Über die Wirkung von Polfiltern

  • Nachdem es rund um das Thema Polfilter immer wieder Irritationen gibt, möchte ich einmal ein paar Erfahrungen zu dem Thema schreiben und vor allem mit vielen bunten Bildern veranschaulichen, wozu solch ein Filter benutzt werden kann.


    Die genauen physikalischen Hintergründe würde ich mir eigentlich gerne sparen. Wer sich dafür interessiert, dürfte in Physikbüchern oder auch per google oder wikipedia problemlos fündig werden. Für die Nutzung des Filters ist dieses abstrakte Wissen eigentlich nicht erforderlich.


    Ein Polfilter kann zu aller erst einmal Spiegelungen auf vielen Materialien entfernen, dabei hängt das Ergebnis stark von der Ausrichtung des Polfilters ab, wie die folgenden Bilder zeigen.
    Die Maximalwerte der Filterwirkung (fast vollständige Entfernung der Spiegelung/maximale Ausprägung der Spiegelung) sind dabei um eine Viertelumdrehung (90°) des Filters verschoben.




    Bild 1: Entfernung einer Spiegelung in der Glasfront eines Gebäudes.


    Die Bildwirkung ohne Spiegelung ist eine andere, es sind viel mehr Details des Gebäudes zu sehen; eine sinnvolle Maßnahme, wenn man eben dieses zeigen möchte.




    Bild 2: Entfernung einer Spiegelung im Wasser


    Schöner wird das Bild 2 meiner Meinung nach durch die Filterung nicht, die Entfernung von Spiegelungen kann also durchaus auch dem Bildergebnis schaden.




    Bild 3: Verringerung des Dynamikumfangs einer Szene durch Filtern vonm Spiegelungen


    Vor allem bei hartem Licht können helle Spiegelungen auch die korrekte Belichtung beim Fotografieren erheblich erschweren. In Bild 3 wurde ein Großteil der Spiegelung durch den Polfilter entfernt, die Überstrahlung ist nun wesentlich kleiner und die dunklen Bereiche konnten trotzdem heller abgelichtet werden.




    Bild 4: Spiegelungen auf Blättern


    Spiegelungen treten durchaus nicht nur bei Wasser oder technischen Dingen auf, sondern auch bei Pflanzen. Hier wurde der Polfilter nicht eingeschraubt, sondern ein Stück vor die Kamera gehalten. Dadurch, dass man die Spiegelungen des blauen Himmelslichts entfernt (links im Bild), wirken die Farben von z.B. Blättern auch kräftiger.
    In Bild 4 fällt ein weiterer Effekt auf: Ein Polfilter "schluckt" Licht, die linke Seite mit Filter ist sichtbar dunkler. Erfahrungsgemäß brauche ich mit montiertem Polfilter etwa die dreifache Belichtungszeit für ein gleichhell belichtetes Foto. Wer bei wenig Licht freihand oder bewegte Objektwe fotografieren möchte, ist also oft gut beraten auf den Polfilter zu verzichten.


    Außerdem kann ein Polfilter auch das Blau des Himmels verstärken. Dabei tritt dieser Effekt abhängig vom Winkel zum Sonnenlicht auf (am stärksten bei um 90° zum Sonnenlicht) und hängt auch vom Wetter ab, umso blauer der Himmel, umso stärker der Polfiltereffekt.




    Bild 5: Ein Beispiel für das Verstärken des Himmelblaus


    Mit Polfilter erscheint in Bild 5 der Himmel wesentlich farbenfroher und auch dunkler. Rechts noch einmal der Vergleich mit und ohne Spiegelungen auf den Blättern der Bäume.




    Bild 6: Winkelabhängigkeit der Polfilterwirkung auf den Himmel


    Die Winkelabhängigkeit der Polfilterwirkung auf den Himmel kann bei der Verwendung von Weitwinkelobjektiven (in Bild 6 ein Zoom 12-24 bei 12mm am DX-Sensor) Probleme verursachen: Hier wird ein ausreichend großer Bildwinkel abgebildet, dass die Helligkeitsunterschiede im Bild "sanduhrförmig" sichtbar werden.


    Wieder ein Beispiel, in dem der Polfilter eher geschadet als genützt hat. Oft liest man, dass Polfilter und Weitwinkelobjektive somit ganz allgemein nicht zusammenpassen würden und man die Nutzung der beiden zusammen auf jeden Fall vermeiden sollte. Diese Meinung teile ich nicht, wenn man sich den möglichen Problemen dieser Kombination bewusst ist, kann man sie durchaus sinnvoll nutzen.




    Bild 7: Beispiel für ein Ultraweitwinkelfoto, bei dem die Verwendung eines Polfilter die Bildwirkung unterstützt. (Bild leicht bearbeitet)


    Polfilter gibt es außer in normal hoher Bauhöhe oft auch als "slim"-Ausführung, also als Version mit besonders geringer Filterranddicke.
    Besonders empfehlenswert sind diese Filter für Ultraweitwinkelobjektive, da man hier Gefahr läuft, bei sehr kurzen Brennweiten den Filterrand mit auf dem Bild zu haben.




    Bild 8: Verwendung eines normalhohen Polfilters an einem 12-24 DX-Ultraweitwinkelobjektiv bei 12mm.

    Die äußersten Bildecken sind in Bild 8 völlig schwarz, hier war der Filterrand ganz einfach im Weg. Mit einem Slimfilter tritt dieses Problem nicht auf.


    Polfilter gibt es zu den verschiedensten Preisen - die Top-Produkten der Markenhersteller kosten gerne das Vier- bis Fünffache günstiger Filter von noname-Herstellern. Doch welchen Mehrwert bekommt man eigentlich durch diesen (saftigen) Aufpreis?
    Ein Punkt ist sicher die Verarbeitung der Filter. Manche Hersteller (z.B. B+W) bieten etwa Filter "nach Käsemann" an, hier sind die Filterbestandteile speziell verkittet und damit besonders widerstandsfähig gegen das Eindringen von Staub oder Flüssigkeiten in den Filter. Teils werden von den Herstellern auch besonders haltbare Oberflächenbeschichtungen aufgedampft, die für eine erhöhte Kratzbeständigkeit und/oder geringere Haftung von Wassertropfen/Dreck sorgen (bei B+W mit dem Kürzel MRC für "Multi Resitant Coating" bezeichnet).
    Diese Maßnahmen wirken sich auf Handling und Haltbarkeit aus, auf die Abbildungsqualität der Filter hat das jedoch keinen Einfluss - ob man das braucht, muss letztlich jeder selbst entscheiden. Meine Polfilter haben bisher ohne Käsemann-Bauart oder Anti-Kratz-Beschichtung auch problemlos überlebt.


    Durchaus Auswirklungen auf die Bildqualität haben hingegen die Anti-Reflexionsbeschichtungen vieler hochwertiger Filter (vergleichbar mit der Beschichtung hochwertiger Brillengläser).
    Glas ist nie ideal durchlässig, es wird immer auch ein gewisser Anteil des Lichts reflektiert, was sich dann letztendlich im Foto durch störende Lensflares und Kontrastverluste äußern kann.




    Bild 9: Reflexionen an zwei unterschiedlichen Polfiltern


    Die Wirkung der Beschichtung des rechten Filters ist klar erkennbar.




    Bild 10: Durch den "Versuchsaufbau" von Bild 9 an die Zimmerdecke reflektiertes Licht.


    Es ist unschwer erkennbar, dass der hochwertige Filter (Marumi DHG) wesentlich weniger Reflexionen verursacht.


    Auch hier muss man abwägen, ob das geringere Risiko die Bildqualität in manchen Fällen durch Filterglas-Reflexionen zu verschlechtern, den Mehrpreis wert ist oder nicht. (Die wenigsten Reflexionen hat man bei allen Filtern aber immer noch dann, wenn man sie abschraubt, falls die Aufnahme ihre Verwendung nicht erfordert....)


    Die Funktion des günstigen Polfilters ist ansonsten die selbe wie bei einem teuren Exemplar, er hat also keine schwächere Wirkung etc.


    Insgesamt kann man sagen dass ein Polfilter auf jeden Fall ein nützliches Werkzeug sein kann, aber sich mit Sicherheit nicht als "Immer-Drauf-Filter" eignet.



    EDIT: Bilder neu hochgeladen, da die Anhänge komplett von Picupload gelöscht wurden, Beitrag zudem zur besseren Lesbarkeit etwas umformatiert.
    EDIT 2016: Bilder erneut in Beitrag eingefügt.

  • Toller Beitrag, der mir sehr hilfreich erscheint, nicht zuletzt wegen der Auswahl des entsprechenden Equipments.
    Die Beispielfotos vermitteln einen nachhaltigen Eindruck!


    Gruß
    Wilfried

    "Es kann von keinem vernünftigen Menschen jeden Tag was Gescheites kommen." Hans Meyer

    Einmal editiert, zuletzt von Willi ()

  • ich möchte mich auch für diesen sehr informativen Beitrag mit sehr praxisnahen Beispielen bedanken, da ich noch die Filteranschaffung vor mir habe. Damit beginne ich erst, wenn alle benötigten Linsen gekauft wurden. Das ZD 9-18mm fehlt noch.


    Gruß phoenix66

  • Flash
    Guter Beitrag! :thumbup:


    Eine Sache zum Thema Polfilter sollte man nicht unerwähnt lassen, da es ihn von den meisten anderen Filtern abhebt: Man kann die Wirkung des Polfilters nicht nachträglich mit Software simulieren!


    Ein absolutes Muss ist ein Polfilter am Meer. Ich bin öfters mal auf Segelyachten unterwegs und da sind die Reflektionen auf dem Wasser beim Fotografieren nur sehr selten hilfreich.


    Eine kleine Anekdote am Rande: Ich trage beim Segeln auch immer eine Polfilter-Brille. Bei einem Landgang entlang von Bächen und Wasserfällen wies ich die anderen häufig mal auf Fische im Wasser hin. Irgendwann machten mich ihre verständnislosen Blicke stutzig. Als ich kurz die Brille absetzte, wurde es mir klar: Die hatten die ganzen Fische gar nicht gesehen, weil die Wasseroberfläche stark reflektiert hatte!

  • :thumbup:
    Sehr anschaulich, dein Bericht über die Polfilter. Da kann man nur :danke: sagen!!


    Gruß
    camillo

    Die Wahrheit ist:
    Ich fotografiere viel, kann das aber nicht. Lesen kann ich, tue das aber nicht viel. Gitarre spiele ich zu wenig, und lerne das auch nicht!
    Ich bin glücklich.

  • In diesem Zusammenhang eine Frage:


    Wie ist die Qualität eines Zirkularen Polfilters für das Cokin P-System ( P 164 ) einzuschätzen?
    Man hat dann ja wohl einen Polfilter für die verschiedensten Objektivdurchmesser, bin mir aber unsicher bezüglich der Ergebnisse.
    Hat da jemand damit praktische Erfahrungen?

    "Es kann von keinem vernünftigen Menschen jeden Tag was Gescheites kommen." Hans Meyer

    • Offizieller Beitrag
    Zitat von "thbo"

    Klasse Bericht, gut erklärt - den sollte man irgendwie archivieren damit man ihn immer finden und darauf verweisen kann :thumbup:


    Thomas, siehe http://www.digitalfototreff.de/index.php?thread/476 ;)

  • Toller Bericht,


    insbesondere bei der Erstellung von Panoramen mit Polfilter kann einem der Effekt des abgedunkelten Himmels bei seitlicher Sonneneinstrahlung ganz schön das Ergebnis verhageln. Hab ich gerade bei meiner Fotoaktion auf dem Jenner im Berchtesgadener Land festgestellt.


    Gruß


    Schuh

  • Auf Grund meiner Server-Aufräumarbeiten im Zug der Penum-Abschaltung haben sich einige Bilder-Links geändert.
    Hier also die "neuen" Bilder zum Thema Polfilter
    [hr][/hr]


    Ich hab' mir "damals" für die FZ50 ein Polfilter gekauft...allerdings mit einen Durchmesser von 58mm und einem Reduzierring auf die 55mm der FZ50.
    Der Preisunterschied ist nicht so gewaltig und die Investition ist dadurch universeller, da 58mm auf viele Objektive im DSLR-Bereich passt.


    Sowas sollte sich Jeder überlegen, der an den Erwerb von Filtern oder teuren Nahlinsen denkt...damit kann man später 'ne Menge Geld sparen.
    Außerdem hat der flache Adapterring noch den Vorteil, dass Fassung des Filters nicht zu Vignettierungen führt.



    Ein direkter Vergleich mit und ohne Polfilter.

    Man sieht sehr schön, dass die Spiegelungen auf den Glasscheiben der Auto fast vollkommen eliminiert wurden...auf den Lackflächen aber nicht!
    Diese Tatsache ist vielen Benutzern nicht bekannt: nicht alle Reflexe lassen sich mit dem Polfilter unterdrücken...Wasser und Glas geht meist sehr gut, bei metallischen Oberflächen (Chrom) oder den meisten Lacken tut sich nix...da kann man am Filter drehen, soviel mal will.



    Die Wirkung bei Wasser kann wirklich erstaunlich sein...das wird plötzlich richtig durchsichtig :lol:


    Noch ein Beispiel mit Fensterscheiben



    Wer jetzt glaubt, dass die Bilderteile mit Polfilter etwas weniger scharf sind.....der hat sich nicht getäuscht!
    Anscheinend ist bei der FZ50 die Kombination von Optik und Sensor so ausgeknautscht, dass selbst ein guter Polfilter ( hier ein B+W F-Pro )
    schon eine leichte Unschärfe in's System bringt. Ich hab' das mit vielen Motiven mit unterschiedlichen Lichtverhältnissen probiert...mit immer dem gleichen Ergebnis.
    Das könnte sicherlich noch stärker bei den neueren Kompakt/Bridgekameras der Fall sein...die haben meist deutlich mehr MPix als die FZ50 hinter einem 20fach-Zoom :mrgreen:
    Da kann schon ein farbloser, hochvergüteter Schutzfilter negativ sein.


    Bei einer DSLR ist in der Hinsicht weniger zu befürchten...ich jedenfalls habe mit dem Canon EF-S 60/2,8 macro keinerlei Unterschiede zwischen Aufnahmen mit/ohne Polfilter (bei optimaler Blende) feststellen können. Allerdings hat die Kamera hinter der Optik (1000D) auch nur 10MPix.