Erklärt mir nochmal jemand die äquivalente Blende?

    • Offizieller Beitrag

    In aller Kürze: ich verstehe und weiß, das ein 50mm Objektiv mit Blende 2.0 an einem Micro-Four-Thirds Anschluss eine Bildwirkung erzeugt wie ein 100 mm/f 4.0. Aber warum ist das so? Wenn ich in einem Simulator eingebe, dass das selbe Objektiv mit derselben Blende einmal an einem Kleinbildsensor und einmal an einem Sensor mit Crop 2 verwendet wird, dann stelle ich fest, dass der Schärfebereich am Kleinbildsensor bei gleichbleibendem Abstand zum Motiv (hier: z.B 2m) angeblich z.b. 20 cm tief ist und am kleineren Sensor nur noch 10 cm tief. Dass also im Ausschnitt des Bildes ein kleinerer Bereich scharf sein soll als im gesamten Bild.


    Dass das selbe Objektiv mit der selben Blende, dem selben Motivabstand und dem selben Abstand zur Projektionsebene an Kleinbild einen anderen Schärfeeindruck liefert als an einem kleineren Sensor, das macht mich regelmäßig fast verrückt.


    Physikalisch ist die Abbildung identisch. Jede idealisierte punktförmige Lichtquelle im Raum hat auf der der anderen Seite der Linse genau einen Brennpunkt. Da dieser Brennpunkt nicht notwendigerweise auf der Bildebene liegt, wird ein Punkt dort als Scheibe abgebildet. Der Durchmesser der Scheibe variiert, je nachdem, wie weit der Brennpunkt eines 'Lichtstrahls' vom Sensor entfernt ist. Wenn der Brennpunkt genau auf der Bildebene liegt, ist er wieder ein idealisierter Punkt, dort ist das Bild am schärfsten. Alles das ändert sich nicht mit der Sensorgröße. Es ändert sich erst mit der Betrachtung des Bildes. Für die Betrachtung 'normiere' ich das Bild wieder. Aber dieser Mechanismus ist mir nicht vollständig klar, ich kenne nur das Ergebnis.

  • Dass das selbe Objektiv mit der selben Blende, dem selben Motivabstand und dem selben Abstand zur Projektionsebene an Kleinbild einen anderen Schärfeeindruck liefert als an einem kleineren Sensor, das macht mich regelmäßig fast verrückt.

    Scharf heißt, dass ein Detail, also etwa ein Punkt, auch als Punkt dargestellt wird. Wenn der Punkt nicht Punkt ist, sondern Fläche, dann ist es nicht mehr scharf. Nun gibt es nicht nur scharf und unscharf, sondern alle Graustufen dazwischen. Ab einem gewissen Grad an Unschärfe definiert nun der Schärferechner, ist das nicht mehr scharf (wie er das definiert, ist unterschiedlich - für Pixelpeepen bei 100% ist der Schärfebereich kleiner als für Drucken auf 9x13).

    Wenn du nun aus der Mitte des großen Sensors eine Fläche mit kleinerer Seitenlänge herausschneidest und wieder auf gleiche Größe vergrößerst, dann ist die gleiche Unschärfe mit vergrößert worden. Die Unschärfe ist gleich, aber da du sie mit einem kleineren Blickwinkel betrachtest, erscheint sie dir größer und du erreichst früher den Grad an Unschärfe, ab welcher das Detail nicht mehr scharf genug ist. Auf dem Bild mit größerem Sensor und damit größerem Blickwinkel ist mehr drauf und alles kleiner.

    • Offizieller Beitrag

    Stefan, was verstehst du unter "Für die Betrachtung 'normiere' ich das Bild wieder." ?


    Ich sehe den Sachverhalt so:

    Wenn du das Kleinbild-Bild beschneidest auf den Teil, der auf dem FT-Sensor abgebildet wird, und beide in gleicher Größe betrachtest, dann sollte der Schärfeeindruck identisch sein, denn in beiden Fällen ist der Motivinhalt identisch und die Zerstreuungskreise sind gleich groß. In diesem Fall hast du aber durch den Beschnitt aus dem Kleinbildsensor einen FT-Sensor gemacht und die Bildwirkung entspricht einem Bild mit doppelter Brennweite.

    Schärfe/Unschärfe wird vom Auge des Betrachters beurteilt, und landläufig wird als Kriterium 1/1500 der Bilddiagonalen verwendet. Bei doppelter Bilddiagonale erscheint ein Bild schärfer. Denn wir müssen das Bild dann auch doppelt so weit vom Auge entfernen, um es ganz betrachten zu können.

    • Offizieller Beitrag

    bertram Mit 'normieren' meine ich so ziemlich genau das, was Du beschreibst. Ich bringe die Bilder auf identische Betrachtungsgrößen und begebe mich in einen einheitlichen Betrachtungsabstand. Streng genommen bringe ich die Bilder sogar auf eine einheitliche Pixelzahl (nämlich die Bildschirmauflösung oder das Druckraster).

  • Ich kenne jetzt nicht die Simulatoren, die du verwendet hast. Aber verständlich ist mir das mit der "äquivalenten Blende" mal bei folgender Anschauung geworden:

    man knipst mit 50mm an Kleinbild beispielweise einen Menschen formatfüllend und macht das in einem Abstand von, sagen wir mal, drei Metern. Um den gleichen Menschen formatfüllend mit dem gleichen Objektiv an Micro-Four-Thirds formatfüllend abzulichten, muss man weiter weg gehen, sagen wir mal, sechs Meter. Genau das macht dann den Unterschied: Die geringere Entfernung zum Motiv bei Kleinbild bewirkt geringere Schärfentiefe.

    • Offizieller Beitrag

    Das ist aber ein anderer Effekt. Mir ging es ja tatsächlich drum: gleiches Objektiv, gleiche Blende, gleicher Standort zum Motiv aber einmal mit dem KB-Sensor (z.B. Halbportrait mit Brustbereich) und einmal mit mFT (da bliebe dann z.B ein reines Kopfportrait übrig).


    Bertram und Flash haben es eigentlich perfekt erklärt. Wenn ich das Bild aus der KB-Kamera betrachte, habe ich z.B den Eindruck, dass ein Bereich von 40 cm Tiefe im Bild scharf ist. Wenn ich aber das Bild aus der mFT betrachte oder sogar den entsprechenden Ausschnitt aus dem KB-Foto (!!!), dann wirkt das plötzlich so, als wäre in diesem Bild nur ein Bereich von z.B. 20 cm im Bild scharf. Klingt verrückt, bis man sich überlegt, dass man den kleinen Ausschnitt für die vergleichende Betrachtung ja auf die gleiche Größe vergrößert wie das Bild vom KB-Sensor. Jetzt kommt es nur noch auf die Grenzen des menschlichen Körpers an. Da kommen nämlich das Eintausendfünfhundertstel der Bilddiagonale her:


    Der Mensch kann Details nur unterscheiden, wenn sie mehr als 2 Bogenminuten auseinander liegen. Gleichzeitig ist das Sehfeld etwa 3000 Bogenminuten große. Aus diesen zwei Zahlen kommt man zum Maß von 1/1500 der Bilddiagonale als Grenzwert dessen, was im Bild noch scharf erscheint.


    Ihr habt mir alle miteinander sehr geholfen!

    • Offizieller Beitrag

    Auch wenn die Frage selbst schon beantwortet ist, will ich in dem Zusammenhang noch folgende Videos empfehlen:


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    Insbesondere das erste Video über die Definition der Blende hat bei mir damals einen echten Aha-Effekt ausgelöst und ich bin sicher, dass es selbst manchem alten Hasen hier ähnlich gehen dürfte... :smile::winke:

  • Ich nehme zur Kenntnis daß es tatsächlich Leute gibt die auf diese Art und Weise verstehen.

    Ich bin bereits nach zwei Minuten raus wenn ich das hier als Ergebnis sehe:



    A steht seit meiner Lehrzeit für aperture was auf Deutsch Öffnung bedeutet. Oder Blende s.u.



    Das ist ein englischer Begriff. Dann gibt es die französische Vokabel l´aperture die so ähnlich ausgesprochen wird wie im Video.



    Auch hier: Öffnung.

    • Offizieller Beitrag

    https://www.duden.de/suchen/dudenonline/Apertur


    Im Deutschen gibt es eine Menge Lehnwörter. Ein Reichtum, kein Mangel.

    • Offizieller Beitrag

    A steht seit meiner Lehrzeit für aperture was auf Deutsch Öffnung bedeutet. Oder Blende s.u.

    Dachte ich früher auch, ist aber nicht dasselbe. Daher lohnt es sich tatsächlich, bis zum Schluss durchzuhalten, auch wenn es zugegebenermaßen ziemlicher Nerd-Talk ist. Aber viele Zusammenhänge erschließen sich tatsächlich erst durch das Verständnis des Unterschieds dieser zwei Begriffe...

  • Ja Nerd-Talk trifft es wahrscheinlich am besten. Wie gesagt, akzeptiert - wir hatten das Thema an anderer Stelle bereits.


    Mir liegt nur daran verstanden zu werden in meiner Aussage. Es ändert sich nichts an der Konvention einer Verwendung von Begriffen dadurch daß zwei Nerds eine andere Bedeutung dafür erfinden und ein Video veröffentlichen. Um Lehnworte geht es nicht. Apertür (gesprochen im Video) existiert bislang nicht. Apertur

    (geschrieben) hat eine andere Bedeutung s. Dudenlink.


    Warum das wichtig ist? Weil heute so schnell so viel im Netz ohne Prüfung Verbreitung erfährt.


    Gern zurück zum Thema von mir aus. Bis #4 war ich gut dabei ;)

    • Offizieller Beitrag

    Es ändert sich nichts an der Konvention einer Verwendung von Begriffen dadurch daß zwei Nerds eine andere Bedeutung dafür erfinden und ein Video veröffentlichen. Um Lehnworte geht es nicht. Apertür (gesprochen im Video) existiert bislang nicht. Apertur

    (geschrieben) hat eine andere Bedeutung s. Dudenlink.

    Da liegst du leider daneben. Nur weil der Duden einen fachlich sehr speziellen Wortschatz verallgemeinert definiert, heißt das nicht, dass diese Deutung das Maß der Dinge ist. (Wenn ich im Duden nach Begriffen aus meinem Berufsleben suche, kann ich da auch nur den Kopf schütteln...)


    Die Unterscheidung von Blende und Apertur existiert durchaus und ist keine Wort-Erfindung zweier Nerds. Erst mit dieser Differenzierung werden manche Zusammenhänge im Bereich der Optik überhaupt verständlich. Und schau dir mal die Referenzen des Herrn Uschold an. Der ist in ganz Deutschland der einzige staatlich anerkannte Sachverständige in diesem Bereich, mit besten Verbindungen zu japanischen Optik-Entwicklern, spricht deshalb selbst übrigens fließend japanisch und betreibt seit Jahrzehnten ein Test-Labor, das seine Messergebnisse zeitweise an über 20 Verlage in ganz Europa geliefert hat. Das, was er so vom Stapel lässt, ist durchaus als Referenz zu betrachten...

    • Offizieller Beitrag

    Ja. Doch. Ich denke dieser Aspekt ist klar geworden. Das ist eben das Thema, dass die Unschärfen des Ausschnitts auf das Format des unbeschnittenen Originals vergrößert werden und dass dadurch die Tiefe des als scharf wahrgenommenen Bereiches sich sogar verringert. Was aber überlagert wird durch die scheinbare Brennweitenverlängerung.