Entzerrung = Verzerrung ?

  • Moin moin zusammen! :)


    Ich habe hier ein Motiv, das viele Möglichkeiten bietet, zu entzerren, verzerren, zu begradigen, zu verbiegen, zu strecken und zu stauchen usw. usf.
    Ich gebe jetzt mal ganz bewußt kein eigenes Ziel vor, sondern überlasse es Eurem ganz persönlichen Geschmack, das Bild zu kreieren. Es geht jetzt auch nicht darum, ob das Motiv zur blauen Stunde besser hätte fotografiert werden können oder ob man eine Belichtungsreihe hätte machen sollen (wurde gemacht), es handelt sich lediglich um eine "vorab Visualisierung" für das finale Bild, das ich dann noch machen möchte.


    Hier also die 3 Einzelbilder (im RAW Format), das Bild im Querformat ist das, was ich mit 11mm und einem leichten Schwenk nach oben erreichen konnte, die beiden Hochkantbilder (gehören zusammen!) sind ohne Schwenk nach oben gemacht (also ganz gerade ausgerichtet, um stürzende Linien zu vermeiden) und können als Panorama genutzt werden.


    https://www.dropbox.com/sh/ha5…Q6aqgzSsSdLK474W0sEa?dl=0


    Wie gesagt: es ist nur eine vorab Visualisierung. Es geht hier primär um das Thema, wie man das Rathaus im Hintergrund am besten darstellt. Die Perspektive läßt kaum Spielraum (die Lampe soll mit drauf) und in Höhe (in diesem Falle war es Augenhöhe) und Abstand kann ich auch nur sehr bedingt variieren. Mich würde halt interessieren, wie Ihr mit den Verzerrungen umgeht und was Ihr daraus macht bzw. welche Kompromisse Ihr da eingehen würdet oder welche Verzerrungen Ihr vielleicht auch als Stilmittel akzeptabel oder gar interessant finden würdet. ;)



    Mit liebem Gruß
    Frank

    Der Augenblick ist jenes Zweideutige, darin Zeit und Ewigkeit einander berühren. Kierkegaard

  • Hier meine Version.


    Die Hochformatbilder gefallen mir zur Fragestellung nicht. Die Laterne würde ich nicht ganz aufrichten, um den WW-Effekt sichtbar zu lassen.




    Wir hatten anhand zwei meiner Bilder in der Galerie ähnliche Diskussion (das Gooderham-Flatiron in Toronto) mit 12mm an DX, wobei im wesentlichen der Trend der Meinungen eher zur deutlichen Korrektur ging. Ich war bis dato ein vehementer Verfechter, die stürzenden Linien (überhaupt ) nicht, bzw. kaum zu korrigieren und nur als gestalterisches Mittel einzusetzen. Diese Position hat sich mittlerweile zumindest bei UWW dahingehend entwickelt, die stürzenden Linien oft teilweise zu korrigieren um den Effekt nicht zu schrill wirken zu lassen, wobei er mMn bei UWW (d.h. für mich <<28mm KB) auf jeden Fall sichtbar bleiben sollte, sonst tut mir das irgendwie beim hinsehen weh ... . - Alles ein Kompromiss, bei dem es nur um die Frage der jeweiligen Gewichtung und des Geschmackes geht.

  • Hier ein Q&D mit PS onboard Objektivkorrektur und anschließendem perspektivischem Beschneiden. Die Laterne würde ich partiell horizontal stauchen, habe aber keine Ahnung wie :???:
    Außer Verkleinern und Schärfung keine weitere Bearbeitung, aber das sieht man ja. ;)

    • Offizieller Beitrag

    Hier mal meine Version:
    In Raw Therapee recht neutral entwickelt und anschließend mit jpg-Illuminator ausgerichtet und die Verzeichnung korrigiert (in zwei Durchgängen, da die stürzenden Linien recht stark waren).
    Bei der Entzerrung habe ich eine Besonderheit von ji, die Weitwinkel-Anamorphose mit der Einstellung für 24mm KB-Brennweite eingesetzt. Das hat für mich zu den natürlichsten Proportionen geführt.
    Damit die Region um die Lampen nicht flau wirkt habe ich außerdem einen radialen Schwarzpunktverlauf angewendet und außerdem den Kontrast erhöht und die Lichter leicht zurückgenommen.


    Mir gefällt es, wenn man Nachtaufnahmen farblich relativ neutral umsetzt, weil dann andere Farben außer Rot- und Gelbtönen erscheinen und zu einem lebendigeren Bild führen.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat von "Franz"

    In Raw Therapee recht neutral entwickelt und anschließend mit jpg-Illuminator ausgerichtet und die Verzeichnung korrigiert (in zwei Durchgängen, da die stürzenden Linien recht stark waren).
    Bei der Entzerrung habe ich eine Besonderheit von ji, die Weitwinkel-Anamorphose mit der Einstellung für 24mm KB-Brennweite eingesetzt. Das hat für mich zu den natürlichsten Proportionen geführt.


    Klasse, in der Hinsicht dürfte der jpg-Illuminator derzeit wohl völlig konkurrenzlos sein. :thumbup:


    Wobei mir die Version von aerich auch ganz gut gefällt, im Zweifel belasse ich auch lieber ein paar stürzende Linien im Bild als einen unnatürlichen Bildeindruck durch "überkorrigierte" Linien in Kauf zu nehmen...

  • Klasse, da sind doch jetzt schon einige teils sehr unterschiedliche Varianten zusammengekommen. Danke an alle fleißigen EBVer :thumbup:
    Ganz unabhängig davon, welche Variante nun am meisten überzeugt, haben sie doch alle eine Berechtigung, da man im Prinzip wählen muß, welchen Kompromiss man eingehen möchte und was man entzerrt und was nicht. Ich finde das auch deshalb so interessant, weil es deutlich aufzeigt, dass man bei extremen Brennweiten und Perspektiven eigentlich nicht mehr von "richtig" oder "falsch" sprechen kann, sondern eher von "gefällt mir" bzw. "gefällt mir nicht".


    Ich war jetzt auch noch einmal am Ort und habe versucht, noch etwas dichter an die Laterne zu kommen und dabei die Aufnahmehöhe etwas tiefer anzusetzen (in diesem Falle in Beckenhöhe). Anschließend habe ich die stürzenden Linien zu ca. 75% reduziert und die Anamorphose-Korrektur in beiden Achsen zu 100% angewendet. Auch das gefällt mir im Prinzip gar nicht schlecht, wobei man allerdings damit leben muß, dass das Bildseitenverhältnis doch eher ins Quadratische rückt, weg vom 3:2 Format, das mir eigentlich für ein solches Motiv besser gefallen würde.



    Wer möchte, hier das Original (3er Belichtungsreihe) ==> https://www.dropbox.com/sh/4e8…6wFOc2xxdUwe_7hiqC0a?dl=0


    Vielleicht gibt es noch weitere Vorschläge/Varianten zu sehen, würde mich freuen! :)



    Mit liebem Gruß
    Frank

    Der Augenblick ist jenes Zweideutige, darin Zeit und Ewigkeit einander berühren. Kierkegaard

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    • Offizieller Beitrag

    Toll, dass sich hier doch einige beteiligen. Unter dem Gesichtspunkt der Geometrie ist mir folgendes aufgefallen:


    frank: dein Ergebnis finde ich ziemlich gut gelungen. Den Blick nach oben hast du beibehalten, indem du die stürzenden Linien nicht ganz beseitigt hast. Vor allem wegen der Nähe zur Lampe, die man ja von unten sieht, wäre ein vollständiges Aufrichten unnatürlich (was auch NOP schon festgestellt hat). Und die Proportionen sind plausibel: man kann sich gut vorstellen, dass der Turm gleich hoch ist wie das Gebäude breit (112m, s. Wikipedia). Trotzdem sind keine geraden Linien sichtbar gekrümmt worden.


    @Mehrdad, Gert: wenn es auf realistische Proportionen ankommt, ist der rechte Gebäudetrakt in euren Bearbeitungen deutlich zu breit. Anderen Bildern im Internet, die das Gebäude von größerer Entfernung und frontaler zeigen, kann man entnehmen, dass das Rechteck zwischen den beiden waagrechten Simsen etwa 1.4mal so hoch wie breit ist. Hier erscheint es breiter als hoch. Auch der Platz vor dem Gebäude erhält dadurch eine Weite, die der Realität nicht entspricht.


    NOP: der Gebäudetrakt rechts scheint deutlich zum Beobachter hin gedreht zu sein. Das liegt daran, dass die Fluchtlinien der waagrechten Simse nicht den Fluchtpunkt der sonstigen waagrechten Kanten treffen.


    Letztendlich muss man sich irgendwie entscheiden. Und die Geometrie ist nur ein Aspekt. Es ist aber hilfreich, wenn man das Problem der Proportionen und geraden Linien erkannt hat.