Als alter SLR-Muli bin ich - wie so viele - immer auf der Suche nach einer kleinen, leichten Immer-Dabei, die mir aber ein Mindestmaß an Bildqualität liefert. Schwerpunkte sind Reisefotografie, auf Touren, bei Veranstaltungen, abends in Städten etc. ... Für Spezialthemen wie das Sexualleben von Heuschrecken hab' ich meine zwei "Dicken", aber man will halt ab und zu auch mal die leicht beschwingte Variante. So ist die X10 in mein Beute-Schema gerutscht, und nun hatte ich Zeit, sie mal 3 Tage auszuprobieren. Einen professionellen Test kann ich nicht veranstalten, aber vielleicht interessiert sich der eine oder andere ja für ein paar Eindrücke.
Haptik: fühlt sich edel an. Kühles Metall, die Räder mit satten Rastpunkten, das Objektiv dreht wie geschmiert und nicht wie Plaste auf Elaste. Die Menü-Struktur ist mir wurst, nach ein paar Minuten komm ich mit jedem Menü klar, also auch mit diesem. Der Sucher ist fein - natürlich kein Vergleich mit der SLR, aber auch kein Gucklock wie bei G12 oder der Nikon 7100, sondern ein Sucher, durch den ich sogar mit Brille schauen kann. Außerdem hat er sogar eine kleine Dioptrien-Einstellung. Fein, und ich verzeihe ihm auch, dass rechts unten das Objektiv hineinragt, und der ganze Sucher nur knapp 3/4 des Bildes zeigt; ist halt doch keine Leica. Aber die Frage stellt sich auch: braucht man Metall? Hochwertige Kunststoffe heute sind stabiler und leichter als normale Metall-Legierungen, also warum nicht? Außerdem will ich damit ja fotografieren - auf jemanden werfen würde ich sie nur im äußersten Notfall.
Eingeschaltet wird die Cam durch einen Dreh am - auch im weiteren Verlauf - manuell zu bedienenden Objektiv. Wird überall hochgelobt, aber ... na ja, das geht dann so: Cam aus der Tasche, mit der linken Hand den Deckel vom Objektiv gezupft und erst mal schauen, wo man den jetzt verstaut. Dann Cam mit rechts gut zwischen Daumen und geknickten Zeigefinger festzwicken und mit links einschalten und Brennweite regeln. Eigentlich wie bei der SLR, bloß dass alles so filigran ist, dass man es gar nicht so leicht bedienen kann. Also, mir gefällt das nicht so gut.
Die ersten Fotos zeigen Fujis altbekannte Vorliebe für sehr quietschbunte Farben. Lässt sich aber beheben, indem man die Sättigung um eine Stufe zurücknimmt. Gleichzeitig habe ich die Schärfe um eine Stufe raufgesetzt (Fuji hat fast überall 5 Stufen: Mitte +/- 2) und die Belichtung auf dem manuellen Einstellrad um 1/3 Blende zurück genommen.
Das Objektiv macht insgesamt eine ganz gute Figur. Richtig heftige Schwächen fallen weder im WW noch im Telebereich auf, für normale Reisebilder finde ich das absolut in Ordnung.
Gelegentlich wird in der Fachpresse moniert, dass das Objektiv im Telebereich schwach sei. Stimmt zum Teil, wie die folgende Reihe zeigt: bei Blenden von 2.8 bis 4.0 ist die Abbildungsleistung ordentlich, bei Bl. 8 lässt sie deutlich nach, und Bl. 11 möchte man gar nicht recht benutzen.
Aber die Maximal-Öffnung von 2.0 bzw. 2.8 macht schon Spaß - wenn man das mit den üblichen 3.5 / 5.6 Funzelröhren vieler anderer Cams vergleicht, inkl. der ganzen teuren mFT / NEX / PEN Blase ...
Das Objektiv scheint auch aufwändig vergütet zu sein, denn auch bei direktem Gegenlicht gibt es erstaunlich wenig Ärger mit Flares oder flauen Bereichen:
Color fringing ist ein Thema, wie man bei diesem Crop erkennen kann, aber es hält sich alltags-tauglichen Grenzen:
Dann ist da noch das leidige Thema des Blooming, der White Dots. Trotz firmware-update und allen Beteuerungen: das Phänomen tritt auf, und es ist kein Serienfehler, sondern ein Konstruktionsfehler des Sensors. Und der stört! Ich dachte mir erst: Wer nimmt schon ständig Lichterketten, Straßenlaternen bei Nacht auf, oder blitzt auf Alufolie? Aber der Effekt stellt sich auch bei normalen Gegenlicht-Aufnahmen ein, wie die folgenden Beispiele (Crop-Ausschnitte) zeigen:
Natürlich überstrahlt jeder Sensor an den Stellen, wo er einfach zuviel Licht abbekommt. Was an dem Fuji-Sensor aber so ungewöhnlich ist, ist die Ausprägung dieser Überbelichtungen als klar abgegrenzte Kreise und Flächen, die einen ganz und gar unnatürlich Bildeindruck erzeugen.
Ich weiß, wer nur sehr selten extreme Kontraste fotografiert, kann 1.000 Bilder mit der X10 machen ohne ein einziges Problem. Es ist auch nicht so, dass der Effekt unkalkulierbar auftreten würde, wie man von manchen Seiten liest. Im Gegenteil - man kann praktisch vorhersagen, bei welchen Bildern und Bildteilen die Platscher auftreten werden. Aber das nützt wenig: wer öfter mal Motive fotografiert, bei denen harte Spitzlichter auftreten (z.B. Sonne im Wald, an Gewässern, am Meer, Spiegelungen in Glas etc.), sollte sich die Fuji wirklich zweimal überlegen. Evtl. auch dreimal ...
Upgrade der Firmware nutzt gar nichts. Mag sein, dass der Effekt im EXR-Modus etwas geringer ausfällt - weg ist er nicht. Auch nicht auf dem Niveau anderer Kameras in der Klasse über 300 EUR. Überhaupt der EXR-Modus: ist m.E. eine einzige Mogelpackung. Ich erspar Euch die Bilder, denn sie zeigen nur eins: keinen sichtbaren Unterschied zu den normalen Aufnahmen, außer einer Reduzierung auf 6 MP. Und Leute, 6 MP reicht zwar locker, um einen großen Bildschirm zu füllen, aber viel Reserve für einen Ausschnitt hat man da halt nicht mehr. Ob es das Programm "Klarheit bei Nachtaufnahmen" ist, oder vermindertes Rauschen, oder eine Art Pseudo-HDR - all die Zauberkunststückchen, die der EXR-Modus angeblich vollbringen soll, sind letztlich nur Werbegags. Was der Sensor leistet, sieht man in den ganz normalen 12 MP Modi (P, S, A, M sowie den Szenen-Modi), und that's it. Komisch: ich hatte mal eine F410 - und der diagonal angeordnete Sensor sollte damals schon mehr bringen als eigentlich drauf stand. Das war damals eine klare Mogelpackung, und heute ist sie es immer noch.
Versteht mich nicht falsch, bitte. Ich finde das Rauschverhalten des kleinen Sensors bei ISO 800 und sogar 1.600 beeindruckend; bloß zaubern kann das Ding eben auch nicht. Das Design bringt ggü. einem konventionellen Bayer-Sensor m.E. keine erkennbaren Vorteile. Aber ich habe wie gesagt kein Testlabor, nur 2 Augen im Kopf.
Was mich dagegen positiv überrascht hat, ist der Dynamik-Umfang, den die Kleine so bewältigt: auch bei harten Kontrasten brennt der Himmel selten aus, es bleiben immer noch ein paar Wolken-Strukturen, was den Landschaftsfotografen natürlich freut. Die "DR"-Funktion (DR 100, 200 und 400) hingegen macht nichts anderes, als die Tiefen etwas aufzuhellen - an den Lichtern ändert sich gar nichts. Das führt zu reichlich flauen Ergebnissen, die sich aber durch einen kleinen Mausklick auf die Gammakurven im EBV problemlos korrigieren lassen.
Abschließend noch ein Test zur Panorama-Funktion: das klappt ganz famos. Ich habe es ein paar mal ausprobiert, und die Panos zeigen kaum Doppelstrukturen, Belichtung und Weißabgleich werden offensichtlich konstant gehalten und führen zu keinen erkennbaren Rändern. Natürlich können es die Experten in Handarbeit noch besser, aber für das kleine Pano mal eben von der Bergstation - perfekt.
So hinterlässt die Kleine einen zwiespältigen Eindruck. Einerseits liefert sie gute Ergebnisse nicht nur unter Normalbedingungen. Harte Kontraste, Dynamik, Schärfe - all das liegt schon auf hohem Niveau. Andererseits ist und bleibt sie eine Kompakt-Knipse, daran führt keine noch so geschickte Werbung vorbei. Der Abstand zu APS-C ist gewaltig, und der zu mFT ist deutlich sichtbar. Die hohe Öffnung (2.0 / 2.8) erlaubt durchaus ein Spiel mit der Tiefenschärfe, und man würde sich so etwas in bezahlbaren Regionen auch mal bei Panasonic oder Olympus wünschen. (Ja, ich weiß, die haben ein paar lichtstarke Festbrennweiten, aber ein 2.0 / 2.8 14-70 ist mir noch nicht aufgefallen.). Die Kamera ist unglaublich leise, der Auslöser macht, wenn man es denn so einstellt, nur ganz leise "tz". Kein Klappern, kein Knallen wie bei den NEXEN - nur "tz". Also doch die Einschränkungen des 2/3 Sensors akzeptieren und dafür den Wanderrucksack um 2 kg entlasten? Ja, wenn da nicht diese Tipp-Ex ähnlichen Platscher auf dem Bild wären, wo immer man ein dezentes Spitzlicht- oder -Sternchen erwarten würde. Ich zähle mich nicht zu den fanatischen Pixelpeepern, aber dieses Manko hat mich bewogen, mit der Kleinen Schluss zu machen. Die Suche geht weiter ...