Ich habe nie verstanden, warum man Schwarzweißfotos macht...

    • Offizieller Beitrag

    Du fragst nicht, um etwas zu klären, das Dir unklar ist, oder? Ich nehme es so wahr als wurdest Du fragen, um Deine Meinung zu bestätigen. Das ist nicht selten. Ich halte es es eher für die Regel.


    Eine Frage zu stellen um sich selbst zu bestätigen, das ist der Motor der sozialen Medien. Wir bewegen uns dort in Blasen. In Kreisen von Stimmen, die uns bestätigen.


    Jeder tut das. Auch wir hier bilden letztlich eine Blase. Ein Kreis von Menschen, die ich für aufgeschlossen und hilfsbereit halte. Ich glaube es ist das Wesen des Menschen, in Gesellschaft zu sein, sich in Gruppen zu orientieren. Wir sind soziale Wesen. Entscheidend ist, dass man sich der Wirkung von Blasen bewusst bleibt denn Blasen bergen das Risiko, sich nicht mehr zu entwickeln.


    Ich habe den Eindruck, Du suchst mit deiner Frage eine Blase, um Dich nicht entwickeln zu müssen. Eine Echokammer. Und versteh mich nicht falsch. Schwarzweißfotografie ist nicht gleichbedeutend mit Entwicklung. Sie ist nur ein Medium, eines unter vielen, das habe ich oben schon geschrieben. Und weil sie nur ein Medium ist kann sie dienen oder hindern. Und genau das selbe gilt auch für die Fotografie in Farbe. Ich kann Dir das Echo nicht anbieten, obwohl ich selbst meist in Farbe bleibe.


    Es ist okay, wenn Du Bestätigung suchst, um in Farbe zu bleiben. Es ist nicht gut in meinen Augen, wenn Du das tust, indem Du Pauschalurteile über ein Medium fällst, ohne Offenheit für die Geschichten die es erzählt.


    Verkürze nicht. Schwarzweiss steht nicht für dunkel und grau und mangelhaft. Bunt steht nicht für sorglos oder lebensecht. Beide Medien erlauben Geschichten vom Glück, von Schönheit, von Sorglosigkeit. Und bede erlauben Härte, Traurigkeit und Schonungslosigkeit. Es kommt auf die Menschen an, die eine Geschichte zu erzählen haben. Auf uns Fotografierende.

  • Für mich ist die Sache ganz einfach. Ich knipse unernst, ich spiele ein bißchen am Rechner, natürlich unernst, ich mag ein Bild - in SW, Farbe oder grell eingerahmt - oder ich lösche es. Einen ernsthaften Kopp über Wirkung, Emozione oder Sinnhaftigkeit mache ich mir nicht.

    Das Leben ist ernst genug, meine Hobbys müssen das nicht sein.

  • Vielen Dank für diesen interessanten aber unzutreffenden Denkansatz. Ich lebe das Motto "lebenslanges lernen" und von daher interessiert mich tatsächlich, warum viele (hauptsächlich Fotografen?) Fotos ohne Farbe mögen und sich mit Graustufen zufrieden geben. Aber der Großteil der Menschen träumt ja sogar Schwarzweiß. Das war bei mir früher ebenso. Mittlerweile habe ich meinen Lebensstil komplett umgestellt, was dazu geführt hat, dass ich seit einigen Jahren in Farbe träume und intensiver wahrnehme. Daher kam für mich dieses Farbthema auch in der Fotografie wieder auf. Ich würde mich mit Graustufen einfach nicht zufrieden geben, weil dort so viele Farbinformationen fehlen. Ich nehme aber durchaus auch eine Tendenz zur Reduktion in der Gesellschaft wahr. Vielleicht ist Schwarzweiß ja auch eine Art digital Detox, ohne dass es bewusst als solches geplant oder wahrgenommen wird.


    Beruflich hat noch nie ein Kunde von mir eine Farbreduktion gewünscht, aber ich arbeite ja auch als Werbefotograf und nicht als Künstler. In diesem Bereich wären fehlende Farben ja eine Falschinformation zu dem abgebildeten Produkt.


    Ich finde durchaus bemerkenswert, dass unter Fotografen farblose Fotos beliebter zu sein scheinen, als bei anderen Berufen. Ich arbeite mit hunderten anderen Unternehmern zusammen, die zu 95% auf Farbfotos setzen, egal, ob beruflich oder privat.

  • Persönlich fotografiere bzw. genauer bearbeite ich meine Bilder zu 95% in Farbe. Nachfolgend mal ein Beispiel aus den übrigen 5%, bei dem ich mich bewusst für Schwarzweiß entschieden habe:


       


    Hier finde ich vor allem die Formen der Landschaft spannend und wie das Licht darauf fällt. In kontrastreichem Schwarzweiß kann ich mich noch mehr genau darauf konzentrieren. In der Farbversion habe ich bereits genutzt, was Farbe hier kann und etwas mit Kalt-Warm-Kontrast gearbeitet um sonnige und schattige Bereiche etwas stärker zu differenzieren, sowie auch Kontraste in einem Rahmen betont, der nicht unnatürlich werden sollte, aber von der Wirkung kommt das für mich bei Weitem nicht an das monochrome Bild heran.

  • Gehen wir es mal von einer anderen Seite an.


    In einer Arte Dokumentation über Alfred Stieglitz wurde einmal nur sekundenlang

    eine Karikatur von ihm gezeigt. Filzstift oder Kohle auf Papier.

    20 einfache Striche, zehn für die Mähne, zwei Kringel für die Brille, der Schnäuzer

    ein einzelner Strich für Schulter und Körper.

    Selten hat mich etwas so beindruckt wie diese Zeichnung.


    Wer diese einfachen, nur schwarzen Striche ohne jede Schattierung gesehen hatte,

    musste Stieglitz sofort erkennen, wenn er ihm persönlich begegnen würde.


    Das Bild ist hier zu sehen:

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    Eine Reduktion auf das Wesentliche, die Essenz dessen was das Motiv in seinem

    Kern ausmacht wurde hier herausgearbeitet. Ohne all das Brimborium wie

    Augen, Ohren, Mund, Haut, Kleidung, oder gar Schattierung und Farbe.




    Eine Anekdote oben drauf:

    Gestern habe ich Biochemiker, Hirnforscher und "Science Slammer"

    Dr. Henning Beck während einer Bühnenshow fotografiert.

    Er führte mit dem Publikum ein Experiment durch, zeigte eine Reihe

    von Worten und bat das Publikum sich die Worte einzuprägen.

    "lecker Kuchen gut Waffel schön Kuchen Schokolade (....)"

    Dann redete er gut 30 Sekunden, und zeigte danach noch eine Reihe

    von Worten, und bat dann um Wortmeldung, welches *eine* dieser Worte

    in der vorigen Liste enthalten war. Einer meldete sich und sagte "süss".

    Rückfrage ans Publikum: Wer hat noch "süss" gesehen?

    Dutzende Arme gingen nach oben.


    Der Begriff "süss" war in der ersten Reihe von 12 Worten aber nicht enthalten.

    Auch nicht "Teller" und "Keks", was andere gesehen haben wollten.


    Das hatten ihre Hirne aus dem Kontext selbttätig ergänzt.



    Zurück zur Schwarzweissfotografie:

    Auch hier geht es darum aus dem Motiv das Wesentliche, seine Essenz

    herauszuarbeiten, und das dann so aufzuarbeiten, daß die Hirne der

    Betrachter selbsttätig den Rest ergänzen.


    Die Vorstellung daß Schwarzweiss das einfacher macht kommt auf dünnem Eis daher.

    Es legt die Latte eher höher, weil die billigen Reize der Farbe wegfallen.

  • Ich fotografiere auch eher in Farbe als in Schwarzweiß. Wenn in Schwarzweiß, dann meist, weil mir die Bildstrukturen wichtiger sind als die Farbe. Zum Beispiel hier:

      

    Lieben Gruß
    Andrea


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    Auch Wolkenkratzer haben mal als Keller angefangen.

    Einmal editiert, zuletzt von AndreaK () aus folgendem Grund: Edit: Genauer gesagt, fotografiere ich natürlich nicht in Schwarzweiß, sondern wandele hinterher um. Aber meist gehe ich das jeweilige Bild schon mit dem Gedanken an Schwarzweiß an.

    • Offizieller Beitrag

    Es ist nicht gut in meinen Augen, wenn Du das tust, indem Du Pauschalurteile über ein Medium fällst, ohne Offenheit für die Geschichten die es erzählt.


    (bitte Zitat ausklappen)


    Es mag sein, dass Du Interesse an der Schwarzweissfotografie hast und gleichzeitig ist Deine Antwort nach meiner Wahrnehmung geprägt von einem in sich geschlossenen Meinungsbild.


    Was ich übrigens zum ersten Mal höre, ist dass irgendjemand angeblich in Schwarzweiss träumt. Ich halte das wissenschaftlich für nicht belegbar. Es gab vor 15 Jahren oder so mal eine Untersuchung, die einen Zusammenhang zwischen dem Konsum schwarzweisser Medien in der Kindheit zur 'Farbe' der Träume hergestellt hat. Demnach wäre allerdings heute jeder Mensch unterhalb des Rentenalters 'Farbträumer'. Aber wie gesagt - obwohl ich dazu tendiere mich an Träume erinnern zu können, sind Träume ja keine Filme. Sie sind ein Prozess des Verstoffwechselns von Gesehenem, Erlebtem und / oder Antizipiertem und fühlen sich für mich an, wie das Leben.

  • Ich hab mal das Marketing einer bekannten Modemarke betreut.

    Eines Tages kommt einer der Aussendienstler rein und tönt, wie

    hässlich es doch am Worringer Platz (in Düsseldorf) sei.


    "Aber dann habe ich mir gedacht, das ist ja in den 50ern gebaut

    worden, als alles noch schwarzweiss war."


    Danach setzte die Denktätigkeit wieder ein, und er war für den Rest

    des Tages Ziel allgemeiner Heiterkeit.

  • Ich bin nun kein s/w-Fan, aber gerade da, wo es um Linien geht, können Farben eine Menge versauen. Hier einmal ein Beispiel von mir, wo ich s/w bevorzugt habe, obwohl die gesamte sonstie Serie in Farbe war:





    Die Blautönung der Scheiben ist in meinen Augen eine Zumutung und das Rötliche gerade an den Rändern gefällt mir auch nicht. Das lenkt den Blick vom Wesentlichen - eben den Linien - ab.


    S/w setze ich, wenn auch sehr selten, bei Architektur und Portrait (nur Gesicht bzw. Büste) ein, um Linien besser herauszuarbeiten. Bei Landschaft habe ich das z.B. noch nie gemacht und bisher noch keine Notwendigkeit dafür gesehen.

    Gruß
    Peter


    [ô]  PENTAX K-1 / PENTAX K-3 / PENTAX K-30 - Objektive siehe Profil

  • Ich möchte auch noch ein Beispiel beisteuern. Ich mag auch die ursprünglichen Farbfotos, aber Schwarzweiß wirkt für mich besser. Man kann m.E. Formen und Kontraste besser herausarbeiten:


       


    (Sind Handyfotos, hab mir die Qualität noch nicht am großen Bildschirm angeschaut und kann daher noch nicht für die Qualität garantieren ;))

    Lieben Gruß
    Andrea


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    Auch Wolkenkratzer haben mal als Keller angefangen.