111 Jahre

  • 111 Jahre ...


    26. Aug. 1913


    ... liegen zwischen den beiden Aufnahmen vom "Berggasthaus Aescher" im Alpsteinmassiv bei Appenzell. Die ältere Aufnahme wurde von meinem "Großonkel Kurt" erstellt, von dessen Fotos ich das Glück habe, eine größere Sammlung zu besitzen. Seine Bilder und seine Art sie zu machen faszinierten mich bereits als sechsjähriges Kind und haben wesentlich zu meinen Interesse an der Fotografie beigetragen.


    14. Juni 2024


    Das neuere Bild wurde aus der Erinnerung heraus gemacht, eine direkte Vergleichsmöglichkeit vor Ort bestand leider nicht. Nicht ganz der gleiche Ausschnitt, nicht ganz die gleiche Perspektive, nicht zur gleichen Jahreszeit, und auch nicht bei gleichen Wetter- und Lichtbedingungen, Dennoch kann man den einen oder anderen interessanten Detailunterschied erkennen ...

    lg, Achim

    (Von mir eingestellte Bilder dürfen grundsätzlich bearbeitet und bei DFT gezeigt werden.)

  • Was wohl dein Großonkel zu der Aktion sagen würde ... ?!

    Das ist tatsächlich eine gute Frage. Er hat als (Hobby-) Fotograf durchaus Anerkennung erhalten, beruflich hatte er damit aber nichts zu tun. Ich hatte immer den Eindruck, dass er vom Fotografieren regelrecht besessen war. Er fing mit 12 Jahren (1907) damit an - für damalige Verhältnisse sehr erstaunlich - und war bis an Lebensende leidenschaftlich damit verbunden. Innerhalb der Familie fanden natürlich alle seine Bilder ganz prima, aber ein richtiger Funken übergesprungen ist tatsächlich wohl nur zu mir. Und ich glaube, dass es das gewesen wäre, was ihn erfreut hätte. Mich hat sein Tun immer völlig uneingeschränkt in seinen Bann gezogen und fasziniert.


    Allerdings ist hier im konkreten Fall die Sachlage nochmals etwas anders. Bis zum WW I gab es verschiedene Reisen im Familienverbund, jeweils in einem Fotoalbum dokumentiert UND einem detaillierten dazugehörigen Tagebuch von seiner etwas jüngeren Schwester (meiner Großmutter :smile: ). Sie schreibt z.B. am besagten Tag der Aufnahme (nach Abstieg vom Säntis, den man gleich mehrfach bestiegen hat, natürlich fotografisch dokumentiert):


    "...wir übrigen trafen den Kaplan von App. [enzell] auf dem Aescher, der uns überredete, noch eine Tour mit ihm zu machen. Um ½ 6 zogen wir hinunter zum Seealpsee, fuhren über den See. Dann 1 St. unter strömendem Regen an der Teufelskirche vorbei (sehr steil) zur Meglisalp (Nebel)." ...


    Das ist schon alles irgendwie ein kleiner Schatz, der mal richtig aufgearbeitet werden müsste...


    Und weil er so tolle Bilder gemacht hat, hier aus der gleichen Serie :smile: ...



    PS: Nebenbei bemerkt, ist die (Tages-) Tour, die hier beschrieben ist, ganz schön brachial: Säntis von Appenzell aus rauf, dann über Ebenalp zum Aescher, runter zum Seealpsee, und dann wieder zur Meglisalp hoch. Ich glaube fast, das hätte ich zu keiner Phase meines Lebens geschafft, obwohl es Phasen gab, in den denen ich nicht ganz unfit war :smile: . Chapeau, liebe Oma und Onkel Kurt :daumenhoch: !

    lg, Achim

    (Von mir eingestellte Bilder dürfen grundsätzlich bearbeitet und bei DFT gezeigt werden.)

    Einmal editiert, zuletzt von aeirich ()

  • Nicht ganz der gleiche Ausschnitt

    Aber doch erstaunlich gut zur Deckung gebracht!

    Dennoch kann man den einen oder anderen interessanten Detailunterschied erkennen ...

    Erstaunlich finde ich, wie viel sich NICHT verändert hat in der langen Zeit. Und dass auf dem alten Bild weniger Schnee in den Gletscherzonen liegt als auf dem aktuellen. Auch wenn es nicht die gleiche Jahreszeit ist und dieses Jahr vielleicht ungewöhnlich viel noch vom späten Winter herumliegt.

    Und weil er so tolle Bilder gemacht hat

    Das ist wirklich ein starkes Foto: Komposition, Lichtstimmung, und technisch sauber ausgearbeitet! Hut ab!

  • Und dass auf dem alten Bild weniger Schnee in den Gletscherzonen liegt als auf dem aktuellen.

    Ja, das ist bzgl. Schnee eindeutig so. Soweit ich das beurteilen kann, lag für diese Jahreszeit heuer noch recht viel Schnee. Auf der Nordseite waren Schneefelder sogar noch ab ca. 1500m anzutreffen. Das ist eher ungewöhnlich. Es gibts am Säntis (überraschenderweise) noch zwei kleine Gletscher, und da sieht die Lage wie zu erwarten ganz anders aus. "Gletscherzonen" im eigentlichen Sinne gibt es hier allein wegen der Höhe allerdings keine:


    Gletscher am Säntis - Der zähe Gletscherzwerg namens Blau Schnee - News - SRF


    In der Fotoserie von meinem Großonkel gibt es ebenfalls Bilder vom "Blau Schnee", und die damalige Ausdehnung des Gletschers hat mit dem heutigen Zustand natürlich nichts zu tun.


    ... wenn mich der Blick nicht täuscht damals schon mit Bildbearbeitung, wenn auch klassisch und analog ..


    Ja, der Gedanke drängt sich unweigerlich auf. Das dürfte in der Art gewesen wie ... "Zonensystem zur kontrollierten Belichtung und Entwicklung der Filme über das selektive Aufhellen oder Abdunkeln einzelner Bildbereiche mit Nachbelichten und Abwedeln beim Vergrößern ... bis hin zum Schwamm, mit dem dann mit Entwickler oder warmen Wasser einzelne Bildbereiche auf der Vergrößerung verstärkt oder abgeschwächt wurden" ...


    Das ist erstaunlich (für mich) unter Würdigung seines Alters (19 Jahre) und der Zeit. Trotz aller Mühen habe für diese Epoche keinerlei Hinweise auf das von ihm verwendete Fotoequipement auffinden können. Später hat er manchmal verwendete Kameras und Objektive auf der Rückseite der Bilder vermerkt. Inwiefern Rollfilmkameras benutzt wurden, ist mir nicht bekannt.


    Im WW I wurden österreichische Offiziere angewiesen, zu dokumentarischen Zwecken in Eigeninitiative kompakte Rollfilmkameras mitzuführen und zu verwenden. Das offizielle Programm wurde aber quasi vollständig über Glasplatten abgewickelt.

    Die andere Front : Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg ; mit unveröffentlichten Originalaufnahmen aus dem Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek - Deutsche Digitale Bibliothek (deutsche-digitale-bibliothek.de)

    Allzu viel Literatur gibt es nicht zum Thema, obiges Buch war für diese Zwecken recht aufschlussreich.

    lg, Achim

    (Von mir eingestellte Bilder dürfen grundsätzlich bearbeitet und bei DFT gezeigt werden.)

    3 Mal editiert, zuletzt von aeirich ()

  • Unglaubliche Geschichte. Zum einen, einen Onkel mit dieser Leidenschaft zu haben, das Bild über ein Jahrhundert zu retten und dann noch die Möglichkeit zu haben, genau dieses Motiv nochmal zu fotografieren "aus der Erinnerung heraus" ... RIESEN -RESPEKT :daumenhoch:

    Unterwegs mit Huawei P30 ... und für die schwierigen Momente Nikon D7200 + AF-S 28-70/2.8

  • Ein großartiges Zeitdokument - und sogar mit mehr Bäumen als früher :smile:

    Ja, die Bäume sind gewachsen. Das Wirtshausschild übrigens auch ;) , die Gästeterrasse ist überdacht, ein neuer Außenbereich mit Sonnenschirmen ist dazugekommen. Ansonsten hat sich wenig verändert *, die Zeit ist mehr oder weniger stehen geblieben - auch in dieser Hinsicht ein bemerkenswertes Zeitdokument :daumenhoch:



    * der Treppenweg ist weniger gepflegt :o_o:

    Gruß
    Peter


    [ô]  PENTAX K-1 / PENTAX K-3 / PENTAX K-30 - Objektive siehe Profil