für Eure Beiträge!
Dieser "gecleante" Stil ist sicherlich streitbar, allerdings denke ich, dass ich damit trotzdem noch meilenweit entfernt bin von den computergenerierten Renderings von Häusern oder ganzen Strassenzügen, wie man sie oft im Architekturbereich schon vor Baubeginn bewundern kann. Für mich besteht der Reiz darin, schwierige Lichtverhältnisse zu meistern und dabei das zu Tage zu fördern, was man weder mit einer Einzelaufnahme noch mit dem Auge erfassen kann. Gerade in den Abendstunden lässt es sich wunderbar mit Farben und Kontrasten arbeiten, wenn das Umgebungslicht und künstliches Licht zusammenkommen und auch der Zeitabschnitt, wo die blaue Stunde sich dem Ende neigt, so dass das Umgebungslicht keinen nennenswerten Einfluss mehr auf Farben und Texturen hat, der Himmel jedoch durch z.B. Langzeitbelichtung noch Farbe zeigt und nicht einfach ins Schwarze abtaucht.
Zu zeigen und zu präsentieren, was man nicht unbedingt sieht geschweige denn auch nur erahnt, was sich im Dunkeln versteckt und doch sehenswert sein kann, das ist eines meiner Ziele.
Hier nochmal ein Bild der 2ten Szene, wie man es mit einer Einzelaufnahme (auf die Lichter belichtet) und entsprechend mit den Augen wahrnehmen konnte. Man sieht deutlich, da fehlen die Farben, Details und Spiegelungen gehen in den Tiefen unter usw., das ist nix für das Auge und daher auch kein Wunder, dass die Leute etwas verwundert waren, warum ich da nun mit der Kamera draufgehalten habe.
@11er
Das ist so ein wenig wie beim Kochen, es gibt zwar ein Rezept und dort finden sich typische Bestandteile und Mengenangaben, aber alles steht und fällt mit dem "Material", das zur Verfügung steht. Und davon hängt es maßgeblich ab, wie verfahren wird. Auch führen einige Wege nicht unbedingt zum Ziel, auch wenn das bei anderen Bildern vielleicht gut funktioniert hat. Von daher fällt es mir schwer, da einen Workflow zu präsentieren, der nicht völlig an ein bestimmtes Bild gebunden ist. Was ich aber sagen kann ist, dass ich oft Multishot Verfahren nutze, also mit Mehrfachbelichtungen/Panoramen/Belichtungsreihen und Stackings jeglicher Art arbeite. Für mich ist also wichtig, dass ich sämtliche relevanten Tonwerte einer Szene ordentlich auf den Sensor bringe, ganz gleich, wie viele Aufnahmen dazu nötig sind. ETTR heißt dabei das Zauberwort, der Blick auf das Kamerahistogramm weist den Weg. So kommen dann sehr oft viele Einzelbilder zusammen, aus denen das spätere Bild entsteht. Die Bilder sollten schon im Rohdatenkonverter möglichst gut entrauscht werden, auch dann, wenn man auf den ersten Blick nix Verdächtiges entdecken kann. Das ist deshalb so wichtig, weil der nachfolgende Workflow sich mit den Kontrasten in mehreren Frequenzbereichen beschäftigt, dabei wird jedes noch so kleine Rauschen gnadenlos sichtbar, was zwangsläufig Details zerstört und unschöne Artefakte, Banding usw. provoziert. Dieses Spiel mit den verschiedenen Kontrastbereichen ist es letztendlich, das diesen glasklaren Look ermöglicht. ETTR dient dabei als wertvolle Grundlage, denn je sauberer und hochwertiger ein Signal erfasst wurde, desto mehr Spielraum hat man zur Verfügung, um damit zu arbeiten. Welche Verfahren dann letztlich zum Zuge kommen, hängt vom Material ab, manchmal ist es DRI, manchmal Fusion, manchmal hdr/ldr, manchmal UDI und nicht selten auch eine Kombination aller Verfahren, wo dann die besten Teilergebnisse zusammengebracht werden. Danach geht es mit Maskierungsarbeiten weiter, wo selektive Retuschen durchgeführt werden. Dabei sind Auswahlen, z.B. über die Farbkanäle (rgb/lab/cmyk), Ebenenverrechnungsmodi usw. hilfreich. Ist die Detailarbeit erledigt, folgt meist noch eine globale Korrektur, quasi ein "Abschmecken und Nachwürzen", bis das Auge mit dem Ergebnis zufrieden ist. Ich mache das meist so, dass zunächst ein extrem "gecleantes" und fast schon illustrativ wirkendes Bild mit einer der mittleren Einzelbelichtungen überblendet wird. So kann man dem Bild wieder etwas Natürlichkeit zurückgeben, jedoch wohl dosiert und auch nur da, wo man das möchte (Stichwort: Masken). Für den Himmel und fließende Gewässer kommen dann eventuell weitere Bilder zum Einsatz (sofern vorhanden), z.B. Langzeitbelichtungen (Graufilter) oder Stackings, je nach dem, was am besten paßt. Auch hier sind dann wieder Maskierungsarbeiten angesagt. Richtig spannend sind die Panoramen, wo dann zu den vielen Einzelbelichtungen auch noch unzählige Blickwinkel in z.T. mehreren Ebenen dazu kommen.
Die ganze zum Einsatz kommende Software erwähne ich jetzt gar nicht erst, die Liste ist lang und ich wüßte ehrlich gesagt nicht so recht, wie ich das alles in einen Text bringen könnte, den dann noch irgendwer lesen wollen würde.
Um es zusammenzufassen: der Grundstein für die Ergebnisse wird definitiv beim Fotografieren gelegt, sobald man in den Multishot-Modus schaltet, gilt es einzig und allein Tonwerte einzusammeln, nichts weiter. Die Einzelbilder selbst müssen dabei nicht "schön" sein, sie müssen nur alle relevanten Tonwerte enthalten, und das möglichst gut (ETTR/Histogramm/Raw-Format/low Iso). Ist immer lustig, wenn Passanten fragen, ob sie mal gucken dürfen, wie die Bilder von einem Profi (also jemandem, der mit großem Stativ und schwerer Kamera rumsteht ) denn so aussehen. Wenn man dann eins der ETTR Bilder aufruft, kriegen die meisten einen "Kulturschock" ...
Mit liebem Gruß
Frank