Abgesehen von dieser Testreihe habe ich mit beiden Objektiven auch noch einige Portraits von meinem Töchterchen gemacht, die ich hier aber nicht zeigen möchte. Nur soviel: Das Tokina erzeugt bei Offenblende mit dem scharfen Zentrum bei gleichzeitig deutlicher Randunschärfe und Kontrastarmut irgendwie einen ganz eigenen Look, den man durchaus mögen kann. In einem gewissen anderen Thread würde man das wohl "Charakter" nennen...
Das Nikkor macht sich aber auch nicht schlecht, das Bokeh ist für ein Zoom bspw. sehr ordentlich für meine Begriffe. Hier werde ich bei Gelegenheit mal noch ein paar Bilder nachreichen.
Warum muss nun das Tokina gehen?
Weil das Nikkor einfach der bessere Allrounder ist. Die Schärfe erreicht zwar nicht das Niveau des abgeblendeten Tokinas, aber ist trotzdem auf einem guten Level und der Schärfeverlauf ist insgesamt wesentlich homogener. Das kommt einem gerade bei der Nachbearbeitung sehr entgegen.
Zum anderen ist der AF des Tokinas zwar sehr präzise und lag nie daneben, aber dafür ist er im Vergleich zum Nikkor recht langsam, das erschwert den ein oder anderen Schnappschuss merklich. Der AF-S des Nikkors ist tatsächlich um Welten schneller, ohne dass es ihm an Präzsision mangelt. Auch der VR ist eine feine Sache, die Kombi mit der D750 funktioniert gefühlt besser als das Nikkor 16-85 an der D7000. Dort hatte ich bei bestimmten Brennweiten/Zeiten-Kombinationen immer die Gefahr leichter Verwackler durch den Verschluss/Spiegelschlag der D7000. Das hatte ich bei der D750 mit dem 24-120er jetzt noch kein einziges mal, obwohl ich gerade auch die in der Hinsicht sensiblen Zeiten getestet habe. Und dann ist da natürlich noch der insgesamt umfangreichere Brennweitenumfang der in beide Richtungen doch sehr spürbar ist. Das Tamron 24-70 ist für mich damit wohl ebenfalls vom Tisch...
Sehr schade ist es um die herausragende Haptik des Tokinas. Ich hatte noch nie ein so wertig verarbeitetes Objektiv in der Hand. Sehr gut ist dabei auch, dass beim Zoomen kein Tubus ausfährt. Trotzdem, das Nikkor ist mir insgesamt einfach lieber. Und für perfekte Qualität kommt man um gute Festbrennweiten sowieso nicht rum, daher sehe ich die Schwächen des 24-120er auch als Ansporn, öfter mal das 85/1.8 AF-S zu montieren und werde mein Objektivpark in nächster Zeit wohl auch hauptsächlich um ein paar gute FBs erweitern...
Ob das 24-120 event. gegen ein Sigma 24-105/4 Art ausgetauscht wird oder vielleicht nochmal das ein oder andere Altglas (Tamron 24-135, Nikkor 28-105 AF-D, 35-105 AF-D wären meine nächsten Wunschkandidaten) ran darf, weiß ich momentan noch nicht. Irgendwie bin ich mit dem Nikkor 24-120 sogar recht zufrieden...