Beugung, Auswirkung der Blende auf Schärfe und Schärfentiefe

  • Beugung nennt man den Effekt, daß ab einer gewissen Blende zwar die Tiefenschärfe wie erwartet sich vergrößert, die allgemeine Schärfe dafür aber wieder sinkt. Die wissenschafftlichen Erklärungen dafür kann man sich bei wikipedia oder anderswo zusammegoogeln, ich beschränke mich auf eine praktische Demonstration ohne schwergewichtigen Formelkram, auf das was man im Endeffekt sehen kann.


    Laut diversen Publikationen im Web beginnt der Effekt der Beugung bei sog. Vollformat Kameras (24*36mm) ab Blende 16 aufzutreten, bei APS-C Kameras (um 22*15mm) ab Blende 11/13 und bei Mittelformat (60*60mm) ab Blende 24. Für jeden leicht zu erkennen, je kleiner die Sensor/Filmfläche ist, desto früher setzt dieser Effekt ein. Bei Kompaktkameras mit ihren deutlich kleineren Sensorabmessungen kann das schnell zu einem echten Problem werden.


    Im normalen fotografischen Alltag wird man mit dem Problem der Beugung eher selten konfrontiert. Die Situationen in der man diese Blendeneinstellungen benötigen würde, bei der dieser (unvermeidbare) Effekt auftritt, sind zu selten. Bei Architektur und Landschaftsaufnahmen benutzt man meist kurze Brennweiten, da geht der Tiefenschärfebereich schon bei Blendeneinstellungen unterhalb der Beugungsgrenze vom Nahbereich bis Unendlich. (Ein Umstand der bei modernen Autofokusobjektiven leider nicht adäquat umgesetzt wird, aber das ist jetzt nicht das Thema). Die häufigsten Einsatzzwecke eines Teles sind wiederum Themen in denen es nicht auf eine sehr große Tiefenschärfe ankommt und bei kleinen Blendenöffnungen (große Blendenzahl) bekommt man meist schnell Probleme mit dem zur Verfügung stehenden Licht die schwerwiegender sind als irgendwelche Beugungseffekte.


    Ein wirklich ernsthaftes Problem aber hat man im Bereich der Makrofotografie, spätestens bei einem Abbildungsmaßstab von 1:2 oder kleiner. Der Tiefenschärfebereich erstreckt sich nur noch über wenige Millimeter und man kämpft um jeden Millimeter mehr ... bis halt die Beugung zuschlägt. Aber wie sieht das nun in der Praxis aus, oder wie mein Seelenklempner immer sagte "was macht das mit mir?". Es ist ja nicht so, daß man bei Blende 13 ein knackscharfes Bild hat, daß dann bei Blende 16 im flauen Nebel der Unschärfe verschwimmt. Genug der Worte, schauen wir es uns einfach in der Praxis an, zuerstmal 2 Bilder die noch aus meinem Bericht zum Raynox-250 "übriggeblieben" sind:


    1600*1200 Crop, 20D + 100mm Apo-Makro/DCR-250 bei Blende 11:

    1600*1200 Crop, 20D + 100mm Apo-Makro/DCR-250 bei Blende 22:


    Schau an, schau an. Man kann sehen, daß beim 2ten Bild der Tiefenschärfebereich ein bißchen größer ist, andererseits die Gesamtschärfe im Fokusbereich gesunken ist. Beide Bilder sind gleich "entwickelt" worden, bei beiden Bildern sind auch noch Reserven hinsichtlich Nachschärfen vorhanden. So schlimm ist das also eigentlich gar nicht. Je nach Verwendungszweck (Größe der Ausbelichtung) des Bildes kann sogar das 2te Bild, dank größerer Tiefenschärfe, gefälliger sein.
    Aber schauen wir mal weiter, diesmal mit der für Makro eher unüblichen (unüblich bedeutet nicht untauglich) Kombination 17-85 is usm mit dem Raynox DCR-250, mit der immerhin ein Abbildungsmaßstab von 1:1,5 möglich ist. Das Blümchen um das es hier geht hat gerade mal einen Durchmesser von knapp einem Zentimeter


    1500*1200 Crop, 20D + 17-85 is usm Blende 14:

    1500*1200 Crop, 20D + 17-85 is usm Blende 18:

    1500*1200 Crop, 20D + 17-85 is usm Blende 32:


    Wie man unschwer erkennen kann, die Schärfeleistung ist ganz akzeptabel bei Blende 14 und auch Blende 18 erscheint im Vergleich dazu noch gut nutzbar und endlich, bei maximal geschlossener Blende (mehr als F:32 geht bei dem Objektiv nicht) ist der Effekt der Beugung zu sehen. Die Schärfe ist soweit gesunken, daß man von einer Steigerung der Tiefenschärfe nichts mehr hat.
    Mein persönliches Fazit : In der Praxis alles nicht so dramatisch. In Zusammenhang mit dem Auflösungsvermögen (Schärfe) der benutzten Objektives und dem geplanten Einsatzzweck können die Auswirkungen der Beugung bis Blende 22 noch tolerierbar sein.



    Die Bilder sind nur rudimentär bearbeitet (Belichtungskorrektur/Weissabgleich) durch den gleichen Batch genudelt worden, es ging mir ja primär darum Beugungseffekte sichbar zu machen. Eine mögliche Bearbeitung von dem Blende F:14 Bild könnte vielleicht so aussehen:


    Sony α7r III / SEL24105G & Canon EF via Metabones V und Altglas

    In der Natur gibt es weder Belohnungen noch Strafen.

    Es gibt Folgen.

  • ich bin am Überlegen, so für den Sommer, das Thema nochmal für Vollformat aufzubereiten, da sind die Konsequenzen drastischer; vielleicht mit der Erweiterung (oder als zusätzliches Thema) Freistellung.

    Sony α7r III / SEL24105G & Canon EF via Metabones V und Altglas

    In der Natur gibt es weder Belohnungen noch Strafen.

    Es gibt Folgen.

  • Zitat von "mol"

    Mein persönliches Fazit : In der Praxis alles nicht so dramatisch. In Zusammenhang mit dem Auflösungsvermögen (Schärfe) der benutzten Objektives und dem geplanten Einsatzzweck können die Auswirkungen der Beugung bis Blende 22 noch tolerierbar sein.


    Wie Du allerdings zu Beginn schon geschrieben hast, sieht das bei Kompaktkameras etwas drastischer aus. Die Kombination von kleinen Sensoren und hohen Auflösungen lässt hier teilweise schon Beugungseffekte ab Blende 6,3 sichtbar werden. (Allerdings ist da dann die Schärfentiefe von Haus aus größer.)
    Das führt dazu, dass die angegebenen Auflösungen schon von der Physik her nicht transportiert werden können. Da bringen 16MPixel nix, wenn durch die Beugung doch nur 6-8MPixel rüberkommen.